Flüchtlingspolitik : Scholz will Sonderlager für Balkanflüchtlinge

Nach Horst Seehofer spricht sich jetzt auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz dafür aus, Flüchtlinge vom Balkan in gesonderten Lagern unterzubringen. Die Diakonie vermutet dahinter eine Abschreckungsmaßnahme.

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Will Balkanflüchtlinge schneller abschieben: Bürgermeister Olaf Scholz.

Bürgermeister Olaf Scholz springt Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) zur Seite. Wie Seehofer fordert auch Scholz laut einem aktuellen Bericht des Stern nun, Flüchtlinge aus Balkanstaaten in gesonderten Unterkünften unterzubringen. „Es geht um schnellere, unbürokratische Entscheidungen“, sagte Sozialdemokrat Scholz dem Stern. „Dazu gehören auch spezialisierte Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive.“ Hintergrund ist, dass die meisten Asylanträge von Flüchtlingen aus den fraglichen Ländern vomBundesamt für Migration abgelehnt werden.

Seehofer war für seine Pläne, zwei Lager für Flüchtlinge mit geringen Aussichten auf ein Bleiberecht zu errichten, scharf kritisiert worden. Der Bayerische Flüchtlingsrat sprach von drohender „völliger Isolation“ der Balkanflüchtlinge, die meistens Roma seien. „Eine asylrechtliche Beratung ist so praktisch unmöglich und hindert Flüchtlinge daran, die rechtsstaatlich garantierten Rechtsmittel überhaupt nutzen zu können“, heißt es in einer Mitteilung. Der Flüchtlingsrat spricht deswegen von „Abschiebelagern“. Auch vom Zentralrat der Roma und Sinti kam Kritik: „In einer Situation, in der nicht zuletzt in vielen Bundesländern Flüchtlingsunterkünfte brennen, von „Sonderlagern“ zu sprechen, ist zynisch und gefährlich“, sagte der Vorsitzende Romani Rose.

Auch die Hamburger Diakonie glaubt, dass es bei den Vorstößen eigentlich um die Abschreckung von Flüchtlingen gehe. Deswegen sollten „besonders schlechte Bedingungen“ geschaffen werden, sagte Dirk Hauer, zuständiger Fachbereichsleiter bei der Diakonie. „Es ist ein Irrglaube, eine gesonderte Unterbringung – etwa von Flüchtlingen aus Serbien – könnte die Asylverfahren und Abschiebungen beschleunigen“, sagte Hauer. „Die Dauer der Verfahren und des dazugehörigen Rechtsweges sind völlig unabhängig von der Art der Unterbringung.“

Ganz so weit wie Hardliner Seehofer will Hamburgs Bürgermeister aber nicht gehen. Der hatte sich unter anderem dafür ausgesprochen, den Balkan-Flüchtlingen auch das Taschengeld zu kürzen – was das Bundesverfassungsgericht schon 2012 untersagte. Scholz kritisierte auch die Wortwahl Seehofers, der von „Asylmissbrauch“ sprach: „Es ist ärgerlich, dass die martialischen Töne aus Bayern das gemeinsame Anliegen überlagern“, so Scholz im Stern.

Text: Benjamin Laufer
Foto: ActionPress