Neue Hoffnung im Fall Mittank : Ist der vermisste Lars obdachlos?

Seit sechs Jahren wird Lars Mittank vermisst. Womöglich hat er sein Gedächtnis verloren und ist obdachlos. Foto: privat.

Seit sechs Jahren ist Lars Mittank spurlos verschwunden. Seine Mutter vermutet, dass er sein Gedächtnis verloren haben könnte und obdachlos ist. Hinz&Kunzt-Chefredakteurin Birgit Müller hat sich mit dem Fall beschäftigt.

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Lars Mittank aus Marne war 28 Jahre alt, er hatte einen guten Job in Wilhelmshaven und verstand sich gut mit seinen Eltern. Seine Welt war in Ordnung, davon ist seine Mutter überzeugt. Mit vier Freunden gönnte er sich einen All-inklusive-Urlaub im bulgarischen Warna – und kehrte nie zurück. Seitdem sind sechs Jahre vergangen. Sandra Mittank hat die Hoffnung bis heute nicht aufgegeben, dass er noch lebt. Und auch die Polizei in Itzehoe ist nach wie vor dran an dem Fall. Zumal alles so wirkt, als sei Lars nicht freiwillig verschwunden.

Neue Hoffnung schöpfte Sandra Mittank, weil ein LKW-Fahrer im vergangenen Jahr einen Mann von Dresden bis nach Schildow, nördlich von Berlin, mitgenommen hat. Der Mann könnte Lars sein. Natürlich sah er nicht mehr so jung, gepflegt und sorglos aus wie der Lars von damals. Er war langhaarig, trug einen Bart, seine Augen waren eingefallen, die Backenknochen traten stark hervor und er war offensichtlich obdachlos. Sandra Mittank glaubt, dass ihr Sohn, wenn er denn noch leben sollte, sein Gedächtnis verloren haben könnte. „Wenn er lebt, dann braucht er Hilfe“, sagt sie. Vielleicht ist er tatsächlich zurück in Deutschland – und möglicherweise ist er inzwischen obdachlos. Das ist der Grund, warum sie sich auch an Hinz&Kunzt gewendet hat.

Letztes Lebenszeichen in Warna

Klar ist nur eins: Am 8. Juli 2014 zeigen Überwachungskameras das letzte Lebenszeichen von Lars. Er betritt das Flughafengebäude von Warna, dabei hat er seine Reisetasche. Wenig später betritt er das Zimmer des Flughafenarztes, um zu klären, ob er trotz eines Trommelfellrisses fliegen kann – und wieder eine Weile später zeigen die Kameras, wie Lars durch die Halle rennt, ohne sein Gepäck. Er rennt raus auf das Gelände, überquert es und verschwindet aus dem Bild. Alles deutet darauf hin, dass er den 2,50 Meter hohen Zaun geklettert ist. Offensichtlich hat er Panik. Aber die Kameras zeigen auch, dass ihn niemand verfolgt.

Was zuvor passiert ist, erinnern seine Bekannten: Es war Hochsaison in Warna, Fussball-WM Halbfinale 2014 und es war brütend heiß. Als sich die Freunde etwas in einer Imbissbude holten, ging Lars schon ins Hotel vor. Später erzählte er ihnen, dass ihn Leute verprügelt hätten. Er klagte über Ohrenschmerzen. Tatsächlich diagnostizierte ein Arzt später einen Trommelfellriss. Lars konnte also nicht mit den Freunden zurückfliegen.

Stattdessen ging er ins Krankenhaus. Er wurde nicht stationär aufgenommen, bekam aber vom Arzt ein Antibiotikum verschrieben. Er stieg in einem billigen Hotel in einer armen Gegend ab, weil alle Hotels ausgebucht waren – und rief von dort mitten in der Nacht seine Mutter an. Sie solle seine Kreditkarte sperren, weil sie kopiert worden sei beim Einchecken und er müsse dringend weg aus dem Hotel. „Offensichtlich fühlte er sich belauscht und beobachtet“, sagt seine Mutter. Mehrmals in der Nacht telefoniert sie mit ihrem Sohn. Lars erzählte, er werde von vier Männern verfolgt. Er fragte aber auch nach dem Wirkstoff des Medikaments. Unklar ist bis heute, ob Lars tatsächlich bedroht wurde, ob er wegen des Wirkstoffs unter Halluzinationen litt oder in eine Psychose rutschte. Offensichtlich wollte er am nächsten Morgen nach Hause zurück.

Polizei bittet um Hinweise

Was beim Arzt genau passiert ist, warum er rausrannte und wohin, ist unklar. Unklar ist auch, ob er nach wie vor in Bulgarien ist oder tatsächlich wieder in Deutschland. Ob er tot ist oder noch lebt. Seine Mutter hatte ihm damals einen Flug und eine Busfahrkarte gebucht, für den Fall, dass er nicht fliegen könnte. Sie hatte ihm auch Geld überwiesen. Nichts davon hat Lars je in Anspruch genommen.

Bislang hat auch ein Aufruf bei Aktenzeichen XY nichts Neues ergeben. Marco Klein von der Kommissariat 1 der Kriminalpolizei in Itzehoe ist sogar selbst nach Warna gereist, um sich ein Bild über den Fall zu machen. Er bleibt auch sechs Jahre nach Verschwinden von Lars Mittank dran am Fall. Sachdienliche Hinweise bitte an ihn unter 04821 60 20 oder per Mail an soko.itzehoe.bki@polizei.landsh.de.

Autor:in
Birgit Müller
Birgit Müller
Birgit Müller hat 1993 Hinz&Kunzt mitgegründet. Seit 1995 ist sie Chefredakteurin.

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