Diakonie zur Volksinitiative : Sozialer Frieden in Gefahr

Hamburger Bürgerinitiativen machen Ernst: Sie haben eine Volksinitiative gegen Großunterkünfte für Flüchtlinge angemeldet. Die Diakonie warnt eindringlich davor, dass eine Abstimmung den sozialen Frieden der Stadt gefährden könnte.

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Wie groß dürfen Flüchtlingsunterkünfte sein? An der Berzeliusstraße in Billbrook leben 600 Menschen.

Eine Abstimmung darüber, wie die Stadt Flüchtlinge unterbringt, ist am Freitag einen Schritt näher gerückt. Vertreter des Dachverbands „Initiativen für erfolgreiche Integration“ (IFI) haben im Rathaus eine Volksinitiative angemeldet. „Wir fangen heute mit dem Sammeln von Unterschriften an“, sagte IFI-Sprecher Klaus Schomacker. Der Verband fordert, nicht mehr als 300 Flüchtlinge pro Einrichtung unterzubringen. „Natürlich ist es möglich, den Flüchtlingen dezentral und in kleineren Einheiten Wohnraum zu verschaffen – wenn es politisch gewollt ist“, sagte Schomacker.

Vor den möglichen Folgen einer solchen Volksinitiative hat erneut die Diakonie gewarnt. „Selbst wenn es von den Initiatoren nicht so gewollt wäre: Letztlich würde es zu einer Abstimmung Pro oder Contra Flüchtlinge kommen“, sagte Diakonie-Chef und Landespastor Dirk Ahrens, der auch Hinz&Kunzt Herausgeber ist. „Polarisierung verhindert aber genau das, was wir doch alle wollen: Die möglichst schnelle und erfolgreiche Integration der Menschen, die vor Krieg und Not zu uns geflohen sind.“ Deswegen würde eine Volksinitiative zu diesem Thema den sozialen Frieden der Stadt gefährden, so Ahrens.

Diakonie: Notunterkünfte schnellstmöglich ersetzen

Das oberste Ziel müsse laut Diakonie sein, Notunterkünfte für Flüchtlinge in Zelten und Baumärkten und dergleichen aufzulösen und „sehr schnell durch Unterkünfte zu ersetzen, die zumindest den Mindeststandards von Wohnfläche, Hygiene und Betreuung genügen“. Soweit wie möglich müsse die Unterbringung zwar dezentral und in kleinen Einheiten erfolgen, so Ahrens weiter. Allerdings: „Wir brauchen vermutlich auch größere, quartiersartige Formen der Unterbringung. Wer das grundsätzlich ablehnt, verhindert Integration und den menschenwürdigen Umgang mit den vertriebenen Menschen.“ Für eine erfolgreiche Integration sei nicht die Größe der Unterkünfte entscheidend, sondern die soziale Infrastruktur drum herum.

Gleichzeitig machte die Diakonie sich dafür stark, die Bürgerbeteiligung beim Bau neuer Flüchtlingsunterkünfte zu stärken. „Die Menschen vor Ort, die direkt von den Flüchtlingsunterkünften betroffen sind, müssen so früh wie möglich bei der Planung mit einbezogen und beteiligt werden“, sagte Dirk Ahrens. „Das ist bisher häufig nicht ausreichend geschehen.“

Verbindliche Abstimmung nicht vor  2017

Die Bürgerinitiativen haben nun sechs Monate Zeit, um 10.000 Unterschriften für ihr Anliegen zu sammeln und können dann ein Volksbegehren starten. Kommen auch dabei genügend Unterschriften zusammen, könnten die Hamburger zur Bundestagswahl 2017 verbindlich darüber abstimmen, ob sie für oder gegen den Bau von Großunterkünften für Flüchtlinge sind.

Text: Benjamin Laufer
Foto: Jonas Walzberg