Corona : „Bestmöglicher Schutz“

Obdachlose sind in diesen Tagen oft auf sich allein gestellt. In Rom kümmern sich Mitarbeiter*innen des Roten Kreuzes um sie. Foto: REUTERS/Guglielmo Mangiapane

Hotelzimmer, neue Unterkünfte, Lebensmittelspenden: Weil Menschen auf der Straße von den Auswirkungen der Corona-Pandemie besonders hart getroffen werden, starten immer mehr Städte in Europa spezielle Hilfsangebote für Obdachlose.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Londons Bürgermeister zeigt demonstrativ Solidarität: „Obdachlose haben ohnehin ein schwieriges und unsicheres Leben. Ich bin entschlossen, alles mir Mögliche zu tun, um ihnen den bestmöglichen Schutz zukommen zu lassen“, erklärte Sadiq Khan am 21. März – und kündigte 300 Hotel­betten speziell für Menschen von der Straße an. Diese habe die Stadt für zwölf Wochen in zwei Hotels gebucht, damit Obdachlose sich dort in eigene vier Wände zurückziehen könnten. ­Taxifahrer*innen hätten sich bereit­erklärt, den Transport der Betroffenen zu organisieren, die britische Regierung unterstütze die Aktion, heißt es in einer Erklärung der Stadtverwaltung.

„Obdachlose  haben ohnehin ein unsicheres Leben.“– Sadiq Khan, Bürgermeister von London

Auch in Frankreich haben die Behörden Hotelzimmer für Obdachlose angemietet. Laut Stadtverwaltung ­stehen allein im Großraum Paris 1500 Betten bereit, vor allem für Familien mit Kindern. Zudem sollen bis zu 14 Gymnasien Menschen von der Straße ein Dach über dem Kopf und sanitäre Anlagen bieten. Landesweit will die Regierung außerdem Turn­hallen zu Notunterkünften umrüsten. Es gehe darum, „denen ein Obdach zu geben, die immer noch draußen ­leben“, erklärte der französische Minister für Wohnungsbau Julien Denormandie. Zuvor hatten Medien gemeldet, dass Polizist*innen in mehreren Städten Bußgelder gegen Obdachlose verhängt hatten, weil diese sich nicht an die landesweite Ausgangssperre hielten.

Dringend benötigte Hilfe: Bedürftige stehen vor einer Kirche in Barcelona Schlange für Lebensmittel-
spenden. Foto: picture alliance / AP Photo

Im spanischen Madrid hat die Stadtverwaltung in einem Messepavillon 150 Feldbetten für Obdachlose und Sanitäranlagen aufstellen lassen. Hier sollen Menschen Schutz finden, die ­keine Krankheitssymptome zeigen. Bei Bedarf könne die Kapazität auf 600 Betten erhöht werden, so ein Radiobericht. Weil in Spanien ebenfalls Ausgangssperre herrscht, stehen Obdach­lose dort verschärft vor der Frage, wo sie Schutz und Hilfe finden können. Laut eines ZDF-Berichts hat die Regierung angekündigt, im ganzen Land täglich an bestimmten Punkten Hygiene­artikel, Lebensmittel und Getränke zu verteilen. Dort sollen sich Obdachlose auch die Temperatur messen lassen und informieren können.

Reichen die Betten für alle, die medizinische Versorgung brauchen? Patient*innen in einem Krankenhaus im norditalienischen Brescia. Foto: picture alliance / AP Photo

In Berlin kündigte der dortige ­Senat einen „sozialen Rettungsschirm“ für Obdachlose an: Zwei ganztägig geöffnete Unterkünfte mit insgesamt 350 Betten sollen in den kommenden Tagen bereitgestellt werden. 200 Plätze wird eine Jugendherberge bieten, die die Stadt anmieten will. Weitere 150 entstehen durch die Herrichtung einer Übernachtungsstätte, die derzeit noch als Erfrierungsschutz im Rahmen der Kältehilfe dient. Laut Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) beinhaltet das neue Angebot „dauerhafte Plätze in Zimmern, hauptamtliche Sozialarbeitende, medizinische und psychologische Beratung“. Zudem will die Stadt ab­getrennte Quarantäne-Bereiche für ­Corona-Infizierte schaffen. Bei Bedarf werde es „weitere Plätze in weiteren Unterkünften geben“, erklärte der Berliner Senat.

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Artikel aus der Ausgabe:

„Lasst euch nicht unterkriegen!“

Das erste Mal erscheint Hinz&Kunzt im April nur digital. Aus dem Inhalt: Was Corona für Obdachlose bedeutet, wieso Hamburger Hinterhöfe bedroht sind, was aus der Harburger Likörfabrik wird.

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Autor:in
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas schreibt seit vielen Jahren für Hinz&Kunzt - seit 2022 als angestellter Redakteur.