Gemeinsamer Appell : Bischöfe fordern Lieferkettengesetz

Immer wieder kommt es zu dramatischen Unfällen in Fabrikgebäuden im globalen Süden, wie hier im pakistanischen Lahore. Lieferkettengesetze sollen dabei helfen, weltweit Mindeststandards mit Blick auf Arbeits- und Umweltschutz durchzusetzen. Foto: Actionpress

In einer gemeinsamen Erklärung fordern 230 katholische Bischöfe aus 43 Ländern ein weltweites Lieferkettengesetz. Damit sollen Unternehmen dazu verpflichtet werden, Menschenrechte und Umweltstandards zu achten.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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„Der Ausbruch von Covid-19 stürzt die Menschheit in eine weltweite Krise“, heißt es in der Erklärung, die auch von dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing und Kardinal Reinhard Marx unterzeichnet wurde: „Besonders anfällig für die schlimmsten Folgen sind die Millionen Arbeitskräfte am Beginn von globalen Lieferketten – darunter zahllose Frauen.“

Und die Verantwortlichen der katholischen Kirche werden konkret. „Wir rufen alle Regierungen dazu auf, ihre Versprechen und völkerrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten und gegen die Missachtung der Menschenrechte durch Unternehmen vorzugehen“, heißt es in der Erklärung weiter. Um das umzusetzen, fordern sie ein Lieferkettengesetzte auf nationaler Ebene, auf EU-Ebene und auf UN-Ebene. Im Oktober wird eine Arbeitsgruppe des UN-Menschenrechtsrats über die internationale Umsetzung von Menschenrechten und auch Mindestlöhnen verhandeln.

Bislang nur freiwillige Selbstverpflichtungen

Ziel von Lieferkettengesetzen ist es, Unternehmen, die im Ausland produzieren, zu verpflichten, dass auch dort Mindeststandards, etwa mit Blick auf Menschenrechte oder Umweltfragen, eingehalten werden. Die Unternehmen wären dann beispielsweise dafür verantwortlich, dass existenzsichernde Löhne gezahlt und Höchstarbeitszeiten eingehalten würden. Sie wären also für ihre gesamte Lieferkette verantwortlich. Bei Verstößen, würden ihnen Sanktionen drohen. Bislang gibt es in Deutschland nur freiwillige Selbstverpflichtungen von Unternehmen, solche Standards einzuhalten.

Hamburg unterstützt bundesweites Lieferkettengesetz
Koalitionsvertrag
Hamburg unterstützt bundesweites Lieferkettengesetz
In ihrem Koalitionsvertrag bekennen sich Hamburger SPD und Grüne zu einem Lieferkettengesetz. Damit sollen Unternehmen verpflichtet werden, Menschenrechte und Umweltstandards zu beachten – auch im Ausland. Zivilgesellschaftliche Initiativen begrüßen den Vorstoß, haben aber auch Verbesserungsvorschläge.

Ein deutsches Lieferkettengesetz hat bislang hingegen keine konkrete Gestalt angenommen. Pläne für einen Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) wurden im März auf Eis gelegt. Offenbar auf Druck aus dem CDU-geführten Wirtschaftsministerium. Seitdem ringen die Akteure in Berlin um die Eckpunkte des geplanten Gesetzes. Im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist allerdings festgehalten, dass die Bundesregierung „national gesetzlich tätig“ wird und sich für eine EU-weite Regelung einsetzt, sollte eine Überprüfung zum Schluss kommen, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreicht.

„Dass Freiwilligkeit nicht ausreicht, zeigen die Ergebnisse unserer Umfrage“– Hubertus Heil (SPD)

Weil es nur wenige Rückmeldungen auf eine entsprechende Umfrage unter Unternehmen gegeben habe, greife nun der Koalitionsvertrag, heißt es von den Ministern Müller und Heil. „Dass Freiwilligkeit nicht ausreicht, zeigen die Ergebnisse unserer Umfrage“, sagte Hubertus Heil im Juli. Größte Streitpunkte in der Koalition sind die Unternehmensgröße ab der ein solches Gesetz greifen würde und die Frage, inwieweit die Unternehmen vor Zivilgerichten haftbar gemacht werden können.

Angesichts dessen hat zuletzt auch die IG Metall gemeinsam mit den Betriebsräten von mehr als 40 Unternehmen, darunter globale Player wie Airbus, BMW oder Siemens, erklärt, dass das geplante Lieferkettengesetz nicht verwässert werden dürfe. Sie fordern die Bundesregierung auf, ein wirksames Gesetz vorzulegen. Heißt konkret: Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten sollen zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards entlang der gesamten Lieferkette verpflichtet werden. Bei Verstößen müssen Sanktionen wie der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen und die Verhängung von Bußgeldern folgen.

Die katholischen Bischöfe vertrauen derweil darauf, dass die Menschheit aus den in der Coronakrise gemeinsam gemachten Erfahrungen lernt und hoffen, dass die Krise als Chance genutzt wird: „um einen fairen Wandel in Gang zu setzen und einem neuen Wirtschaftssystem den Weg zu bahnen, das vornehmlich dem Menschen und dem Planeten dient.“

Autor:in
Lukas Gilbert
Lukas Gilbert
Studium der Politikwissenschaft in Hamburg und Leipzig. Seit 2019 bei Hinz&Kunzt. Zunächst als Volontär, seit September 2021 als Redakteur.

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