Sozialverband : Kritik an Kürzungen im Sozialbereich

Die notwendigen Ausgaben für Flüchtlinge dürfen nicht zulasten von Sozialhilfeempfänger erfolgen, mahnt der Sozialverband Hamburg. Mehr als 500 Millionen Euro Kosten – ein kleiner Teil der benötigten Gelder wird von anderen Sozialbereichen abgezogen.

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Vor zwei Jahren protestierten Einrichtungen wie das Bürgerhaus Lenzsiedlung gegen Kürzungen im Sozialbereich. Von den jetzt angedachten Kürzungen ist das Stadtteilzentrum nicht betroffen.

Kritik an der Haushaltspolitik des Senats äußert jetzt der Sozialverband Hamburg. „Hilfebedürftige Menschen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden“, sagt Vorstand Klaus Wicher. Erst vor wenigen Tagen gab der Senat bekannt, dass für die Jahre 2015 und 2016 mehr als eine halbe Millionen Euro zur Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen bereitstehen. Die benötigten Mittel wurden aus anderen Bereichen zusammengetragen. „Heute verwenden wir in erster Linie Mittel, die erkennbar für ursprünglich geplante Vorhaben noch nicht oder nicht mehr benötigt werden“, sagt Jan Quast, Haushaltsexperte der SPD-Fraktion.

Von dem Haushaltsumbau bleibt auch die Sozialpolitik nicht verschont. Gekürzt wird unter anderem bei Wohnungsdarlehen und Transferleistungen in der Arbeitsmarktpolitik für Sozialhilfeempfänger. „Es ist nicht verständlich, dass es heißt, die zur Verfügung stehenden Mittel erscheinen ausreichend, um die Bedarfe in diesem Aufgabenfeld abzudecken“, kritisiert SoVD-Vorstand Klaus Wicher. „Wir fragen, warum der wegen Großzügigkeit im Sozialen nicht bekannte Senat im ursprünglichen Haushalt diese Ausgaben überhaupt vorgesehen hat.“

Mehr als 15 Millionen Euro würden die Kürzungen im Aufgabenbereich Soziales umfassen. „Das könnte öffentlich auch falsch verstanden werden“, warnt Klaus Wicher. Denn ausreichend Geld sei vorhanden. Erneut sind die Steuermehreinnahmen der Stadt deutlich höher als erwartet. Doch dieses Geld darf nicht angetastet werden. Die von SPD, FDP und Grünen beschlossene Schuldenbremse blockiert weitere Ausgaben. „Der Senat muss jetzt flexibel handeln und sein Spardiktat beenden“, sagt Wicher.

Für eine Aufhebung der Schuldenbremse gibt es in der Hamburgischen Bürgerschaft allerdings keine Mehrheit. SPD und Grüne erhoffen sich vielmehr Unterstützung vom Bund. „Die Herausforderung der steigenden Flüchtlingszahlen ist enorm“, sagt erklärt Farid Müller, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen. „Es kann daher nicht sein, dass der Bund die Länder und Kommunen im Regen stehen lässt.“

Honorieren will der Senat hingegen künftig das ehrenamtliche Engagement der Bürger. Insgesamt stehen 1,7 Millionen Euro für Honorare, für die Koordination der ehrenamtlichen Arbeit und für Informationsveranstaltungen bereit. „Ich bin sehr beeindruckt von der Hilfsbereitschaft der Hamburgerinnen und Hamburger – sei es bei der Kleiderkammer in den Messehallen, bei Willkommensfesten wie im Karoviertel oder bei spontanen Aktionen, wo einfach ein paar Kinder mit ihren Eltern an die Elbe zum Spielen mitgenommen werden“, sagt Anjes Tjarks, Fraktionsvorsitzender der Grünen. „Wir wollen ein zentrales öffentliches Forum schaffen für die haupt- und ehrenamtlichen Unterstützerinnen und Unterstützer von Flüchtlingen.“

Ehrenamtliche würden allerdings nicht nur im Karolinenviertel bereits notgedrungen Hauptamtliche ersetzen und deren Aufgaben schultern, kritisiert die Linksfraktion. „Wenn sie nicht endlich die notwendigen Hauptamtlichen einsetzen laufen sie Gefahr, dass die Ehrenamtlichen die Kraft verlieren, weiterzumachen“, warnte Özdemir. „Ziel sollte sein, diese Ressourcen zu gewinnen, mit ihnen wertschätzend umzugehen und nicht sie schamlos auszubeuten.“

Text: Jonas Füllner
Foto: Mauricio Bustamante