2000 Flüchtlinge in Zelten : Stadt prüft jetzt Leerstände

Not macht erfinderisch: Auf der Suche nach neuen Flüchtlingsunterkünften prüfen die Behörden inzwischen leer stehende Schulen, Bürogebäude und verwaiste Kasernen auf ihre Tauglichkeit. Denn mehr als 2000 Flüchtlinge werden bereits in Zelten untergebracht.

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Eignet sich die frühere Bundesmonopolverwaltung für Branntwein als Flüchtlingsunterkunft? Die Sozialbehörde prüft das jetzt.

Inzwischen sind auch verwaiste Immobilien des Bundes für die Flüchtlingsunterbringung im Gespräch. Durch den Abbau des Freihafens stehen die ehemaligen Hauptzollämter am Teerhof und am Hafen leer. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hat der Stadt Hamburg darüber hinaus ein Verwaltungsgebäude in der Notkestraße, eine ehemalige THW-Werkstatt in Rissen und die seit Jahren verlassene Bundesmonopolverwaltung für Branntwein am Billwerder Neuen Deich angeboten. Bislang haben die Behörden erst drei der fünf Immobilien überprüft. Immerhin: Ein Gebäude wäre eventuell als Flüchtlingsunterkunft nutzbar. Um welches Gebäude es sich dabei handelt, will die Sozialbehörde noch nicht bekannt geben. All zu oft mussten Behörden und Bezirke in der Vergangenheit Erfolgsmeldungen wieder revidieren.

Dabei werden dringend Wohnunterkünfte benötigt. Denn inzwischen schlafen mehr als 2000 Flüchtlinge in Zelten. Spätestens im Herbst wird es dort zu kalt. Beheizte und befestigte Unterkünfte müssen her. In der Vergangenheit hatte der Senat deswegen Container auf ungenutzten Parkplätzen aufstellen lassen. Doch bereits jetzt kommt es aufgrund der bundesweit hohen Nachfrage zu Engpässen bei den Lieferanten. Andere Lösungen müssen also her.

Es gäbe in Hamburg ausreichend leer stehende Gebäude, sagt die Bürgerschaftsabgeordnete Christiane Schneider. Und das trotz des angespannten Wohnungsmarktes. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion kritisiert, dass die Wohnbedingungen in Großzelten für traumatisierte Flüchtlinge unzumutbar wären. Deswegen begrüßt sie die Bemühungen der Behörden, leer stehende Gebäude eventuell als Flüchtlingsunterkünfte zu nutzen. „Aber bislang erkenne ich kein Konzept, wie der Senat kurzfristige und langfristige Hilfe sicherstellen will.“ Der Senat müsse notfalls Leerstände der Wohnnutzung wieder zugänglich machen, sagt Schneider. Rechtlich möglich sei dies auf Grundlage des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

Eine solche Beschlagnahmung sei ein weitgehender Eingriff, hält der Senat dem entgegen. Möglich sei dies nur, wenn der Stadt keine eigenen Gebäude mehr zur Verfügung stehen. Doch bislang wurden nur sechs von 13 bereits leer stehenden Schulgebäuden überprüft und für nutzbar erklärt. Über weitere Leerstände macht der Senat keine Angaben. Man sehe „grundsätzlich davon ab, konkrete Leerstände und Details zu Leerstandsobjekten zu benennen“, antwortet der Senat auf eine Kleine Anfrage von Christiane Schneider.

Fakt ist: Inzwischen werden der Sozialbehörde sogar ungenutzte Hotels und leer stehende Büro- und Gewerbegebäude angeboten. Etwa 80 davon wurden bereits geprüft. Das Problem: Aus Sicht der Sozialbehörde standen in der Regel die Kosten für Anmietung und Umbau in keinem Verhältnis zu einer möglichen Nutzung als Flüchtlingsunterkunft. Hotels wiederum könnten nicht ohne weiteres als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden, sagt Sozialbehördensprecher Marcel Schweitzer. Denn für eine dauerhafte Unterbringung seien erweiterte Brandschutzmaßnahmen erforderlich.

Text&Foto: Jonas Füllner