Obdachlose und ihre Hunde : Treue Begleiter

Holen sich Obdachlose einen Hund eigentlich nur zum Schnorren? Das seien Ausnahmen, sagen Hinz&Künztler. Stattdessen ist der Hund für sie vielmehr ein ständiger Freund und Begleiter und zugleich Schutz vor Dieben und potenziellen Angreifern.

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Harald mit seiner Hündin Sina.

„Dem Hund ist es egal, ob du gewaschen bist, ob du stinkst und was du für Klamotten trägst“, sagt Hinz&Künztler Harald. „Der ist einfach gerne da.“ Seine Hündin Sina (11) ist für ihn eine wichtige Freundin, deswegen hat er sie so oft es geht dabei. Der 49-Jährige lebt seit Jahren in einer Wohnung, war aber früher obdachlos. „Ich habe mich mit Hund immer sicherer gefühlt.“ Hunde weichen den Obdachlosen nicht von der Seite und geben ihrem Tag so auch eine Struktur.

Tobi hatte seinen Hund eigentlich nur „für drei Wochen“ von Freunden übernommen. Daraus wurden drei Jahre, jetzt macht der 26-Jährige mit Diego Platte und ist glücklich mit seinem Hund. Er ist aber auch schon blöd auf der Straße angequatscht worden: Passanten hätten ihn beschimpft, er könne ja nicht mal für sich selbst sorgen. Warum er dann auch noch einen Hund hat?

Als Belastung sehen Tobi und Harald ihren Hund nicht. „Der Hund finanziert sich selbst“ meint Harald. Viele Käufer gäben auch gerne mal einen Euro mehr, einige schenken Hundefutter, das sie zuvor im Geschäft gekauft haben. Außerdem geht es vielen Hunden auf der Straße deutlich besser, als ihren Artgenossen, die in Wohnungen und Häusern gehalten werden, merken Obdachlose gerne an. Immer neue Menschen, neue Gerüche, wechselnde Örtlichkeiten und Abläufe sind fordernder und beschäftigen mehr, als drei oder vier Mal täglich ein Spaziergang in ständig gleicher Umgebung. „Abends legt sich der Hund auf Platte neben dich und ist fix und fertig“ sagt Harald, der für Hinz&Kunzt Stadtführungen an die Orte der Obdachlosigkeit in Hamburg anbietet. Und wachsam sei das Tier natürlich trotzdem.

Ins Winternotprogramm könnte Tobi mit seinem Hund allerdings nicht. Tiere sind in den Unterkünften verboten. Stattdessen können Obdachlose ihre Tiere nachts im Tierheim Süderstraße abgeben. Dort verbringt das Tier die Nacht im Zwinger zwischen vielen Artgenossen. „Das würde ich meinem Hund nie antun“, sagt Tobi. Und spricht damit anscheinend vielen aus der Seele. „Keiner gibt seinen Hund gerne in der Süderstraße ab“, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Das bestätigt auch das Tierheim auf Nachfrage. Im vergangenen Winter gaben nur zwei Obdachlose ihren Hund dort ab. „Wer jahrelang mit seinem Hund auf der Straße gelebt hat, trennt sich nicht von ihm“, sagt Karrenbauer. „Auch nicht für eine Nacht.“ Viele würden deswegen lieber auf der Straße als in einer Notunterkunft schlafen.

Text: Jonas Walzberg
Fotos: Jonas Walzberg