St. Pauli : Esso-Häuser unbewohnbar

Der Bezirk Mitte hat die Esso-Häuser für unbewohnbar erklärt. In der Nacht auf Sonntag, den 15. Dezember, hatten plötzlich die Wände in den Häusern gewackelt. Die Bewohner kommen derzeit bei Freunden unter oder wurden vom Eigentümer in Hotels einquartiert.

Esso Hoch‰user
Aus und vorbei: Der Bezirk hat die Esso-Häuser für unbewohnbar erklärt. Derzeit suchen Bezirk und Eigentümer gemeinsam nach Ersatzwohnungen für die Bewohner.

Die Bewohner der Esso-Häuser an der Reeperbahn müssen sich von ihren Wohnungen verabschieden: Das Bezirksamt Hamburg-Mitte hat am Montag die Gebäude für unbewohnbar erklärt. Am Wochenende zuvor hatte die Polizei die Gebäude räumen lassen. Mieter hatten über wackelnde Wände geklagt.

Der schlechte Zustand der Bausubstanz ist seit Jahren ein Streitthema auf St. Pauli. 2009 kaufte die Bayerische Hausbau das bereits zu diesem Zeitpunkt herunter gekommene Areal. Angekündigt wurden Abriss und Neubau der Häuser. Gegen diesen Plan lief die Initiative Esso-Häuser, in der sich viele Bewohner zusammenschlossen, Sturm. Die Initiative setzt sich für den Erhalt der Häuser ein und beklagte, dass der bestehende Instandhaltungsstau bereits vom Vorbesitzer verursacht und durch die Bayerische Hausbau weiter verschärft wurde. Um den Konflikt zu lösen, wurde ein bezirkliches Gutachten über den Zustand der Esso-Häuser in Auftrag gegeben. Andy Grote, Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, sagte nach der Veröffentlichung des Gutachtens im Juni: „Ein realistischer Spielraum für den Erhalt der Esso-Häuser ist selbst bei gutem Willen kaum noch gegeben.“

Das Bezirksamt hatte allen Gewerbetreibenden bereits vor drei Monaten zum 30. Juni 2014 gekündigt. Doch nun haben alle Bewohner Knall auf Fall ihre Wohnungen verloren. Und die Ladenbesitzer stehen plötzlich auf der Straße.

Wie es weitergeht, ist derzeit noch unklar. Statiker müssen den Zustand der Häuser genau untersuchen. Bei einer ersten Begehung am Montag wurde „nichts Auffälliges festgestellt“, heißt es aus der Pressestelle des Bezirks. Eventuell müssen allerdings Abstützmaßnahmen an den Häusern getroffen werden, bevor die Bewohner ihren gesamten Hausrat aus den Häusern holen können. Bislang durften sie nur mit Begleitung die Häuser betreten, um dringend notwendige Dinge aus ihren Wohnungen mitnehmen. „Langfristig wollen wir einen geordneten Auszug erreichen“, sagt Sorina Weiland, Pressesprecherin des Bezirksamtes. Derzeit kommt ein Teil der Mieter bei Freunden und Bekannten unter. Knapp 100 Bewohner wurden von der Bayerischen Hausbau in Hotels einquartiert, sagt Pressesprecher Bernhard Taubenberger.

Warum es zu den plötzlichen Erschütterungen in den Esso-Häusern kam, ist noch unklar. Laute Musik könnte ein Grund gewesen sein. Bezirkssprecherin Weiland sagt, dass dem benachbarten Weihnachtsmarkt auf dem Spielbudenplatz sicherheitshalber die Auflage erteilt wurde, nicht mehr laut Musik zu spielen.

In einer ersten Erklärung wirft die Initiative Esso-Häuser dem Eigentümer vor, dass er auf den Abriss spekuliert hätte und damit die Bewohner und Gewerbetreibenden gefährdet habe. Überhaupt kein Verständnis für diese Art der Vorwürfe hat Bernhard Taubenberger, Pressesprecher der Bayerischen Hausbau: „Nach der Evakuierung richten wir unsere Anstrengungen darauf, unseren Mieterinnen und Mietern eine Bleibemöglichkeit in der Notsituation zu organisieren und konzentrieren uns darauf, schnell ausreichend Ersatzwohnungen für die Zeit des Abbruchs und des avisierten Neubaus zur Verfügung zu stellen.“ Die Mieter würden am Mittwoch darüber informiert, in welchen Hotels ihnen in den nächsten Wochen und Monaten Zimmer zur Verfügung stehen. Aus Sicht der Initiative Esso-Häuser steht nun der Senat in der Verantwortung für eine langfristige Lösung. Denn die Initiative schlägt vor, dass analog zum Gängeviertel eine öffentlich-genossenschaftliche Lösung gefunden wird.

Text: Jonas Füllner
Foto: Action Press / Matthias Braun