Obdachlose in Hamburg : „Die Verzweiflung ist groß“

Ob Toilettenhäuschen oder Gepäckschließfach: Obdachlose in Hamburg nehmen immer miesere Bedingungen in Kauf, um nicht auf der Straße schlafen zu müssen. Unterkünte oder gar Wohnungen gibt es für sie keine. Die Diakonie fordert deswegen einen Kurswechsel in der Baupolitik.

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Besser als gar kein Dach über dem Kopf: Klohäuschen an der Kersten-Miles-Brücke.

Die Situation ist für viele Obdachlose aussichtslos: Am Mittwoch berichtete die Hamburger Morgenpost über Obdachlose, die in einem Klohäuschen an der Kersten-Miles-Brücke schlafen. Die Nächte im strengen Fäkalien-Gestank ziehen sie offenbar der Schutzlosigkeit unter freiem Himmel vor, hatten wir bereits im März berichtet. Einen Tag später ein anderer Fall, der zeigt, wie verzweifelt manche ein Dach über dem Kopf suchen: Bild und Mopo berichten über einen 23-Jährigen, der zum Schlafen mit dem Kopf voran in ein Gepäckschließfach am Hauptbahnhof krabbelt.

„Daran sieht man, wie groß die Wohnungsnot in Hamburg ist“, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. „Die Verzweiflung ist so groß, dass jedes Loch als ein zu Hause genutzt wird.“ Es fehlen Wohnungen und Notunterkünfte für Obdachlose, hatte  Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) bereits im Mai im Hinz&Kunzt-Interview eingeräumt. Vergangene Woche sagte er auch der Süddeutschen Zeitung: „Unsere Fachstellen für Wohnungsnotfälle müssen die Menschen zum großen Teil wieder wegschicken.“

Hinz&Kunzt fordert von der Stadt endlich neue Unterkünfte für Obdachlose. „Wir wollen nicht, dass Menschen in Autos schlafen, Familien auf der Straße und Obdachlose in Toiletten leben“, sagt Karrenbauer. „Wir wollen, dass alle Menschen eine Unterkunft bekommen. Das muss das Minimalziel einer reichen Stadt wie Hamburg sein.“

Einen Kurswechsel in der Baupolitik fordert Diakonie-Chef und Hinz&Kunzt-Herausgeber Dirk Ahrens. Neben der Sozial- sei auch die Baubehörde gefordert: „Hamburg muss gezielter die Wohnungsnot armer Haushalte bekämpfen, dann haben wir auch wieder mehr Platz in den Notunterkünften“, sagt der Landespastor. „Und das heißt: Sozialwohnungen für Arme freihalten und zumindest das selbstgesteckte Ziel ein Drittel Sozialwohnungen beim Neubau einhalten.“

Text: Benjamin Laufer
Foto: Jonas Füllner