Was tun, wenn das Gegenüber abstruse Behauptungen aufstellt? Katharina Nocun erklärt, wie man Argumente gegen Verschwörungserzählungen gut zur Geltung bringt.
Als Barbara Wimmer eine Bäckerei am Bahnhof des Wiener Randbezirks Hütteldorf betritt, ist sie in Gedanken bereits bei der Wanderung, die sie für den Tag geplant hat. Plötzlich dreht sich die Frau vor ihr in der Schlange zu ihr um und verwickelt sie in ein Gespräch. Sie behauptet, Corona werde durch den neuen Mobilfunkstandard 5G verursacht.
Barbara Wimmer fasst sich ein Herz und fängt an, dagegen zu argumentieren. Als Technik-Journalistin kennt sie sich mit der 5-G-Technologie ziemlich gut aus. Doch das Ergebnis ist niederschmetternd: „Dann ist sie richtig hysterisch geworden, und ab einem gewissen Punkt habe ich mich entschieden, wegzugehen.“
Wer aus heiterem Himmel mit Verschwörungserzählungen konfrontiert wird, fühlt sich schnell überfordert. Lohnt es überhaupt, dagegen zu halten? Schließlich ist meist absehbar, dass Gespräche mühsam und anstrengend werden. Gerade im privaten Umfeld besteht das Risiko, dass man sich damit nicht unbedingt Freund:innen macht.
Wäre Schweigen nicht einfacher?
Die Hoffnung, das Problem würde von allein verschwinden, ist trügerisch. Der Glaube an eine einzelne Verschwörungserzählung kann nämlich dazu führen, dass mit der Zeit weitere, immer krassere Behauptungen für wahr gehalten werden. Einschlägige Gruppen auf Telegram & Co. präsentieren eine Welt, in der so gut wie alles durch Verschwörungen vermeintlich erklärt wird. Je mehr Zeit verstreicht, desto schwieriger wird es oft, dagegen anzukommen.

Dieser Text ist eine gekürzte und überarbeitete Fassung aus Katharina Nocuns Buch „True Facts. Was gegen Verschwörungserzählungen wirklich hilft“ (mit Pia Lamberty, Quadriga 2021, 12 Euro). Mehr Infos
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Darum ist schnelles Eingreifen ratsam. Im Vergleich zu einer zufälligen Begegnung in einer Bäckerei ist man bei Debatten im Freundes- oder Familienkreis zudem klar im Vorteil. Hier gibt es ein Vertrauensverhältnis, auf dem sich aufbauen lässt. Selbst wenn Medien, Wissenschaft und Politik generell misstraut wird, bleibt das private Umfeld oft die letzte Instanz, die noch andere Perspektiven aufzeigen kann.
Tipp Nr. 1: Finde heraus, womit du es zu tun hast
Es macht einen großen Unterschied, ob jemand eine Verschwörungserzählung nur aufgeschnappt hat oder ob dahinter eine tiefere Überzeugung steckt. Daher gilt es zunächst herauszufinden, wo der oder die andere steht: „Was glaubst du genau? Woher hast du das? Wie lange glaubst du das schon?“ So bekommt man ein Gespür für die Situation. Ist es mit einem einfachen Faktencheck getan oder sollte man sich auf langwierige Debatten einstellen? Beratungsstellen raten bei einer stark gefestigten Überzeugung davon ab, weiter inhaltlich zu diskutieren. Stattdessen werden Ansätze empfohlen, die auf emotionaler Ebene ansetzen (siehe S. 26). Das leuchtet ein: Wie soll man noch sachlich diskutieren, wenn der andere jeder seriösen Quelle misstraut?
Tipp Nr. 2: Der Ton macht die Musik
Einige neigen dazu, direkt auf Angriff zu schalten. „Wie kannst du nur so einen Quatsch glauben?“, wird dem anderen entgegengeschleudert. Doch verletzende Worte führen zu einer Abwehrhaltung und lassen Gespräche schnell eskalieren. Auch wenn es schwerfällt, gilt es, sich zu zügeln. Das heißt: