Meldungen : Politik & Soziales

(aus Hinz&Kunzt 256/Juni 2014)

Lampedusa-Flüchtling soll ausreisen
Die Hamburger Ausländerbehörde hat den ersten der so ­genannten Lampedusa-Flüchtlinge zur Ausreise aus Deutschland aufgefordert. Seinen Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis hat die Behörde abgelehnt. Über die genauen Gründe wollte ein Sprecher keine Auskunft geben. Der Mann hat Widerspruch dagegen erhoben, über den noch nicht entschieden ist. Insgesamt haben bei der Behörde bislang 66 der über ­Libyen und Italien nach Hamburg gekommenen Flüchtlinge einen solchen Antrag gestellt. Bis ihre Verfahren abgeschlossen sind, werden sie in Deutschland geduldet. Nach einem Jahr Duldung können sie eine Arbeitserlaubnis bekommen. BELA

Paritätischer beklagt soziale Spaltung
15,2 Prozent der Menschen in Deutschland leben nach dem aktuellen Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbands in Armut. Im Vorjahr waren es noch 14 Prozent. „Deutschland war noch nie so gespalten wie heute“, sagte der ­Verbandsvorsitzende Rolf Rosenbrock. Denn die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt werde beispielsweise durch die wachsende Zahl der Minijobs, schlecht bezahlte Teilzeitstellen und immer mehr befristete Arbeitsverhältnisse konterkariert. Der Paritätische will mit seiner Analyse die sonstigen rein ökonomischen Gutachten hinterfragen, die ein allzu rosiges Bild der Gesellschaft zeichnen. BELA

Nach Feuer in Flüchtlingsunterkunft: Witwer bekommt Aufenthaltserlaubnis
Malik A. darf hier bleiben: Nachdem der Flüchtling 16 Jahre lang erfolglos für ein Bleiberecht in Hamburg gekämpft hatte, hat sich die Härtefallkomission der ­Bürgerschaft im Mai nun einstimmig dafür ausgesprochen. Der Mann aus Pakistan hatte im Februar bei einem Feuer in einer Unterkunft in der Eimsbütteler Straße seine Frau und Kinder verloren. Nun will ihm die Innenbehörde eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erteilen. „Ich möchte gerne in der Gastronomie ­arbeiten“, sagte er im „Hamburger Abendblatt“ über seine Zukunftspläne. BELA

Soziale Erhaltensverordnung für Eimsbüttel
Ab Juni gilt für Eimsbüttel-Süd eine Soziale Erhaltungsverordnung. So will der Bezirk rund 11.500 Bewohner zwischen Doormannsweg, Schäferkampsallee, Altonaer Straße und Eimsbütteler Straße vor Verdrängung schützen. Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen sind nun erschwert, die Stadt sichert sich zudem ein Vorkaufsrecht. Geprüft wird derzeit, ob auch Barmbek, Ottensen, Bahrenfeld und ­Dulsberg eine solche Verordnung bekommen sollen. BEB

Neubau nur für Wohlhabende
Von der Neubautätigkeit in der Stadt profitieren nur wohl­habendere Hamburger. Das zeigen Studien, die die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in Auftrag gegeben hat. Forscher des Instituts F+B schätzen den Anteil der Miet­wonungen an den 9700 Wohnungen, die zwischen 2010 und 2012 fertig gestellt wurden, auf gerade mal die Hälfte. Die Neubauwohnungen werden im Schnitt für 12,10 Euro pro Quadratmeter nettokalt vermietet, Bestandswohnungen laut Mietenspiegel für 7,56 Euro. Dementsprechend verfügen diejenigen, die in die Neubauten ziehen, über ein hohes Einkommen: pro Haushalt stehen ihnen durchschnittlich 4030 Euro zur Verfügung. „Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes stürzen sich relativ Wohlhabende auf frei werdenden Wohnungen“, sagt der Referent für Wohnungslosenhilfe und Armut bei der Hamburger Diakonie, Stephan Nagel. „Klar, dass weniger Vermögende da keine Chance haben.“ Laut ­Nagel genügt Neubau allein nicht, um die Wohnungsnot in den Griff zu bekommen. Deswegen schlägt er weitere Maßnahmen wie eine Mietpreisbremse oder spezielle Bau­projekte für Wohnungslose vor. BEB/BELA

Mehr als 6000 neue Wohnungen
Mit 6407 Neubau-Wohnungen in 2013 hat die SPD erstmalig ihr Wahlversprechen eingelöst. Ein Drittel davon sollten Sozialwohnungen sein. Dazu, ob dieses Versprechen gehalten wurde, gab es bis Redaktionsschluss keine Zahlen. JOF

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Vor der Fußball-Weltmeisterschaft haben in São Paulo Tausende Wohnungslose unweit der neuen Arena ein Protestlager errichtet. Sie kritisieren die hohen Ausgaben für die WM und wollen den Bau von Sozialwohnungen auf dem Gelände erreichen.

Immer mehr Hilfeempfänger brauchen Kredite vom Jobcenter
Hartz-IV-Empfänger sind zunehmend auf Darlehen vom Amt angewiesen, weil ihr Regelsatz von 391 Euro offenbar nicht ­ausreicht. Während 2007 bundesweit 12.873 Hilfeempfänger pro Monat einen Kredit erhielten, stieg ihre Zahl vergangenes Jahr auf 17.806. Hamburg verbucht in diesem Zeitraum sogar einen Anstieg von mehr als 50 Prozent. Jobcenter können ­Kredite gewähren, wenn etwa ein neuer Kühlschrank oder Kleidung benötigt werden. Während die Ämter vor sieben Jahren durchschnittlich 216 Euro bewilligten, sind es nun 341 Euro – nach Ansicht der Linksfraktion im Bundestag ein klarer Beleg ­dafür, dass der Regelsatz zu niedrig bemessen ist. „Die Leistungen müssen unverzüglich angehoben und der Realität angepasst werden“, so Sabine Zimmermann, Sozialexpertin der Linksfraktion. Wer einen Kredit vom Jobcenter erhält, muss monatlich fast 40 Euro zurückzahlen – womit das Geld zum Leben noch knapper wird. JOF

DGB-Chef gegen Werkverträge
Betriebsräte sollen den Einsatz von Werkvertragsarbeitern verhindern ­können. Das fordert der neue Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Reiner Hoffmann. Bislang gibt es so
ein Vetorecht nur bei Leiharbeit. UJO

Energiearmut muss wirksamer bekämpft werden
3200 Hamburger Haushalte saßen in den ersten drei Monaten dieses Jahres im Dunkeln, weil sie ihre Stromrechnung nicht bezahlen konnten – 500 mehr als im ersten Quartal 2013. Anlässlich ihrer bundesweiten Aktionswoche fordern Schuldnerberater nun: „Die Versorgung mit Energie muss ein ­Menschenrecht sein.“ Menschen mit geringem Einkommen dürften mit steigenden Energiepreisen nicht alleingelassen werden. Die Hürden für Sperren müssten erhöht, der Hartz-IV-Satz an die realen Kosten angepasst werden. UJO
Mehr Infos im Netz unter www.aktionswoche-schuldnerberatung.de

Zimmermädchen: mit Plakaten gegen Dumpinglöhne
Mit einer gemeinsamen Plakatkampagne wollen der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und die Beratungsstelle Arbeitnehmerfreizügigkeit Dumpinglöhne bei Zimmermädchen bekämpfen. Die mehrsprachigen Plakate klären darüber auf, dass eine Reinigungskraft mindestens neun Euro brutto die Stunde bekommen muss. Sie sollen bald „flächendeckend“ in Hamburger Hotels hängen, so Dehoga-Geschäftsführerin Ulrike von Albedyll. Laut Beratungsstelle haben in den vergangenen beiden ­Jahren rund 600 Hotelreinigungskräfte Hilfe gesucht, weil sie um Lohn betrogen wurden. In der Regel arbeiten sie für Sub­unternehmer, die von Hotelbetreibern beauftragt werden, um Kosten zu sparen. Hinz&Kunzt hatte in mehreren Hotelreports über Dumpinglöhne bei Hamburger Zimmermädchen berichtet (Internet: www.hinzundkunzt.de/downloads). UJO

Ermittlungen wegen „Containerns“
In Itzehoe ermitteln die Behörden gegen einen 18-Jährigen und seinen jüngeren Bruder wegen besonders schweren Diebstahls, weil sie weggeworfene ­Lebensmittel vom Gelände eines Supermarkts mitgenommen haben sollen. Nach Polizeiangaben hatten die beiden ein Schloss aufgebrochen. Die Staats­anwaltschaft prüft noch, ob sie ein ­Strafverfahren eröffnet. Dies sei jedoch „wahrscheinlich“. Beim sogenannten Containern werden noch verzehrbare, aber abgelaufene Lebensmittel aus Mülleimern geholt – auch als Protest gegen die Wegwerfmentalität. BELA

Wechsel in der Sozialbehörde
Verena Orth, seit mehr als 20 Jahren Fachreferentin für Wohnungslosenhilfe in der Sozialbehörde, geht in den Ruhestand. Zuständig war sie vor allem für das Winternotprogramm. Im vergangenen Winter hatte Hamburg mit rund 800 Schlafplätzen das bislang größte Hilfsangebot bereitgestellt. Tiefpunkt ihrer Ära, so räumt die 64-Jährige ein, war der Bunker unter dem Hachmannplatz. Immerhin habe der gezeigt, wie viele Menschen Hilfe brauchen, sagte die Soziologin – und dass die Unterbringung im Winter zentral gelegen sein müsse. Einen Nachfolger für Verena Orth gibt es derzeit noch nicht. BIM

Debatte über neue Mülleimer
Der Senat hat Vorwürfe zurückgewiesen, die neuen Mülleimer in der Innenstadt wären eingeführt worden, um Flaschensammler zu vertreiben. Grund sei allein das größere Fassungsvermögen gewesen. Im April hatte die Stadt die neuen Be­hälter aufgestellt, in die Pfandsammler wegen einer Klappe nicht hineingreifen können. Ausgelöst hatte die Debatte ein Kommentar von Hinz&Künztler Sascha in H&K 255. Bürger fordern jetzt in einer Online-Petition an Bürgermeister Olaf Scholz, Pfandringe an den Mülleimern anzubringen. BELA
Mehr Infos im Netz unter www.huklink.de/muelleimer