Schubert für die Straße

Vier Streicher und ein ganz besonderer Abend: Am 7. Dezember spielt das Amaryllis Quartett mit Gastmusikern ein Benefizkonzert für Hinz&Kunzt in der St. Georgskirche. Schauspielerin Mechthild Großmann liest dazu Gedichte der Hinz&Künztlerin Steffi Neils.

(aus Hinz&Kunzt 226/Dezember 2011)

Gustav Frielinghaus war nie ein Wunderkind. Das von ihm gegründete Streichquartett konfrontiert das Publikum schon mal mit modernen und schrägen Klängen.

Er sagt’s am liebsten durch die Blume: Amaryllis. „Allein dieser Klang“, schwärmt Gustav Frielinghaus. „Und dann passt dieser Name auch noch so gut zu uns.“ Schließlich besteht die Amaryllis üblicherweise aus einem kräftigen, langen Stängel sowie vier gleich großen Blüten. „Genau wie bei unserem Streichquartett: eine Einheit, vier gleichberechtigte Individuen.“

Der 33-jährige Gründer des Amaryllis Quartetts macht gerade Station in seiner Heimatstadt Hamburg, bevor die nächsten Konzertreisen anstehen: Bern, Budapest, Teneriffa – Gustav Frielinghaus (1. Violine) und seine Mitspieler Lena Wirth (2. Violine), Lena Eckels (Viola) sowie Yves Sandoz (Violoncello) treten europaweit auf, die meiste Zeit des Jahres leben die jungen Musiker aus dem Koffer. Umso mehr freuen sie sich auf einen ganz besonderen Abend in Hamburg: Am 7. Dezember veranstalten die Streicher in der St. Georgskirche ein Benefizkonzert zugunsten von Hinz&Kunzt. Mit vier Gastmusikern spielen sie Franz Schuberts Oktett D 803, die Schauspielerin Mechthild Großmann liest dazu Gedichte der Hinz&Künztlerin Steffi Neils. „Normalerweise erreichen wir bei unseren Konzerten eher das bessergestellte Publikum“, sagt Frielinghaus. „Jetzt können wir auch denjenigen helfen, denen es nicht so gut geht.“

Die Komponisten- und Stückauswahl ist dabei kein Zufall: „Schubert wusste, was Armut und Existenzangst bedeuten“, erklärt Frielinghaus. „Erfolgreich wurden seine Werke erst nach seinem Tod.“ Sein Oktett D 803 sei außerdem besonders facettenreich – fast wie eine Symphonie: „Es ist einerseits unterhaltsam und wienerisch leicht, dann wieder wunderbar langsam und tiefgründig. Wie das Leben.“

Die Vielfalt klassischer Musik hat Frielinghaus schon früh fasziniert, bereits mit fünf Jahren begann er das Geigespielen. „Ein Wunderkind war ich aber nie“, gesteht er fröhlich. „Ich musste immer viel üben.“ Nach der Schulzeit wurde aus dem „offensiv betriebenen Hobby“ dann Ernst. Er studierte in Hamburg, Bern und Lübeck Musik, gründete 2000 das Amaryllis Quartett – und erfüllte sich damit einen Traum. „Anders als in einem großen Orchester geht bei uns keiner in der Masse unter“, sagt er. „Jeder bringt seine Ideen ein.“ Einig sind sich aber alle vier, dass sie bei Konzerten auch moderne und weniger bekannte Stücke spielen: „Wir wollen ja nicht bloß abspulen, was auch auf Klassik Radio läuft.“

Längst sind er und seine Streicherkollegen ein im wahrsten Sinne des Wortes eingespieltes Team. Und das müssen sie auch sein: Nur zweimal im Jahr heißt es für jeweils einen Monat „Quartettpause“, dann macht jeder sein Ding, hat Zeit für Urlaub oder andere Musikprojekte. Ansonsten sehen sich die vier in der Regel täglich, sei es bei Proben, der Terminorganisation oder ihren Auftritten. Bei Meinungsverschiedenheiten sich einfach mal aus dem Weg gehen? Ist nicht. „In Musikerkreisen wird das Quartett deshalb auch als Ehe zu viert bezeichnet“, erzählt Frielinghaus. Dann lacht er. „Wenn man bedenkt, dass eine Ehe oft schon zu zweit schwierig ist, schlagen wir uns aber glaube ich ganz gut.“

Text: Maren Albertsen
Foto: Daniel Cramer

Schubert für die Straße: Mittwoch, 7. Dezember, 20 Uhr, St. Georgskirche, Eintritt frei, um Spenden wird gebeten.

Es spielen: Das Amaryllis Quartett mit Gustav Frielinghaus (Violine), Lena Wirth (Violine), Lena Eckels (Viola), Yves Sandoz (Violoncello) sowie den Gästen Markus Krusche (Klarinette), Daniel Mohrmann (Fagott), Christoph Eß (Horn) und Alexandra Hengste­beck (Kontrabass).
Die Schauspielerin Mechthild Großmann liest Gedichte von der Hinz&Künztlerin Steffi Neils.