Die Lampedusa-Flüchtlinge suchen das Gespräch mit dem Senat. Sie fürchten, abgeschoben zu werden. Das machen sie in einem Offenen Brief deutlich. Der Konflikt um Flüchtlinge darf nicht auf deren Rücken ausgetragen werden, kritisiert die Diakonie.
Mit einem Offenen Brief haben sich die Lampedusa-Flüchtlinge am Mittwoch an den Senat gewendet. „Wir sind nicht grundsätzlich dagegen, unsere Papieren den Behörden auszuhändigen, sodass Recht geltend gemacht werden kann“, schreiben sie. „In unserer verzweifelten Lage müssen wir wissen was passieren wird, wenn wir unser Leben den Behörden anvertrauen.“
Die Kontrollen der vergangenen Tage haben unter den Flüchtlingen haben Angst geschürt, so Pastor Wilm im Interview mit Hinz&Kunzt. Er warnt vor einer erneuten Traumatisierung der Geflüchteten. Denn die Männer befürchten wohl nicht zu unrecht, dass mit den Kontrollen ihre Abschiebung vorbereiten wird. Am Mittwoch erhielt der erste Flüchtling eine Ausreiseverfügung.
Auch am Donnerstag hat die Polizei erneut Kontrollen auf St. Pauli durchgeführt. Die Verhandlungen mit der Kirche seien gescheitert, heißt es aus der Innenbehörde. „Deshalb musste ich irgendwann handeln“, schreibt Innensenator Michael Neumann in seinem Blog. „Die behördlichen Kontrollen dienen allein dem Zweck, eine faire und umfassende Einzelfallprüfung zu ermöglichen“, so Arno Münster, Fachsprecher Inneres der SPD-Fraktion.
Doch darauf will sich der Senat weiterhin nicht einlassen. Kazim Abaci, Fachsprecher Integration der SPD-Fraktion, sagt: „Es gelten für alle dieselben Regeln, diese werden nicht in Hamburg, sondern in Berlin und Brüssel gemacht.“ Auch die italienischen Behörden stünden in der Verantwortung. „Der Streit über die Verantwortung innerhalb der Europäischen Union darf nicht auf dem Rücken der Flüchtlinge ausgetragen werden“, kritisieren die Diakonie Deutschland und Brot für die Welt in einer gemeinsamen Erklärung, die am Donnerstag in Berlin verabschiedet wurde. Sie fordern eine Neuausrichtung in der Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie in der Migrationspolitik der Europäischen Union ein.
Für eine unbürokratische Lösung spricht sich DGB-Vorstand Uwe Grund aus. Humanitäre Nothilfe für die Kriegsflüchtlinge sei jetzt gefragt. „Umso wichtiger ist es, wenn gemeinsam mit Kirchen, Diakonie und Flüchtlingsorganisationen nach einer möglichen Unterkunft gesucht wird“, so Grund.
Gedanken über eine pragmatische Lösung haben sich Schüler der Klasse 10b an der Stadtteilschule St. Pauli gemacht. Ihr Vorschlag: Von 19 bis 7 Uhr stünde die Turnhalle der Schule leer. In dieser Zeit könnten dort Flüchtlinge nächtigen. „Das Gute an unserer Idee ist, das die Flüchtlinge ein Winterquartier hätten, mit genügend Duschen, Toiletten und Platz. Es wäre warm und Krankheiten könnten minimiert werden“, schreiben die Schüler. „Zudem würde der Staat Geld sparen, da der Unterhalt der Turnhalle ja sowieso gewährleistet ist.
Text: Jonas Füllner
Foto: Mauricio Bustamante