Wilhelmsburg : BSU und Bezirk verhindern Unterkunft

Die Sozialbehörde wollte 1000 Plätze für Flüchtlinge in einem Containerdorf einrichten – und scheiterte am Widerstand der Stadtentwicklungsbehörde und des Bezirks. „Es kann nicht sein, dass eine Behörde die andere blockiert“, kritisiert Dirk Hauer von der Diakonie.

Behelfsm‰ssige Fl¸chtlingsunterk¸nfte auf einem Parkplatz in Hamburg
Vor anderthalb Jahren schuf die BASFI zahlreiche Containerplätze für Flüchtlinge am Volkspark. In Wilhelmsburg hingegen stellen sich BSU und der Bezirk quer.

Nach der Ablehnung der Stadtentwicklungsbehörde und des Bezirks Mitte, den ehemaligen Gartenschau-Parkplatz in Wilhelmsburg für ein Flüchtlingscontainerdorf zur Verfügung zu stellen, äußert jetzt die Hamburger Diakonie scharfe Kritik. „Wir müssen aktuell jede Chance zur Unterbringung nutzen, in Wilhelmsburg genauso wie in Harvestehude oder in Blankenese“, so Landespastor und Hinz&Kunzt-Herausgeber Dirk Ahrens. „Die Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen ist zur Zeit eines der größten Probleme in unserer Stadt. Die Menschen brauchen so schnell wie möglich ein Dach über dem Kopf.“

Wie dramatisch die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist, zeigen aktuelle Zahlen der Behörde für Arbeit und Soziales (BASFI). Die Stadt benötige bis Ende 2014 deutlich mehr Unterkunftsplätze als noch im Vorjahr, so Behördensprecher Marcel Schweitzer. „Für rund 1600 Plätze fehlen uns noch geeignete Flächen und Gebäude. Daher ist jede Fläche, auf der die Unterbringung von Flüchtlingen möglich ist, eine Entlastung in der gegenwärtigen Situation.“

Eine solche Lösung wäre eine zeitlich befristete Unterbringung an der Dratelnstraße gewesen, die einem späteren Wohnungsbau nicht im Weg gestanden hätte. Nach Aussage der BASFI ist die Fläche „grundsätzlich für eine temporäre Unterbringung von Flüchtlingen geeignet“. Etwa 500 bis 1000 Menschen hätten in Containern Platz finden können, bestätigt der Bezirk. Doch solch eine Zwischenlösung lehnt die behördenübergreifende Lenkungsgruppe, zu der auch Vertreter aller Bezirke gehören, ab. „Wir wollen die Fläche für den Wohnungsbau zur Verfügung halten“, so Bezirkssprecherin Sorina Weiland. Dabei liegt bislang nicht einmal ein neuer Bebauungsplan vor.

Fest steht: Seit dem Ende der Internationalen Gartenschau (IGS) ist auf dem Areal nichts mehr passiert. Allerdings hat die Fläche deutlich an Bedeutung gewonnen. Nach der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße würde sie ein Kernstück der geplanten Neuen Mitte Wilhelmsburg bilden. Dirk Hauer vom Diakonischen Werk kann die Entscheidung der Lenkungsgruppe trotzdem nicht nachvollziehen: „Wenn die Stadtentwicklungsbehörde sagt, dass frühestens ab 2017 dort gebaut wird, ist für uns nicht ersichtlich, warum hier eine Zwischenlösung nicht möglich ist.“ BSU-Sprecher Sebastian Magnus Kutz hält dagegen, dass die IBA derzeit die Finanzierungspläne für das Areal prüft. Wie viele Wohnungen am Ende entstehen könnten, sei noch nicht festgelegt. Aber bereits für die Erschließung des Areals werden hohe Kosten erwartet.

Diese Kosten müssten sowieso gedeckt werden: Egal ob hier erst Container stehen oder gleich Wohnungen gebaut werden. Offenbar erwartet der Bezirk vielmehr einen negativen Effekt für den Stadtteil durch ein Containerdorf. „Die Unterbringung von Flüchtlingen auf dieser Fläche widerspricht den stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen“, so Sprecherin Weilland. Dirk Hauer hält dagegen: „Wenn Flüchtlingsunterkünfte gut und unter Beteiligung der Nachbarschaft geplant und realisiert werden, können wir keine negativen Effekte auf das Umfeld erkennen.“

Die BASFI sucht indes weiter: Weitere städtische Flächen in Wilhelmsburg am Kurdamm und an der Sanitasstraße würden auf ihre Tauglichkeit überprüft. So könnte bereits im Herbst die Fläche am Kurdamm für zwei Jahre genutzt werden, sagt Behörden-Sprecher Marcel Schweitzer. Geplant seien 126 Plätze für Zuwanderer und Wohnungslose. Allerdings verliert die Behörde im gleichen Zuge etwa 60 Plätze, die in einer Schule am Oststeinbeker Weg bereitstanden. Denn hier soll tatsächlich im kommenden Jahr mit dem Wohnungsbau begonnen werden.

Text: Jonas Füllner

Foto: Action Press / Matthias Braun