Lebensmittelverschwendung : Containern bald straffrei?

Lebensmittel zu retten gilt laut Gesetz als Diebstahl. Nun kommt Bewegung in die Debatte um eine Entkriminalisierung. Foto: Lena Maja Wöhler

Justizminister Marco Buschmann und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir setzen sich in einer gemeinsamen Initiative dafür ein, Containern nicht grundsätzlich zu bestrafen – und werben für einen Hamburger Vorschlag.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Wer in Deutschland weggeworfene, aber genießbare Lebensmittel aus Supermarktmülleimern fischt – sogenanntes Containern – macht sich strafbar. Nach dem Willen von Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) muss das nicht sein. In einem gemeinsamen Schreiben an die zuständigen Landesministerien werben sie für eine entsprechende Änderung des Strafrechts. „Ich hielte eine Anpassung der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren durch die Länder für sinnvoll“, sagt Marco Buschmann.

Schon 2021 hatte Hamburg eine entsprechende Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht, aber keine Mehrheit gefunden. Das könnte sich aufgrund einer veränderten Zusammensetzung des Bundesrats nun ändern. Die beiden Minister verweisen in ihrem Schreiben auf den Hamburger Entwurf, nach dem das Containern in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt werden soll. Ausnahme: Menschen, die beim Containern Sachbeschädigungen begehen oder sich des Hausfriedensbruchs schuldig machen, der über das Betreten eines Supermarktgeländes oder das Überwinden eines kleinen Hindernisses hinausgeht, sollen weiterhin bestraft werden. Keine unwichtige Einschränkung: Viele Supermärkte schließen ihre Müllcontainer ab.

Ihre Initiative wollen die Minister insbesondere als Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung verstanden wissen. Schließlich landen in Deutschland jährlich rund elf Tonnen Lebensmittel im Müll. Etwa weil sie beschädigt sind, Druckstellen aufweisen oder nicht mehr lange haltbar und damit schlecht verkäuflich sind. „Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, dass Nahrungsmittel dorthin kommen, wo sie hingehören: auf den Teller und nicht in die Tonne“, sagt Cem Özdemir.

Eine Mehrheit der Deutschen befürwortet eine Legalisierung des Containerns. Neben Menschen, die aus der eigenen Not heraus containern, retten viele Menschen Lebensmittel auch aus Protest gegen Verschwendung. Ihnen allen käme eine entsprechende Gesetzesänderung zugute.

Autor:in
Lukas Gilbert
Lukas Gilbert
Studium der Politikwissenschaft in Hamburg und Leipzig. Seit 2019 bei Hinz&Kunzt. Zunächst als Volontär, seit September 2021 als Redakteur.

Weitere Artikel zum Thema