„Im Pop wäre ich Pink“

Mezzosopranistin Maite Beaumont singt die Titelpartie im wiederentdeckten Telemann-Werk „Flavius Bertaridus“. Die Staatsoper lud 400 Hinz&Kunzt-Freundeskreismitglieder vorab zu einem Probenbesuch ein.

(aus Hinz&Kunzt 225/November 2011)

Einmal zack – und ordentlich die Hosen stramm ziehen. Und dann seinen Mann stehen. Für Maite Beaumont kein Problem. „Ich habe schon als Kind beim Spielen mit Freunden gerne die Jungsrollen übernommen“, sagt die 37-jährige Spanierin. Nein, eine Prinzessin sei sie nie gewesen. Und schüchtern schon gar nicht. Maite Beaumont lacht, ihre Augen funkeln: „Wäre ich in der Popmusik, wäre ich wohl wie Pink.“

Maite Beaumont ist mit klassischer Musik groß geworden. Geige spielen fand sie „zu kompliziert“. Deshalb machte sie lieber Karriere als Sängerin anspruchsvoller Opernarien.

Ein Glück für Popsängerin Pink, dass Maite Beaumont stattdessen als Opernsängerin brilliert. Die Mezzosopranistin feierte 2002 in Hamburg ihren Durchbruch als Ruggiero in Händels „Alcina“. Jetzt steht sie in der Titelrolle in Georg Philipp Telemanns wiederentdecktem Werk „Flavius Bertaridus“ auf der Bühne der Staatsoper – wieder ein Männerpart also, allerdings einer, der schon bei der Uraufführung 1729 von einer Frau gesungen wurde. „Das Hamburger Publikum stand halt nicht so auf den üblichen Einsatz von Kastraten bei Barockopern.“

Maite Beaumont grinst. Ihre Leidenschaft für die Oper beginnt früh, schon im Elternhaus in Pamplona erklingen ständig klassische Melodien: Maite Beaumonts Mutter ist Musikpä­dagogin, ihr Vater singt im Chor und hat Bühnenauftritte als Solist. „Für meine drei Schwestern und mich gehörte Musik dadurch genauso zum Alltag wie Zähneputzen.“ Eine Zeit lang plagt Maite Beaumont sich mit Geigespielen, dann gibt sie auf: „Zu kompliziert.“ Viel lieber singt sie – und spielt Theater: „Da erschien mir Opernsängerin als perfekte Mischung.“

1998 kommt Maite Beaumont nach Hamburg, um hier an der renommierten Hochschule für Musik und Theater zu studieren. „Bis dahin hatte ich immer behütet bei meinen Eltern gelebt“, erzählt sie. „Mit Hamburg verbinde ich deshalb Unabhängigkeit. Hier bin ich erwachsen geworden.“

Nach ihrem Studium
wird Maite Beaumont zunächst Mitglied im Internationalen Opernstudio, 2003 festes Mitglied im Ensemble der Staatsoper. Seit 2006 ist sie als freischaffende Sängerin in der ganzen Welt unterwegs, hatte unter anderem Auftritte in Paris, Mailand, Chicago und Chile.
Umso schöner sei es für sie, jetzt endlich einmal wieder in Hamburg zu sein. „Ich habe die Stadt sehr vermisst. Deshalb verstehe ich die Gefühle des Flavius im Stück auch so gut.“ Die Oper spielt Mitte des siebten Jahrhunderts in Norditalien. Sie erzählt, wie Flavius Bertaridus, der verjagte Regent der Langobarden, nach zehn Jahren im Exil zu seinem Volk zurückkehrt, um wieder König zu werden. Als Vertreter der Vernunft und Gerechtigkeit siegt er am Ende über seinen Widersacher Grimoaldus, einen fiesen Diktator, der für Grausamkeit und Willkür steht. „Ein zeitloses, sehr politisches Stück“, findet Maite Beaumont und freut sich, dass „dieser Schatz“ zum Jubiläum „333 Jahre Oper in Hamburg“ wieder ausgegraben wurde – nun in der Hansestadt zum ersten Mal zu hören seit der Uraufführung.

Schon hebt Maite Beaumont
ihre Stimme, besingt kraftvoll die Sehnsucht des Flavius nach seiner Heimat: „Zehn Jahre sind verflossen, da ich, gepriesenes Land, dein Gutes nicht genossen.“ Sie selbst genießt in jeder freien Minute das Gute der Hansestadt, geht dann am liebsten an der Elbe spazieren – wenn möglich in Begleitung ihres Mannes und ihrer kleinen Tochter. Auch die Zweijährige wächst nun von Anfang an in einer Welt voller Musik auf. „Ob ihr mein Operngesang gefällt, kann ich allerdings noch nicht sagen.“ Maite Beaumont lacht. „Wenn sie bei meinen Proben dabei ist, schläft sie meist schon nach kurzer Zeit ein.“

Text: Maren Albertsen
Foto: Hannah Schuh