„Wir wollen dich hier nicht!“

Straßenkinder fliehen vor Vernachlässigung oder Missbrauch auf die Straße. Dort führen sie ein Leben zwischen Traum und Trauma

(aus Hinz&Kunzt 168/Februar 2007, Jugendausgabe)

Jessy ist 17, seit fünf Jahren Punk: Ihre Haare hat sie selbst gefärbt, die alte Jeans mit Kugelschreiber bekritzelt, an den Schuhen klirren kleine Glöckchen bei jedem Schritt. Um den Hals trägt sie eine Kette mit einem kleinen Totenkopf – ein Geschenk von ihrem Freund Keisake aus Tokio. Sie hat ihn in einem Internetchat kennengelernt, als sie noch aufs Gymnasium ging und davon träumte, irgendwann mal Japanologie zu studieren. Als ihr Leben noch in geordneteren Bahnen verlief.

Die Acht in der Hüfte

Strip-Unterricht für „Jederfrau“: Erlebnisse im Keller eines Farmsener Reihenhauses

(aus Hinz&Kunzt 168/Februar 2007, Jugendausgabe)

Gabi bringt alles mit, wovon „Mann“ träumt: Sie ist knackige 20 Jahre jung, schlank, blond und trotz des winterlichen Hamburger Schmuddelwetters angenehm leicht gebräunt – und sie lernt gerade, wie sie sich Hüften schwingend nach und nach ihre Politessenuniform auszieht. Bis sie nur noch im String dasteht.

Hosen runter für die Kunst!

Jugendredakteur Philipp Runge versuchte sich als Aktmodell

(aus Hinz&Kunzt 168/Februar 2007, Jugendausgabe)

Philipp Runge zog blank: Einen Vormittag lang stand er dem Aktzeichenkurs an der Kunsthochschule in der Armgartstraße Modell.

Voll entblößt

Jugendredakteur Philipp Runge traf sich mit einem bekennenden Exhibitionisten

(aus Hinz&Kunzt 168/Februar 2007, Jugendausgabe)

Boris (33, Name geändert) ist verheiratet und von Beruf Maschinenführer. Auf den ersten Blick ein ganz normaler Typ, mit einer kleinen Besonderheit: Er ist Exhibitionist. In einem Internet-Forum kennengelernt, traf ich mich mit ihm in Bielefeld. Mich interessierte, wie ein Exhibitionist mit seinem Drang umgeht, wie er denkt und ob er sieht, dass er Probleme hat und anderen Probleme bereitet.

In 40 Seiten um die Welt

[ju:ni:k] ist da! In dem neuen Jugendmagazin berichten junge Reporter über internationale Hilfsprojekte. Jeder Käufer ist auch Spender

(aus Hinz&Kunzt 156/Februar 2006)

Mal ehrlich – wer kann heute noch von sich behaupten, er wäre über alles, was in der Welt so vor sich geht, bestens im Bilde? Ich denke mal, die Zahl nimmt in allen Altersgruppen ab. Dennoch sind es oft Kinder und Jugendliche, denen ein allgemeines Desinteresse vorgeworfen wird. Ein Vorurteil – das sage ich nicht nur, weil ich selbst jugendlich bin, sondern auch, weil ich jemanden getroffen habe, der alles andere als desinteressiert ist.

Mein Vater ist mein Engel

Mit zwölf konnte Monika nicht verstehen, warum ein geliebter Mensch sterben muss. Sie wurde magersüchtig. Heute hat sie ihren Frieden mit dem Tod gemacht

(aus Hinz&Kunzt 156/Februar 2006)

Als Monika (Name geändert) zehn Jahre alt ist, erkrankt ihr Vater an Krebs. Zwei Jahre später stirbt er. Heute, nach sechs Jahren, blickt sie zurück und spricht über die härtesten Erlebnisse ihres Lebens.

Rendezvous mit dem Ritter von Sandhatten

Einmal dem Alltag entfliehen und ein Wochenende lang jemand anderes sein: ein mutiger Spion, ein kühner Samurai. Das Rollenspiel macht‘s möglich

(aus Hinz&Kunzt 156/Februar 2006)

Es klingelt an der Tür. Verdutzt schaue ich meinen Kumpel Basti an. „Kann es losgehen?“, fragt er mich mit einem breiten Grinsen. An meinem Blick angesichts seines Aufzugs stört er sich nicht. Neonblaues Piratenhemd, schwarze Lederhose, hochgeschnürte Stiefel und noch ein Tuch um den Kopf geknotet, so steht er vor mir. Ich hätte wissen müssen, dass er als passionierter Rollenspieler in voller Montur erscheint. Am liebsten würde ich die Tür wieder schließen. Für einen Rückzieher ist es jetzt zu spät.

St. Pauli ist deutscher Meister – und keiner hat’s gemerkt

Dank Kraft und Mut, Taktik und Teamgeist: Die Rugby-Frauen des FC St. Pauli sind Rekordsieger in der Bundesliga

(aus Hinz&Kunzt 156/Februar 2006)

15 Frauen in Braun-Weiß stürmen aus dem kleinen Backsteinhaus auf den Rasen. Ihre Gegnerinnen in den roten Trikots vom RC Leipzig warten schon. Zwischen die aufgereihten Mannschaften wird der ovale Ball gelegt, und Johanna Jahnke (22), die Kapitänin des FC St. Pauli, gibt das Kommando zum Anstoß. Das Rugbyspiel beginnt.

Brücke zu den Sternen

Hamburgs Kinder-Hospiz – ein Ort, um in Würde Abschied zu nehmen

(aus Hinz&Kunzt 144/Februar 2005)

In Hamburg gibt es einen Ort, an dem Kinder und Jugendliche, die unheilbar krank sind, in Frieden sterben können: das Kinder-Hospiz Sternenbrücke. Dass dort nicht nur Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung herrschen, habe ich bei einem Besuch selbst erlebt.

Der Verein wurde 1999 gegründet, das Haus 2003 eröffnet. Schwerkranke Kinder, die eine begrenzte Lebenserwartung haben, können dort mit ihren Familien die letzten Tage verbringen oder auch „Urlaub vom Krankenhaus“ machen.

Zu Hause können die Kinder aus medizinischen Gründen meist nicht mehr gepflegt werden, oft gibt es auch noch Geschwister-kinder, die versorgt werden müssen. Und ein Aufenthalt im Krankenhaus ist weder für die Kinder noch für die Angehörigen schön: weiße Wände, Hektik, das Ziel, Leben auch um den Preis der Würde zu erhalten, und das ständige Gefühl, nicht da zu sein, wo das Leben spielt, machen ein würdevolles Sterben und Abschiednehmen fast unmöglich. Allerdings ist gerade das wichtig für die Angehörigen, um irgendwann weitermachen zu können.

Das Kinder-Hospiz ist anders: Schon die Umgebung der alten Villa im Hamburger Westen, die komplett umgebaut und liebevoll eingerichtet ist, strahlt Ruhe aus. Zwischen hohen alten Bäumen in einem Park steht das große, weiße Gebäude. Zum Interview-Termin werden wir nett begrüßt. Am Eingang fallen gleich die Sterne mit Namen auf, die an die Wand gemalt sind. Es sind die Namen der jungen Patienten, die hier schon einmal zu Besuch waren. Die Wände und die Einrichtung sind ganz in warmem Gelb und Blau gehalten. Nichts lässt hier an Krankenhaus denken.

Wir sprechen mit Uwe Sanneck, Trauerbegleiter, Pädagoge und Gründungsmitglied des Fördervereins Sternenbrücke. Alle, die im Hospiz arbeiten, müssen sich vorher in einem Kurs darauf vorbereiten, erklärt Sanneck. Um die Erlebnisse zu verarbeiten und auch um die Angehörigen möglichst gut unterstützen zu können, dürften sie ihre Trauer, ihre Gefühle niemals verstecken oder herunterschlucken. Denn „jede nicht geweinte Träne schlingt sich um das Herz, und irgendwann zerplatzt es“, sagt Sanneck.

Das ist einer der wichtigsten Grundsätze des Kinder-Hospizes: helfen durch Offenheit und Gespräche. Denn, wie Sanneck sagt, der Abschied von einem geliebten Menschen könne nicht erleichtert, er könne nur ermöglicht und „gelebt“ werden. Es soll den Hinterbliebenen gezeigt werden, dass sie die Erinnerung an ihr Kind und an den Tod ihres Kindes nicht loslassen, sondern in ihr weiteres Leben integrieren müssen. Er spricht vom „Brücken bauen“, Brücken zu Abschied, Trauer oder tiefer Verzweiflung. Man merkt, dass er nicht nur davon spricht, sondern es tut, hier in der Sternenbrücke.

Im Hospiz sollen die Patienten, hier die Kinder und Jugendlichen, in Würde sterben. Für Uwe Sanneck bedeutet Würde: „bewusst“ sterben, sich nicht vor dem Tod verstecken. Die Patienten sollen möglichst schmerzfrei sterben, und man tut alles dafür, dass die Sterbenden über das, was für sie wichtig ist, bestimmen können und Dinge und Menschen um sich haben, die ihnen lieb sind.

Beim Rundgang durch das Gebäude ist es schon dunkel und das ganze Haus still. Die Zimmer der Kinder sind um einen großen Innenhof angeordnet, der von großen bunten Leuchtkugeln erhellt ist. So entsteht eine Atmosphäre der Zusammengehörigkeit und Ruhe.

Eines der Zimmer gehört David Rudolph. Er ist zehn und leidet an einer Stoffwechselkrankheit. Er kann nicht mehr sehen und nicht mehr sprechen, doch er nimmt seine Umgebung über Geräusche, Gerüche und Berührungen trotzdem genau wahr. Seine Mutter wohnt nicht mit im Kinder-Hospiz, da sie hochschwan-ger ist. Prinzipiell gibt es aber auch Platz für die Familien der jungen Patienten.

Für Eltern ist es der größte Albtraum, gesagt zu bekommen, dass ihr Kind in absehbarer Zeit sterben wird. Solch eine Nachricht zerrüttet die ganze Familienstruktur. Und die Fragen nach dem „Warum“ kann keiner beantworten. Die Menschen reagieren schockiert, hilflos und meist auch wütend auf Gott oder das Schicksal.

Auch für Angehörige, Bekannte und Freunde ist die Situation nicht leicht. Wie soll man mit jemandem umgehen, der weiß, dass er nicht mehr die Möglichkeit hat, sein Leben nach seiner Vorstellung zu gestalten? Doch der Tod eines Kindes, so Sanneck, sei immer auch eine Botschaft. Das Leben der Angehörigen bekommt eine ganz neue Bedeutung, die Wertvorstellungen ändern sich. Auf einmal ist es nicht mehr so wichtig, materiellen Reichtum zu besitzen. Es wird wichtiger, sein Leben zu genießen und sich seines Wertes bewusst zu sein.

Lea Frehse

„Ich sehe was, was du nicht siehst“

Phantasie braucht kein Licht: Wie der blinde Student Jan Twesten (28) Hamburg erlebt

(aus Hinz&Kunzt 144/Februar 2005)

Hamburg. Das ist die geilste Stadt überhaupt. Hier bin ich aufgewachsen, hier will ich bleiben. Doch gesehen habe ich meine Stadt noch nie. Dafür höre ich sie täglich, fühle, rieche und schmecke sie – und das wohl intensiver als viele andere.