Verschwurbelte Großstadt-Symphonie

Nika Breithaupt jongliert mit Alltagsgeräuschen, Synthiesounds und Erwartungen. Live beim 7. Blurred Edges Festival für aktuelle Musik.

(aus Hinz&Kunzt 231/Mai 2012)

Schraubt aus den Sounds von klappernden Salzstreuern und Synthie-Sequenzen ungewohnte KLANGRÄUME zusammen: die Wahl-Hamburgerin Nika Breithaupt.

Was um Himmels willen ist Soundraumperformance? Das Wortungetüm hat das Zeug zum Zungenbrecher. Aber Nika Breithaupt kann es locker unfallfrei aussprechen. Sie hat dieses Wort schließlich auch erfunden – und sowieso ein Faible für Namen: Die 29-jährige Künstlerin tritt auch unter den Pseudonymen Nika Son, Nikae und a_cis & pom piet auf.

Beim 7. Blurred Edges Festivalbringt sie eine Soundraumperformance auf die Bühne, gemeinsam mit ihren Partnerinnen Jeanine Jembere und Special Guest Anika Lazar. „Wir nennen das so, weil wir Räume bespielen und über sie hinweg kommunizieren“, sagt Nika Breithaupt. Am 8. Mai ist der  Golden Pudel Klub fällig für die Beschallung der besonderen Art. Die Versuchsanordnung: Bühne, Eingang, Garderobe. Darin spielt jeweils eine Künstlerin. Mit Synthesizern, analogen Instrumenten, Lichtprojektor und Aufnahmen von Alltags­geräuschen, sogenannten Field Recordings. „Das kann laufendes Wasser sein, klappernde Salzstreuer oder der Sound von mechanischen Geräten, den mag ich besonders“, sagt Breithaupt. All das bastelt die Wahl-Hamburgerin mithilfe von Tape Loops und Kontaktmikrofonen zu einer neuen, einzigartigen Symphonie der Großstadt zusammen – oder, wie es im Festival-Programm heißt, zu „flächenhaften und verschwurbelten Klanggebilden“.

Statt still zu sitzen, sollen die Zuhörer mitmachen. Und etwa durch die Räume wandern. „Dadurch verschiebt sich auch ihre Perspektive: Sie können aktiv entscheiden, was und wie laut sie es hören wollen.“ Ihr Faible für Musik abseits von Radiogedudel und Mainstream entdeckte die in Bad Berleburg aufgewachsene Nika schon früh: Der ältere Bruder hörte Jazz und Abgefahreneres. Das färbte ab. Während eines zweijährigen Aufenthalts in England lernte sie den genresprengenden Musikbegriff von DJ- und Radiolegende John Peel schätzen. Schließlich feuerte das Kunststudium in Bremen und Hamburg ihr Interesse weiter an. 2011 hatte sie dann ihren ersten Auftritt in der Hamburger Hörbar. Nika ist sich durchaus darüber im Klaren, dass experimentelle Musik für ungeübte Ohren erst mal gewöhnungsbedürftig wirken kann. „Ich finde das auch teilweise schräg“, sagt sie, „aber sehr spannend.“

Auch dieses Mal wird sie vor ihrem Auftritt wohl nur  wenig schlafen. „Unser Ritual ist es, drei Tage und Nächte vorher heftig zu proben“, sagt Nika Breithaupt und lacht. Alles penibel vorzubereiten gehe aber nicht. Improvisieren ist elementar für die Performance. Aber auf ein künstlerisches Konzept legt Nika Breithaupt Wert. „Das soll schließlich nicht irgendein Matsch werden.“

Text: Simone Deckner
Foto: Alex Solman