Meldungen: Politik & Soziales

(aus Hinz&Kunzt 230/April 2012)

Winternotprogramm geht zu Ende
Das Winternotprogramm des Senats endet am 15. April. Die Bewohner müssen die Notunterkünfte dann verlassen. Die Sozialbehörde hat allerdings versichert, dass alle, die einen Rechtsanspruch haben, in dauerhafte Unterkünfte vermittelt werden, wenn sie es wollen. Fördern und Wohnen, zuständig für die Unterbringung, hat zunächst 70 Plätze bereit gestellt, die bei Redaktionsschluss noch nicht alle belegt waren. Die Plätze sind hauptsächlich für derzeitige Bewohner der Spaldingstraße vorgesehen. Das Winternotprogramm war trotz der diesjährigen Erhöhung der Platzkapazität auf rund 400 und auch bei Frühjahrs­temperaturen durchgängig ausgelastet. BELA/BIM

Neue Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger

Die Sozialbehörde passt zum 1. April die Tabelle der Kosten für die Unterkunft von Hilfeempfängern an den im November 2011 erschienenen Hamburger Mietenspiegel an. Die Tabelle regelt, wieviel die Wohnung von Menschen kosten darf, die Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Hilfe nach dem Asylbewerberleistunggesetz beziehen. Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg bezeichnet die Anpassung als „längst überfällig“. Der Meinung ist auch Sozialsenator Detlef Scheele: „Menschen, die Sozialleistungen beziehen, brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum in Hamburg.“ SIM/BEB

Frühjahrsputz unter der Kersten-Miles-Brücke
Es ist wieder Land in Sicht unter der Kersten-Miles-Brücke: Zehn Kubikmeter Müll hat die Stadtreinigung im März mit Hilfe der Bewohner aufgeladen und abgefahren. Darunter überzählige Matratzen und säckeweise Klamotten – alles Geschenke wohlmeinender Hamburger, mit denen die Brückenbewohner allerdings überfordert sind. Mit den Mitarbeitern der Stadtreinigung haben sie jetzt eine Vereinbarung: Es sollen nicht nur regelmäßig die Müllsäcke ausgetauscht werden, wie bisher schon. Die Stadtreinigung will auch größere Sachen mitnehmen. Die Brückenbewohner wünschen sich, dass die Menschen in Zukunft fragen, wenn sie ihnen etwas schenken wollen. BIM

Neue Soziale Erhaltungsverordnungen

Für Teile von Eimsbüttel-Süd, Barmbek, Hamm, Horn, Borgfelde und Dulsberg sind sogenannte Soziale Erhaltungsverordnungen auf den Weg gebracht worden. Bisher gibt es solche Verordnungen, zusammen mit Umwandlungsverordnungen, in der südlichen Neustadt und für Teile von St. Georg und St. Pauli. Noch in diesem Jahr werden für die Sternschanze (mit dem Karoviertel) und das Osterkirchenviertel in Ottensen Verordnungen erlassen. Laut Mieter helfen Mietern können diese ein wirksames Instrument gegen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sein und Quartiere vor Spekulationen von Investoren schützen. Auswirkungen auf die Mietpreise haben sie allerdings nicht. BEB

Regelsatzkürzung bei Mietkautionsdarlehen
Das Jobcenter Hamburg will weiterhin Hartz-IV-Regelsätze um zehn Prozent kürzen, um so Darlehen für Mietkautionen zu tilgen. Das besagt die Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des Bürgerschaftsabgeordneten Tim Golke (Linke). Demnach soll die Praxis, nach der die Hilfeleistungen dann unter dem gesetzlichen Existenzminimum liegen, ungeachtet eines Urteils des Berliner Sozialgerichts fortgeführt werden. Dieses entschied im September 2011, dass dieses Vorgehen über einen längeren Zeitraum „nicht verfassungsgemäß“ ist. Die Entscheidung sei keine ausreichende Grundlage, eine gesetzliche Vorschrift infrage zu stellen, so der Hamburger Senat. Das ist rechtens. Denn selbst für die Berliner Jobcenter stellt die Einzelfallentscheidung keine verbindliche Weisung dar. Sie habe auch keine Auswirkung auf die Praxis der Berliner Jobcenter, so ein Sprecher auf Nachfrage. BEB

Spendenparlament wird 50
Das Hamburger Spendenparlament tagt am 3. April zum 50. Mal. Seit 1996 kommt es dreimal jährlich zusammen, um die Verwendung der Spendengelder seiner Mitglieder zu beschließen. Bislang hat das Parlament 900 Initiativen mit mehr als 7,3 Millionen Euro unterstützt. Im April wird unter anderem über Fördergelder für den Schulkinderclub Billbrookdeich beraten. BELA

Tricksereien bei Mieterhöhungen
Viele Vermieter nutzen Mieterhöhungen, um ihre Mieter über den Tisch zu ziehen. Das zeigt eine Dokumentation des Mietervereins zu Hamburg. Jede dritte vom Verein überprüfte Erhöhung habe Fehler zulasten der Mieter enthalten, sagte der Vorsitzende Eckard Pahlcke. Nach dem Gesetz dürfen Mieten in drei Jahren um maximal 20 Prozent steigen, oft sind die neuen Mieten aber höher. Auch werde häufig grundlos mit „guter Wohnlage“ argumentiert. Mieterschützer Pahlcke warnt vor vorschneller Zustimmung: „Wenn Sie das unterschreiben, ist es rechtswirksam.“ BELA

Wenig Verständnis für Kürzungspläne
Die Zukunft der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Hamburg steht auf dem Spiel. Das befürchten Trägerorganisationen von Abenteurspielplätzen, Jugendzentren und anderen Einrichtungen. 3,5 Millionen will der Senat hier ab 2013 kürzen, um den Etat der Sozialbehörde für die Schuldenbremse fit zu machen. Der Verband Kinder- und Jugendarbeit Hamburg befürchtet massive Entlassungen und Schließungen von Einrichtungen, sollten die Einsparungen durchgesetzt werden. Mehrere Jugendhilfeausschüsse der Bezirke haben die Kürzungspläne zurückgewiesen. „Das macht deutlich, wie wenig Verständnis es für die Pläne des Senators gibt“, sagt Verbandsgeschäftsführer Joachim Gerbing. Gegen die Kürzungen kündigt er breite Proteste an. BELA

Kristina Schröder (CDU) und DGB gegen Minijobs
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hat sich für „Vorsicht und Augenmaß“ bei der Ausweitung von Minijobs ausgesprochen. Im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte sie, der Forderung nach Flexibilisierung von Arbeitgeberseite müssten Grenzen gesetzt werden. „Für viele junge Mütter, die reguläre Arbeit suchen, wird der Minijob zur biografischen Sackgasse“, so die Ministerin. Außerdem sei die soziale Absicherung ungenügend. Der Deutsche Gewerkschaftsbund will geringfügige Beschäftigungsverhältnisse ganz abschaffen und hat ein Konzept zur Gleichstellung aller Arbeitsverhältnisse vorgelegt. BELA

HVV gegen Arme I
Kein Platz für Obdachlose: Seit 2007 tauscht die Hamburger Hochbahn die bisherigen Sitzgelegenheiten an ihren Haltestellen gegen unbequemere aus. Der Grund: „Wären sie zu komfortabel, würden sie in kürzester Zeit zum Daueraufenthaltsort für sogenannte Randständige werden.“ Das gab die Hochbahn auf Nachfrage einer Hinz&Kunzt-Leserin unumwunden zu. BEB

HVV gegen Arme II
Seit Januar 2012 haben die Monatskarten des HVV eine neue Gültigkeitsdauer: Sie laufen nur noch bis 6 Uhr am Monatsersten. Zuvor galten sie bis mittags am ersten Werktag des neuen Monats. Durch die neue Regelung geraten vor allem Hilfeempfänger in Bedrängnis: Sie erhalten ihre Zahlungen frühestens am Monatsersten, manchmal auch später. „Am Monatsende reicht das Geld nicht für eine neue Monatskarte“, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. „Die Leute werden praktisch zum Schwarzfahren gezwungen.“ BEB

Freie Fahrt für alle

Die Herausgeber der Studie „Zukunftsfähiges Hamburg“, unter anderem das Diakonische Werk, fordern ein kostenloses Bürgerticket für freie Fahrt mit Bus und Bahn. Das sei nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern „gerade für Menschen mit geringem Einkommen ein Schritt zur gesellschaftlichen Teilhabe“. Über die Forderung diskutieren im April im Rahmen einer Veranstaltung Politiker und HVV-Vertreter. BEB
HVV gratis! Anhörung und Diskussion, 24.4., 18.30 bis 20 Uhr, Dorothee-Sölle-Haus, Königstraße 54, Eintritt frei

Jeder Vierte arbeitet für Niedriglohn
Knapp acht Millionen Menschen in Deutschland verdienen weniger als 9,15 Euro brutto die Stunde – das sind 2,3 Millionen Menschen mehr als 1995. Damit verdient fast ein Viertel der Beschäftigten Niedriglöhne, so das Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen (IAQ). 1,4 Millionen Menschen bekommen nicht mal fünf Euro die Stunde für ihre Arbeit, so die Studie. Bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, wie ihn Gewerkschaften und Opposition fordern, hätte jeder fünfte Beschäftigte in Deutschland Anspruch auf eine Lohnerhöhung. UJO

In die Tonne statt auf den Teller
Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jährlich im Müll. Das ergab eine Studie der Universität Stuttgart. Demnach verursachen Privathaushalte mehr als zwei Drittel des Essensmüllbergs: pro Jahr wirft jeder Deutsche 81,6 Kilogramm weg. Die Tafeln fordern einen verantwortungsvolleren Umgang mit Lebensmittel. Die „Entsorgung des zu viel Gekauften“ sei zum „Normalfall“ geworden. BEB

Bremen führt Mindestlohn ein
Als erstes Bundesland hat Bremen ein „Mindestlohngesetz“ beschlossen: Behörden und Privatunternehmen, die öffentliche Gelder beziehen, müssen demnach mindestens 8,50 Euro Stundenlohn bezahlen. Hamburgs SPD prüft, ob sie das Modell übernehmen möchte. Die Linksfraktion arbeitet bereits an einem eigenen Entwurf. BELA

Schlecker schließt 29 Filialen in Hamburg

Die insolvente Drogeriemarktkette Schlecker betreibt statt 59 nur noch 30 Filialen in Hamburg. 75 Beschäftigten haben die Kündigung erhalten, bundesweit sind es rund 11.000. Mit der Schließung von 2000 Filialen will der vorläufige Insol-venzverwalter das Unternehmen für Investoren attraktiv machen. In Hamburg hat Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) die Drogerieketten Budnikowsky, Rossmann und dm gebeten zu prüfen, ob sie Ex-Schlecker-Mitarbeiterinnen übernehmen können. Budnikowsky erklärte, bis zu 30 Betroffene übernehmen zu wollen, auch Rossmann signalisierte grundsätzliche Bereitschaft. UJO/BEB