Freunde : „Glück sollte man teilen“

Ihre erste gemeinsame Wohnung war für Michael Korf und Stephan Aust ein guter Grund zum Feiern. Ihre vielen Gäste spendeten gern für Hinz&Kunzt.

(aus Hinz&Kunzt 269/Juli 2015)

Bei ihnen läuft es rund: Michael Korf (links) und Stephan Aust genießen den ersten SOMMER im neuen Zuhause.
Bei ihnen läuft es rund: Michael Korf (links) und Stephan Aust genießen den ersten SOMMER im neuen Zuhause.

In der Wohnung von Michael Korf und Stephan Aust geht es zu wie im Taubenschlag. Alle naslang klingelt jemand an der Wohnungstür. Mal will die Nachbarin ihr Paket abholen, das der Postbote dort abgegeben hat, mal kommt jemand kurz zum Klönschnack vorbei. Kaum zu glauben, dass die beiden erst seit ein paar Monaten in dem Mehrfamilienhaus wohnen. „Das liegt daran, dass sich ein großer Teil der Hausgemeinschaft schon fast zwei Jahre lang kennt“, erklärt Michael. So lange dauerten die Planung und der Umbau des ehemaligen Bunkers in Eilbek zu hellen großzügigen Eigentumswohnungen; ein Prozess, den alle gemeinsam begleitet haben.

Die Freude an ihrer ersten gemeinsamen Wohnung ist den beiden anzumerken. „Das, was wir hier haben, ist nicht selbstverständlich, für uns ist es Luxus“, sagt Stephan. Der Neubau mit Blick bis zum Michel ist mit Bedacht eingerichtet – keine kühle Musterwohnung, sondern ein gemütliches Nest, in dem man sich sofort willkommen fühlt. Bodenständig und gut geerdet wirkt das Paar, das seit acht Jahren zusammen ist. Beide haben nicht vergessen, wo sie herkommen und dass sie Glück gehabt haben im Leben.

„Wir kommen aus sehr kleinen Verhältnissen“, erzählen sie. Michaels Vater war Maurer, mit den Eltern lebten er und seine zwei Brüder auf 50 Quadratmetern Etagenwohnung, zu Anfang noch ohne Badezimmer. Stephans Mutter war alleinerziehend, mit drei Geschwistern wuchs er auf 60 Quadratmetern auf. „Das Verständnis, dass es nicht selbstverständlich ist, eine Bleibe zu haben, geschweige denn so eine wie unsere, das rührt daher“, glaubt Michael. Wohnen sei eben mehr, als nur ein Dach über dem Kopf zu haben.

Die Einweihung ihres neuen Heims haben die beiden groß gefeiert mit Freunden, Familie und natürlich den Nachbarn. „70 Gäste waren da“, sagen sie stolz. Und weil sie das meiste, was sie zum Leben brauchen, schon haben oder es sich selbst leisten können, haben sie ihre Gäste gebeten, anstelle von Geschenken für Obdachlose zu spenden. „470 Euro und 10 Cent sind zusammengekommen“, erzählt Michael, „die 10 Cent kamen von der dreijährigen Nachbarin Josie, die mit ihrer Spardose ankam und daraus ihren Teil in die Spendenbox geworfen hat.“ Die Summe haben sie auf runde 600 Euro aufgestockt und zu gleichen Teilen an die Aktion Mitternachtsbus und an Hinz&Kunzt gespendet.

Natürlich haben er und sein Partner etwas für ihren Lebensstandard getan, „aber wir hatten auch Glück und haben es ergriffen.“ Stephan wollte schon als Kind Postbote werden – heute ist er als leitender Beamter für die Postzustellung im südlichen Schleswig-Hol- stein zuständig. Michael war der Erste in der Familie, der Abitur machte und Medizin studierte. Als Anästhesist war er viele Jahre im Krankenhaus tätig, zuletzt in leitender Position in einem Kinderkrankenhaus. 2014 hat er sich mit zwei Kollegen selbstständig gemacht.

„Das Glück, das man hat, sollte man teilen“, findet Stephan. Das tun die beiden gern, miteinander und mit anderen. Und schon klingelt es wieder an der Tür.

Text: Misha Leuschen
Foto: Miguel Ferraz