Die Fußballwelt richtet derzeit den Blick nach Brasilien. Dabei wird auch in Deutschland gekickt. So fand in Karlsruhe beispielsweise die Deutsche Straßenfußball Meisterschaft statt. Gewonnen hat dabei ein Team aus Hamburg.
Deutscher Meister, Fußball und Hamburg. Diese Schlagworte bringt man nicht so leicht zusammen. Tatsächlich aber stammt der Deutsche Fußballmeister aus Hamburg – wenn auch „nur“ im Straßenfußball. Denn bei der am 20. und 21. Juni auf dem Schlossplatz in Karlsruhe ausgetragenen Meisterschaft setzte sich am Ende das Team Jugend hilft Jugend aus Hamburg durch.
Seit 2006 wird der Wettbewerb von dem gemeinnützigen Verein Anstoß ausgetragenen. Jahr für Jahr treffen Teams von Wohnungslosenhilfen, Suchthilfen und Straßenzeitungen aus dem gesamten Bundesgebiet aufeinander. Gespielt wird auf Kleinfeldern. Jeweils drei Feldspieler und ein Torwart bilden ein Team. Teilnehmen dürfen Spielerinnen und Spieler, die wohnungslos sind, es in den letzten Jahren waren oder vom Straßenzeitungsverkauf leben.
„In unserem Team sind praktisch alle wohnungslos, aber keiner lebt auf der Straße“, sagt Andreas Twisselmann, Mitarbeiter bei Jugend hilft Jugend und Trainer des Meisterteams. „Die Spieler leben in unseren oder anderen Einrichtungen. Eine reguläre Wohnung zu finden ist schwer.“ Jeden Sonntag trainiert der ehemalige Fußballspieler die jungen Männer. Die meisten von ihnen haben mit Drogenproblemen zu kämpfen. Erstmalig haben dieses Jahr auch zwei Lampedusa-Flüchtlinge bei Jugend hilft Jugend mitgespielt. „Die trinken keinen Alkohol“, so Twisselmann, der schmunzelt anfügt: „Nicht einmal Zigaretten rauchen sie.“
Der Gewinn der Meisterschaft in Karlsruhe war für das Team von Coach Twisselmann bereits der zweite Erfolg in Folge. Schon im vergangenen Jahr konnten sich seine Jungs im Finale durchsetzen. „Der Ehrgeiz ist bei uns, aber auch bei anderen Teams inzwischen hoch“, so Twisselmann. Der Spaß soll trotzdem nicht zu kurz kommen. „Bei uns hat die Integration trotz aller Sprachbarrieren hervorragend funktioniert“, freut sich Twisselmann über sein in diesem Jahr besonders multikulturelles Team. „Die Spieler haben streckenweise nur englisch miteinander gesprochen.“
Nach dem Kampf um die Deutsche Meisterschaft steht im Oktober die Weltmeisterschaft der Obdachlosen (Homeless World Cup) auf dem Programm. Hinz&Künztler Torsten nahm als Spieler 2007 an diesem Wettbewerb in Kopenhagen teil. Dieses Jahr findet der Wettbewerb in Chile statt. Torsten kann nicht wieder mitspielen: Nur Spieler, die an der Meisterschaft teilnahmen, konnten für den Kader der deutschen Straßenfußball-Nationalmannschaft nominiert werden.
Die Tabelle im Überblick (es gibt gleiche Platzierungen): 1. Jugend hilft Jugend (Hamburg) 2. Kompasshof (Augsburg) 3. Herzogsägmühle 4. Panther Soccer (Bensheim) 5. Health Angels (Lübeck), Kontrollverlust (Bensheim), Hannibals Erben (Kiel), 9. Lilienkicker (Wiesbaden), Kalandhof (Celle), Bodelsoccer (Karlsruhe), Hempels (Kiel), Acht auf Kraut (Nürnberg), Bruder Konrad Haus (Saarbrücken), Adolf Mathes Haus (München), Rue 66 (Hamburg)
Text: Jonas Füllner
Foto: Andreas Twisselmann