Kersten-Miles-Brücke : Der Zaun ist wieder da

Einst musste der Bezirk einen Zaun unter der Kersten-Miles-Brücke wieder abbauen: Weil er damit Obdachlose vertreiben wollte, protestierten Tausende dagegen. Inzwischen steht dort ein neuer Zaun. Nur protestiert jetzt niemand dagegen. 

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Kein Obdach mehr: Der Bauzaun hält Obdachlose unter der Kersten-Miles-Brücke fern.

Seit über einem Jahr ist die Kersten-Miles-Brücke auf St. Pauli für Obdachlose tabu. Im März 2013 hatte ein Feuer die Platte unter der Brücke zerstört und dabei auch das Mauerwerk beschädigt. Verletzt wurde dabei zum Glück niemand. Eigentlich sollten die Reparaturarbeiten schon im vergangenen Sommer abgeschlossen sein. Schon im Juni 2013 war von „letzten Arbeiten“ die Rede. Damals hatten wir das Bezirksamt Mitte gefragt, wieso Mitarbeiter Obdachlose unter der Brücke weggeschickt hatten. Nicht zuletzt, weil die städtischen Unterkünfte überfüllt sind, suchen diese immer wieder unter Brücken Zuflucht.

Doch der Bauzaun steht auch ein Jahr später noch und hält Obdachlose fern. Im Bezirksamt ist noch immer von „Restarbeiten“ die Rede, die dort verrichtet würden. Und er soll auch weiterhin stehen bleiben, weil im Anschluss an die Restaurationsarbeiten der Alte Elbpark nebenan neugestaltet werden soll.

Obdachlose, die sich dort niederlassen, werden nach wie vor weggeschickt. Erst Anfang der Woche hatte eine Gruppe dort Schutz gesucht, musste aber weiterziehen: „Sie wurde von uns aufgefordert, zu gehen“, sagt Bezirksamtssprecherin Sorina Weiland. Und anscheinend plant der Bezirk auch in Zukunft dort Obdachlose zu vertreiben. Der Zaun soll zwar nicht dauerhaft stehen bleiben. „Aber wir wollen darauf achten, dass dort in Zukunft nicht wieder gelagert wird“, sagt Weiland. Offenbar ist die Sorge groß, dass dort erneut ein Feuer wie schon 2013 entstehen könnte.

„Armutszeugnis für die Stadt“

„Eine Baustelle aus Angst vorzutäuschen, dass Obdachlose die Brücke als ihr Zuhause ansehen, ist ein Armutszeugnis für diese Stadt“, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Solange die Behörden nicht ausreichend Unterkünfte für die Obdachlosen zur Verfügung stellten, werde es immer welche geben, die unter Brücken schlafen. Allerdings könne es auch nicht das Ziel sein, die Brücke zum idealen Zuhause für Obdachlose zu erklären. Dennoch: „Die Menschen zu vertreiben, ist keine Lösung.“

Der wohl umstrittenste Zaun in der Stadt bleibt also zumindest symbolisch erhalten. Im September 2011 hatte der ehemalige Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) unter der Brücke einen festen Zaun errichten lassen, um Obdachlose zu fernzuhalten. Damit löste er einen Sturm der Entrüstung aus. Der Zaun wurde nach massiven Protesten wieder abgebaut. Das ist nun anders: „diesmal gibt es keine Proteste“, bedauert auch das St. Pauli Blog des Hamburger Abendblatts.

Text und Foto: Benjamin Laufer