Verkäufer von Big Issue North : Norbert kämpft auf Facebook gegen Obdachlosigkeit

#VendorWeek
Norbert verkauft das Straßenmagazin Big Issue North in York. Foto: Christian Lisseman

Norbert hat schon überall im Vereinigten Königreich Straßenzeitungen verkauft. Inzwischen ist er im britischen York gelandet. Von dort aus macht er sich über Facebook für die Rechte von Obdachlosen stark, erzählt er im Interview mit Big Issue North.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Wo verkaufst du Big Issue?

Ich verkaufe das Magazin in der Straße Goodramgate und neuerdings vor dem Bahnhof in York. Ich hatte Ärger mit Bettlern nahe meines eigentlichen Verkaufsplatzes, also bin ich gegangen, damit es eine klare Trennung zwischen uns Magazinverkäufern und Bettlern gibt. Leute, die das Magazin verkaufen, arbeiten – so einfach ist das. Aber wenn jemand bei deinem Verkaufsplatz bettelt, wirst du damit in Verbindung gebracht.

Der Verkaufsplatz vor dem Bahnhof ist neu und dort kann es schwierig sein, weil jeder es eilig hat. Aber hoffentlich kann ich den Platz etablieren, und wenn dann jemand anderes Interesse hat, kann er ihn übernehmen.

Du bist ein eifriger Aktivist in Sachen Obdachlosigkeit, nicht wahr?

Ja. Ich betreibe die Facebook-Seite „Homeless Britain“. Sie ist sehr berühmt, wir haben 31.000 Follower. Das ist, als ob ich eine Zeitung herausgeben würde, wirklich. Social Media ist sehr mächtig. Und jetzt gibt es eine große politische Partei, die Obdachlosigkeit zum Thema macht. Jeremy Corbyn hat deutlich gemacht, dass die Labour-Partei etwas dagegen tun wird. Sobald sie gewählt wird, werden wir mit ihnen zusammen etwas gegen die Obdachlosigkeit in Städten wie Manchester unternehmen, wo es eine echte Krise gibt. Das Problem der Obdachlosigkeit ist heute größer als 1992, als Big Issue North an den Start gegangen ist.

Es ist großartig, was du heute für Geräte kaufen kannst. Es gibt Boxen von Google, die du nach dem Wetter irgendwo auf der Welt fragen kannst und sie werden dir antworten. Wie kann es sein, dass wir sowas haben und immer noch Leute auf der Straße schlafen, so wie am Ende des letzten Jahrhunderts? Come on! Was ist hier los, Leute? Lasst uns aufwachen und etwas tun!

It's #VendorWeek!

Mehr als 9000 Verkäuferinnen und Verkäufer auf der ganzen Welt bringen Straßenzeitungen unters Volk. In dieser Woche rückt das internationale Straßenzeitungsnetzwerk INSP sie in den Mittelpunkt. Und wir stellen aus diesem Anlass jeden Tag einen anderen Verkäufer vor.

Wie lange bist du schon in York?

Ich kam vor zweieinhalb Jahren hier her. Vorher habe ich Straßenmagazine überall im Land verkauft. Ich habe in Covent Garden verkauft, bevor Bob seine Katze bekam. Aber hier bleibe ich jetzt, mein letzter Verkaufsplatz wird in York sein. Es läuft gut hier. Alle Verkäufer arbeiten zusammen und das Vertriebsbüro ist großartig, weil du eine Tasse Tee bekommst, dich ausruhen und mit den Leuten dort sprechen kannst.

Wie gefällt dir das Big Issue North Magazin?

Es ist ein regionales Obdachlosenmagazin, das Sinn macht. Und es ist nicht nur ein Magazin, es ist noch viel mehr. Die Big Issues waren früher alle unterschiedlich. Es gab eine für Wales, eine für den Südwesten und eine für Schottland, aber jetzt gehören sie alle zu Big Issue national  außer Big Issue North, das noch eigenständig ist. Die Leute wertschätzen es, weil es regional ist. Big Issue North ist Teil einer Tradition.

Erzähl‘ uns was zu deinem Hut.

Der Hut ist erst eineinhalb Jahre alt. Jemand gab mir eine Dose mit ein paar Ansteckern und ich habe sie an diesen Hut gepinnt, den ich für 50 Pence gekauft habe. Dann haben die Leute mir weitere Anstecker gegeben. Einige sind sogar etwas Geld wert, andere haben eine Bedeutung für mich. Einer ist der Anstecker eines Vertrauensschülers. Den habe ich gefunden und gedacht: „Ich bin nie Vertrauensschüler gewesen, also bin ich jetzt ein verdammter Vertrauensschüler!“

Hast du eine Botschaft für deine Kunden?

Ich möchte allen danken, die das Magazin jede Woche kaufen. Ich möchte, dass die Leute wissen, dass sie es nicht kaufen müssen. Ich möchte nicht, dass die Leute sich schuldig fühlen, wenn sie es sich nicht kaufen. Ich möchte, dass die Leute es kaufen, weil sie wissen, dass wir unseren Lebensunterhalt damit verdienen. Wenn sie das anerkennen, reicht mir das.

Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Big Issue North / INSP.ngo. Übersetzt von Benjamin Laufer.

Autor:in
Christian Lisseman

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