Kirchenbündnis : Bürogebäude wird Flüchtlingsunterkunft

Hunderte Flüchtlinge verbringen inzwischen die Nächte vor der Weiterreise in Notunterkünften der Kirche und der Al-Nour-Moschee am Hauptbahnhof. Jetzt stellt die Kirche in einem ehemaligen Bürogebäude zusätzliche 200 Schlafplätze bereit.

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Zuletzt wurde das Verwaltungsgebäude des Kirchenkreis-Ost (rechts) 20113 während des Kirchentags genutzt.

Jahrelang standen das kirchliche Verwaltungsgebäude und das benachbarte ehemalige Allianz-Hochhaus zwischen dem Großen Burstah und der Willy-Brandt-Straße leer. Ein neuer Investor ist inzwischen gefunden. Der Abriss beschlossene Sache. Nach Angaben der Immobilien Zeitung soll auf dem Areal ein Büroquartier, ergänzt durch Luxus-Wohnungen und Ladenflächen entstehen. Baubeginn ist allerdings erst 2016.

Im Juli brachte Hinz&Kunzt eine Zwischennutzung ins Spiel. Doch Probst Johann-Hinrich Claussen erklärte, man habe das Gebäude bereits dem städtischen Unterkunftsbetreiber fördern & wohnen angeboten. Allerdings erfolglos. Eine Unterbringung sei „nicht zulässig“ – im Wesentlichen aus Brandschutzgründen. Das leerstehende Gebäude rückte damals in den öffentlichen Fokus, weil die Eigentümer das Gelände einzäunen ließen und damit etwa 30 Obdachlose vertrieben, die unter dem Vordach des Allianz-Gebäudes nächtigten.

Jetzt, vier Monate später, wird aus dem Leerstand doch noch eine Notunterkunft. Innerhalb von zwei Wochen wurden die für den Brandschutz notwendigen Baumaßnahmen durchgeführt. Verteilt auf drei Stockwerke können etwa 200 Menschen Platz finden. Allerdings teilen sich teilweise mehr als 30 Personen einen Raum. Immerhin aber auf weichen Matratzen, die der Hotel- und Gaststättenverband spendete. „Und im Ergeschoss gibt es eine Kleiderkammer, die von Ehrenamtlichen betrieben wird“, sagt Kirchenkreis-Pressesprecher Wolfgang Främke. Auch Bettwäsche und Pflegeprodukte wurden gespendet. Bis zum März bietet die Kirche jetzt sogenannten Transitflüchtlingen in dem Gebäude zumindest für eine Nacht Schutz.

Derzeit warten am Hauptbahnhof hunderte Flüchtlinge auf ihre Weiterreise nach Skandinavien. Die Nächte verbrachten sie zuletzt in Räumen der Caritas in der Danziger Straße und in der Al-Nour-Moschee in St. Georg. Auch das Schauspielhaus und der Musikclub Docks hatten zeitweise Schlafplätze angeboten. Direkt am Hauptbahnhof will der Paritätische Wohlfahrtsverband zudem Flüchtlinge im Bieberhaus unterbringen.

In den kommenden Tagen könnte der Andrang am Hauptbahnhof zunehmen. Denn inzwischen hat auch Schweden als Reaktion auf die große Zahl eintreffender Flüchtlinge wieder Grenzkontrollen eingeführt. In Hamburg droht deswegen ein „Rückstau“. Helfer hatten zuletzt mehr Unterstützung aus der Politik eingefordert. Zusammen mit dem Bündnis „Never mind the papers“ rufen sie am Samstag zu einer Demonstration für die Rechte der Flüchtlinge und für eine bessere Unterbringung auf. Denn bislang helfen die Behörden nicht am Hauptbahnhof. Lediglich das Kirchenbündnis und die Moschee sind aktiv. Die jetzt geschaffenen zusätzlichen Schlafplätze werden am Hauptbahnhof zumindest zu einer ersten Entlastung führen – auch bei den ehrenamtlichen Helfern.

Text: Jonas Füllner
Fotos: Jonas Füllner und Simone Deckner