Lutz, 50, hat seinen Stammplatz in der Große Bleichen vor der Kaufmannshaus-Passage.
Wenn Lutz etwas macht, so wie er nun dieses Interview gibt, muss es auch korrekt sein: Dann muss er das passende T-Shirt auf dem Foto tragen, dann muss er all seine Daten sofort parat haben. Vor dem Gespräch mit Hinz&Kunzt hat sich Lutz die Ausgaben der vergangenen Monate durchgelesen. Deswegen ist er jetzt bestens vorbereitet, aber unschlüssig: Die große Überschrift seines Lebens, die fehlt doch noch.
Also beginnen wir mit der Suche, einmal zurück in die Schulzeit von Lutz, geboren 1972, aufgewachsen in Hamburg-Bramfeld. Irgendwo hat er immer gearbeitet, viel Geld hätten sie nicht gehabt, doch seine Eltern hätten ihm „alles geboten, was sie konnten“. Nach der 10. Klasse begann er eine Ausbildung bei einer Versicherung und arbeitete anschließend dort für zwei Jahre in der Kundenabteilung.
Zur selben Zeit, als Lutz ungefähr 18 Jahre alt war, nahm er aber auch das erste Mal Heroin. Ein Freund hatte es ihm gegeben, er wurde abhängig und sein Leben entglitt ihm nach und nach. „Länger als fünf Jahre konnte ich meine Sucht in der Arbeit nicht geheim halten“, sagt er. Lutz wurde gekündigt, er verschuldete sich, zog bei seinen Eltern aus. Danach war er obdachlos, schlief teilweise auf der Straße, teilweise in Notunterkünften. Im Jahr 1999 begann er mit dem Verkauf von Hinz&Kunzt. Heute lebt Lutz wieder in einer eigenen Wohnung.
Immer wieder fand er Arbeit, zuletzt eine Teilzeitstelle in einem Hotel – das musste in Pandemiezeiten allerdings schließen, seitdem ist er wieder auf der Suche. Zum Glück, meint Lutz, habe er seine vielen Hinz&Kunzt-Stammkund:innen in der Innenstadt; in den Restaurants kenne man ihn, da bekäme er auch mal ein Abendessen.
Heroin nehme er nicht mehr, sagt Lutz. Es hätte eine Beziehung gegeben, da sei „die Liebe stärker gewesen“, zumindest haben sie gemeinsam den Entzug geschafft. Sie zogen zusammen, holten sich einen Hund. Der blieb bei Lutz, als sie sich mehrere Jahre später trennten. An Weihnachten 2009 ist sein Hund gestorben.
Einmal im Monat geht Lutz mit seinen Eltern frühstücken, immer zu „Schweinske“. Dann würden sie ihn einladen, auch „wenn das vielleicht nicht mehr so sein sollte, in meinem Alter“. Doch dafür sei er sehr dank-
bar, sagt er: „Trotz der ganzen Scheiße, die ich gebaut habe, halten sie noch immer zu mir.“
Lutz wurde vor ein paar Jahren am Herzen behandelt, auch heute hat er damit noch Probleme. Ihm wurde schon geraten, in Frührente zu gehen, das mit dem Arbeiten gar nicht mehr zu versuchen. Aber ne, sagt er, das will er nicht. Er will arbeiten.
Und einen Hund hätte er gerne wieder, sagt Lutz, um den er sich kümmern, den er erziehen, mit dem er „gemeinsam noch ein schönes Leben verbringen kann“.
