Überfüllte Unterkünfte : Hotel statt Wohnung

Gerade einmal 70 Obdachlose haben nach Ende des Winternotprogramms in einer städtischen Unterkunft einen Platz erhalten. Denn die Unterkünfte sind völlig überfüllt. Die Stadt musste sogar Hotelzimmer anmieten, um 63 Familien unterzubringen.

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Im City Hotel in St. Georg hat die Sozialbehörde in den vergangenen Jahren zahlreiche wohnungslose Familien untergebracht.

Nach Beendigung des Winternotprogramms haben lediglich 70 Obdachlose ein Dach über den Kopf erhalten. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Linken hervor. Noch vor zwei Jahren konnten 149 Obdachlose und somit mehr als doppelt so viele vermittelt werden. Schon damals war das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn die Zahl der Obdachlosen ist weiterhin hoch. „Wie viele Menschen derzeit auf der Straße leben, ist nicht bekannt“, antwortet zwar der Senat auf die Anfrage. Bekannt ist hingegen, dass es allein im Winter 2012/13 insgesamt 2559 Obdachlose ins Winternotprogramm zog.

Aber nicht nur Obdachlosen aus dem Winternotprogramm bietet die Stadt keine Bleibe. Auch wohnungslose Menschen, die in städtischen Unterkünften ganzjährig untergekommen sind, finden immer schlechter in den regulären Wohnungsmarkt zurück. 2011 fanden noch 1385 Personen eine Wohnungen, zum Stichtag 20. Mai waren es gerade einmal 459 Menschen, die ihre Unterkunft deswegen verließen. Das Problem dabei liegt auf der Hand: Je weniger wohnungslose Menschen in eine reguläre Wohnung vermittelt werden, umso überfüllter werden die städtischen Unterkünfte.

Noch 2001 hatte Hamburg gut 20.500 Plätze für Asylbewerber und Wohnungslose. Sinkende Zuwanderungszahlen führten dazu, dass die Plätze anschließend massiv abgebaut wurden. 2010 gab es nur noch 7800 Plätze. Die wieder ansteigende Zahl der Zuwanderer setzt die Stadt zusätzlich unter Druck.

Aktuell bietet der städtische Unterkunftsbetreiber fördern und wohnen 9765 Menschen eine Unterkunft. Nur ein gutes Drittel der Bewohner sind alleinstehend. Die Mehrzahl lebt in Familienzusammenhängen. Insgesamt sind es 1142 Familien. Davon lebten mehr als 700 Familien in Gemeinschaftsunterkünften. Das bedeutet, dass sie sich die sanitären Anlagen und Küchen mit anderen teilen müssen. Per Antrag wollte die Linke in der Bürgerschaft erreichen, dass abgeschlossene Wohneinheiten mit eigenen sanitären Anlagen und eigener Küche, getrennten Schlafräume für Eltern und Kinder sowie eine Wohnfläche von mindestens 15 Quadratmetern pro Person sicher gestellt werden. Ein Antrag, der allerdings in der Bürgerschaft keine Mehrheit fand.

Anfang des Jahres mussten 63 wohnungslose Familien sogar in Hotels untergebracht werden, weil der Platz in den Unterkünften nicht mehr ausreicht. Durchschnittlich drei und bis fünf Personen müssten sich ein Hotelzimmer teilen, ohne dass es Auflagen für eine Mindestgröße der Unterkunft gäbe, kritisiert Cansu Özdemir, sozialpolitische Sprecherin der Linken. „In einigen Hotels gibt es nicht einmal eine Gemeinschaftsküche. Wie soll da eine Selbstversorgung der Familien funktionieren oder gar eine altersgerechte Ernährung von Kindern und Babys?“

Obwohl die Familien in äußerst preisgünstigen Hotels untergebracht werden, entstehen nach Ansicht von Özdemir völlig ungemessene Kosten. So müsse die Stadt für eine fünfköpfige Familie bei einem Preis von 25 Euro pro Tag und Person insgesamt 3750 Euro pro Monat an den privaten Hotelbetreiber zahlen. „Mit diesem Geld könnte auch eine familiengerechte Unterbringung in Wohnungen organisiert werden“, so die Sozialpolitikerin.

Der Senat ist bemüht, Lösungen zu finden. Die Stadtentwicklungsbehörde sucht in Zusammenarbeit mit der Finanzbehörde und den Bezirken händeringend nach neuen Flächen für Unterkünfte. Der Streit um die Flüchtlingsunterkunft im feinen Harvestehude zeigt jedoch, wie schwer das ist.

Text & Foto: Jonas Füllner