Trotz anders lautender Analysen von Ökonomen kommt der Paritätische zu dem Schluss, dass Deutschland noch nie so gespalten war wie heute. Der DGB will Missbrauch von Werkverträgen eindämmen. Hartz IV soll reformiert werden. Unser Wochenrückblick.
Eigentlich sieht es doch ganz gut aus in Deutschland, oder? Die Arbeitslosigkeit ist niedrig wie lange nicht mehr, so viele Menschen wie nie haben einen sozialversicherungspflichtigen Job und der Staat muss immer weniger Schulden machen. Dem stimmt auch der Paritätische Gesamtverbund zu, aber trotzdem kommt er in einer aktuellen Studie zu einem äußert pessimistischen Ergebnis: „Deutschland war noch nie so gespalten wie heute“, sagt der Verbandsvorsitzende Rolf Rosenbrock in der Frankfurter Rundschau. Denn die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt werde beispielsweise durch die wachsende Zahl der Minijobs, schlecht bezahlte Teilzeitstellen und immer mehr befristete Arbeitsverhältnisse konterkariert. Der Paritätische will mit seiner Analyse die sonstigen rein ökonomischen Gutachten hinterfragen, die ein allzu rosiges Bild der Gesellschaft zeichnen. Hinz&Kunzt findet: Das ist auch bitter nötig!
Zum Beispiel um aufzudecken, wie immer wieder Schindluder mit den so genannten Werkverträgen getrieben wird. Schon oft hat Hinz&Kunzt darüber berichtet, wie Arbeitnehmer damit ausgebeutet werden. Zuletzt schrieben wir über die ausbeuterischen Zustände in einer norddeutschen Wurstfabrik. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat in dieser Woche mehr Rechte für Betriebsräte gefordert. Der designierte DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann verlangt, dass sie in Zukunft Neueinstellungen über Werkverträge mit einem Veto-Recht verhindern können. Unternehmen sollen den Betriebsräten demnach künftig offenlegen und rechtfertigen müssten, warum sie Leiharbeiter oder Werkvertragler einsetzen wollen. Eine sinnvolle Forderung!
Vielleicht wird sich auch die Rechtslage für Hartz-IV-Empfänger bald verbessern. Für den Herbst ist offenbar eine Reform der Hartz-Gesetze geplant. Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, tauschen eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe und die Bundesagentur für Arbeit derzeit Vorschläge aus, wie die Hartz-IV-Regeln vereinfacht werden können. Aber ob das zu Gunsten der Leistungsbezieher ausgehen wird? Der Paritätische Gesamtverband warnt davor, die Reform auf ihrem Rücken auszutragen und spricht von „unzumutbaren Verschärfungen“, wenn zum Beispiel diskutiert wird, bei versäumten Terminen umgehend die Gelder zu streichen. Wir werden die Debatte in den kommenden Monaten kritisch begleiten.
In Bangladesch jährte sich in dieser Woche der Einsturz der Rana-Plaza-Fabrik, bei dem über 1100 Menschen starben und 1500 verletzt wurden. Bereits vor zwei Wochen hatten wir berichtet, dass die meisten Opfer bis heute auf eine Entschädigung durch die beteiligten Unternehmen warten. In dieser Woche haben das entwicklungspolitische INKOTA-Netzwerk, die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation Medico International und die Gewerkschaft Verdi die gemeinsame Initiative #untragbar gestartet. Ziel der Kampagne ist es, die Textilhandelsunternehmen haftbar für die Folgen der Arbeitsbedingungen in den asiatischen Fabriken zu machen. Unterstützenswert, denken wir.
Text und Foto: Benjamin Laufer