Netzwerk INSP : Straßenzeitungsverkäufer im Mittelpunkt

122 Straßenzeitungen, 28.000 Verkäufer – weltweit sind sie verbunden durch das Netzwerk INSP, das im Februar die Internationale Woche der Straßenzeitungsverkäufer ausruft. Im Mittelpunkt stehen die Verkäufer und ihre Geschichten.

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Überall auf der Welt versuchen Straßenzeitungsprojekte, ihren Verkäufern aus Obdachlosigkeit und Armut zu helfen. Nicht nur mit der Zeitung selbst, sondern mit engagierten Sozialarbeitern und umfangreichen Programmen.

Von seinem Hauptsitz in Glasgow in Schottland aus unterstützt das International Network of Street News Papers (INSP) seit 20 Jahren Straßenzeitungen weltweit. INSP gibt Tipps für die Gründung eines Magazins und seine Finanzierung, Ideen für die Redaktionsarbeit, Hilfe bei der Zusammenarbeit mit Festangestellten und freien Verkäufern und Unterstützung beim Aufbau von Netzwerken. Seit der INSP-gründung 1994 ist die Zahl der Leser der zum Netzwerk gehörenden 122 Zeitungen auf mehr als sechs Millionen gestiegen. 40 Millionen US-Dollar haben 28.000 Straßenzeitungsverkäufer im vergangenen Jahr verdient.

Aber das sind nur Zahlen. Sowohl für INSP als auch für die Straßenzeitung steht etwas ganz anderes im Mittelpunkt der Arbeit: die persönlichen Geschichten und Schicksale der Verkäufer. Diese zeigen immer wieder die Stärke der Straßenzeitungsbewegung, nämlich Leben verändern zu können – und Einfluss auf die öffentliche Meinung über Obdachlose zu nehmen.

Da ist zum Beispiel Patrick, der fiftyfifty in Düsseldorf verkauft. Er begann wegen Problemen zu Hause Heroin zu nehmen. Der Drogenkonsum führte zur Obdachlosigkeit, er infizierte sich mit HIV. Doch der fiftyfifty -Verkauf des Straßenmagazins hat ihm geholfen, sich mit seiner Diagnose abzufinden und nach vorne zu schauen: „Ich verkaufe fiftyfifty seit Juli 2008, bin jetzt clean und mache alles, was das Arbeitsamt mir anbietet. Ich male wieder, mit Pinseln und auf dem Bildschirm und wenn ich genug Bilder habe, darf ich diese in der fiftyfifty Galerie ausstellen. Ich blicke jetzt in die Zukunft, da man die Vergangenheit nicht ändern kann“, sagt Patrick.

Auch Emma Folan lebt mit einer Krankheit. Die Verkäuferin von The Big Issue in the North aus dem Norden Englands hat Lernschwierigkeiten und litt jahrelang unter Depressionen nachdem die eine gewaltsame Beziehung hinter sich brachte. Emma sagt: „Das Verkaufen von The Big Issue in the North hilft mir mit meinen psychischen Problemen fertigzuwerden. Es gibt mir einen Grund morgens aufzustehen. Hätte ich diese Motivation nicht, würde ich nur zu Hause herumsitzen und in Selbstmitleid versinken. Es ist wirklich eine Rettungsleine für mich. Meine Botschaft an Obdachlose ist: Wenn ich es schaffen kann, mein Leben ins Lot zu bringen, dann kann das jeder.“

Reginald begann 2008 Street Sense in Washington, der Hauptstadt der USA, zu verkaufen. Seitdem ist der obdachlose Reginald nicht nur im Verkauf der Zeitung tätig, sondern leistet auch einen Beitrag in Form von Poesie und Prosa, eignet sich mit Unterstützung der Mitarbeiter von Street Sense journalistisches Know-how und Designfähigkeiten an und belegt einen Schreibkurs. Vor allem aber kämpft er für die Akzeptanz von Obdachlosen: „Es gibt so viel Geld und politische Initiativen gegen Obdachlosigkeit, aber niemand schaut uns ins Gesicht. Sie gehen einfach an uns vorbei. Klar, ich bin vielleicht obdachlos, aber ich habe sehr viel zu bieten!“

Patrick, Emma, Reginald und tausende weitere Verkäufer weltweit haben die ersten Schritte getan, ihr Leben in den Griff zu kriegen. Zu seinem 20. Geburtstag wünscht sich das Netzwerk INSP, dass die Verkäufer und ihre Magazine weltweit miteinander verbindet: Bleibt stehen und redet mit den Verkäufern in eurer Stadt! Kauft eine Ausgabe und werdet ein Teil der bedeutendsten sozialen Bewegung der Welt!

Text und Fotos: INSP/Street News Service

Vom 3. Bis 9. Februar begeht INSP die Internationale Woche der Straßenzeitungsverkäufer (Vendors‘ Week). Hinz&Kunzt beteiligt sich daran mit der Veröffentlichung von Geschichten von Verkäufern aus der ganzen Welt – von Murry aus Chicago über Mirabella und Ionel aus Hamburg bis Greg in Melbourne: www.hinzundkunzt.de/vendorsweek-2014