Winternotprogramm : Trotz Schnee und Eis: Stadt schickt Obdachlose tagsüber raus

Schlafplatze von Obdachlosen im Schanzenviertel. Foto: Mauricio Bustamante

Dem Wintereinbruch zum Trotz: Die meisten Obdachlosen müssen die Notunterkünfte tagsüber weiterhin verlassen. Die Wetterentwicklung sei „nicht ungewöhnlich“, erklärte der städtische Unterkunftsbetreiber Fördern & Wohnen zur Begründung.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Schnee, Nässe und beißende Kälte: Die aktuelle Wetterlage ist für Menschen, die sich draußen aufhalten müssen, alles andere als erfreulich. Die Stadt will die Notunterkünfte trotzdem nicht tagsüber öffnen, um Obdachlosen viele Stunden im Freien zu ersparen. Die aktuelle Wetterwarnung (Stufe 1) gelte nach Einschätzung des Deutschen Wetterdienstes als „nicht ungewöhnlich“, erklärte eine Sprecherin des städtischen Unterkunftsbetreibers Fördern & Wohnen (F&W) am Dienstag auf Hinz&Kunzt-Nachfrage. 

Laut F&W übernachteten in der Nacht auf Dienstag 581 Menschen in den Großunterkünften des Winternotprogramms (Zahlen für die vergangene Nacht lagen noch nicht vor, Red.). Rund 130 Obdachlose dürften dort auch tagsüber bleiben, weil sie „schwer krank oder mobilitätseingeschränkt“ sind. Etwa 450 Menschen schicken die Mitarbeitenden demnach weiterhin bis spätestens 9.30 Uhr auf die Straße. Frühestens um 17 Uhr dürfen sie wieder rein ins Warme. Eine Tagesöffnung sei „bei Maßnahmen des Erfrierungsschutzes nicht vorgesehen“, heißt es zur Begründung seitens der Stadt. Obdachlose könnten sich in dieser Zeit in Tagesaufenthaltsstätten aufhalten.

Heftige Kritik an dieser Argumentation übte nun der Sozialverband Deutschland (SoVD): 500 Plätze in Tagesaufenthaltsstätten seien angesichts von mindestens 2000 Obdachlosen in Hamburg viel zu wenig. Bei Regen, Schnee und Kälte bräuchten die Menschen mehr Möglichkeiten, wo sie sich tagsüber stressfrei aufhalten, aufwärmen und ärztlich versorgen lassen könnten. SoVD-Chef Klaus Wicher: „Die Versorgung ist seit langem notdürftig.“ Auch Hinz&Kunzt fordert seit Jahren die Tagesöffnung der Winternotunterkünfte.

 

Anmerkung der Redaktion: Angesichts des Wetters hat Fördern & Wohnen die Öffnungszeiten des Winternotprogramms mittlerweile verlängert. Obdachlose dürfen bis auf Weiteres zwischen 15 Uhr und 11.30 Uhr in den Unterkünften bleiben.

  

 

 

 

 

Autor:in
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas schreibt seit vielen Jahren für Hinz&Kunzt - seit 2022 als angestellter Redakteur.