„Ich will mehr!“

Thomas (50) verkauft seit zwei Monaten Hinz&Kunzt an den Großen Bleichen.

(aus Hinz&Kunzt 216/Februar 2011)

Tod eines Hinz&Künztlers

Hinz & Kunzt-Verkäufer Roland Ziege ist tot. Er starb am Morgen des 1. Februar in einer Zelle der Polizeiwache 12 (Altstadt). Die Dienststelle für Interne Ermittlungen hat eine Untersuchung eingeleitet.

(aus Hinz&Kunzt 145/März 2005)

„Ich will nicht noch mehr Mist bauen“

Marco L., 38, verkauft seit April 2008 das Straßenmagazin
(aus Hinz&Kunzt 206/April 2010)

marcoWie es sich anfühlt, zu einer Familie zu gehören, weiß Marco. Aber nicht, wie es ist, sie zu behalten.
Seinen leiblichen Vater kennt er gar nicht. Seine Mutter arbeitete Tag und Nacht als Kellnerin. Der Stiefvater beachtete ihn nur, wenn er ihn prügelte.
In seiner Kindheit gab Marcos Oma ihm so etwas wie ein Zuhause. Als sie starb, haute der 13-jährige Marco ab. „Ich bin total durchgedreht und wollte nur noch weg.“ Auf dem Hamburger Kiez – nur ein paar Hundert Meter von der elterlichen Wohnung, aber Welten von einer behüteten Kindheit entfernt – schlug er sich alleine durch. „Mit Diebstahl und Prostitution und so“, sagt der 38-jährige Hinz&Künztler.
In mehrere Heime hätten sie ihn gebracht, aber da sei er immer wieder abgehauen. Noch als Teenager fing er mit Drogen an. Das erste Koks bekam er „von einem guten Freund, der jetzt tot ist“.
Mit Anfang zwanzig verliebte Marco sich. Er heiratete die Frau und zog mit ihr in eine Kleinstadt in Schleswig-Holstein. Sie hatte schon drei Kleinkinder aus einer früheren Beziehung, gemeinsam bekamen die beiden noch einen Sohn. Seine Frau verdiente das Geld, Marco schmiss den Haushalt für die sechsköpfige Familie. Sieben Jahre lang blieb er clean.
„Dann der Rückfall“, sagt er. „Ich glaube, ich war überfordert: der Haushalt, die Kinder. Du musst immer nett sein, auch wenn sie rumschreien und zanken.“ Marco brach aus dem Leben als Hausmann aus. Er landete auf der Straße und geriet wieder in den Kreislauf der Sucht: Das Geld dafür beschaffte er auch auf illegalem Weg. Mehrmals stand Marco deswegen vor Gericht, zuletzt am 26. September 2009. Ein wichtiges Datum, denn damals beschloss er: „Ich will nicht noch mehr Mist bauen.“ Seitdem bekommt er Methadon, eine Ersatzdroge, die er nicht in der Szene kaufen muss, sondern beim Arzt abholt.
Seinen Alltag bestimmen mittlerweile nicht mehr die Drogen, sondern Hinz&Kunzt: Jeden Tag verkauft er das Straßenmagazin und kommt in den Vertrieb in der Altstädter Twiete, auf einen Kaffee und zum Klönen. „Hier werde ich anerkannt“, sagt Marco. „Hier ist jetzt meine Familie.“

H&K: Wo wohnst du derzeit? Und wie ist es da?
Marco: In einem Zimmer zur Untermiete bei einer Bekannten. Da wohnen auch noch ihr Freund und zwei Hunde.

H&K: Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?
Marco: Ich will unbedingt meine eigene Wohnung. Ich würde sie von dem Geld, das ich mit Hinz&Kunzt verdiene, einrichten. Dann kann mich auch mein Sohn besuchen und meine Mutter.

H&K: Wo ist dein Lieblingsplatz in Hamburg?
Marco: In der Sternschanze, da sind die Leute in Ordnung, da macht mich nie einer blöd an.
Text: Beatrice Blank
Foto: Mauricio Bustamante

Mach’s gut, Fred …

Wir können es noch immer nicht glauben: Unser langjähriger Verkäufer, Freund und Mitstreiter Fred Kötteritzsch ist tot. Am 31. März starb er im Krankenhaus in Wilhelmsburg
(aus Hinz&Kunzt 195/Mai 2009)

„Man hatte mich regelrecht ausgelöscht“

Hinz&Künztler Fred Hauschka versuchte dreimal, aus der DDR abzuhauen. Kurz bevor die Mauer fiel, gelang ihm die Flucht vor einem System, das ihm seine Zukunftschancen auch im goldenen Westen gründlich vermasselt hat

(aus Hinz&Kunzt 200/Oktober 2009)

Er ist ja doch noch ein ordentlicher sozialistischer Bürger geworden. Er geht einer geregelten Arbeit nach, zeigt sich zuverlässig und fleißig, übererfüllt die an ihn gerichteten Leistungsnormen sogar, damit es weiter aufwärtsgeht mit dem Arbeiter- und Bauern-Staat. Nur besucht er leider noch immer diese Bibelstunden – Fred Hauschka wird dieses „Zeugnis“ erst nach dem Fall der Mauer lesen. Er findet es in seiner Stasi-Akte, notiert kurz vor seiner Flucht in die Bundesrepublik.

Trinkgeld für die Natur

Vom Waisenkind in Berlin zum Baumpaten in Lüneburg: Die Geschichte
von Hinz&Kunzt-Verkäufer Gustav Diesterhöft

(aus Hinz&Kunzt 201/November 2009)

Blaues Seemannshemd, ausgebleichte Jeans, Parka und Elbsegler – so kennen die Menschen in Lüneburg Hinz&Kunzt-Verkäufer Gustav Diesterhöft. Ein freundlicher Mann mit blitzenden Augen und Berliner Akzent. Ein jahrelang Obdachloser, der nach dem Tod seiner Frau die dunkelsten Jahre seines Lebens durchschritt. Für eine Baumpflanzaktion hat Gustav Diesterhöft jetzt das Trinkgeld der vergangenen zwölf Monate gespendet – 500 Euro. Wir treffen den Verkäufer, der in diesen Tagen 65 wird, in seiner Wohnung im „Hospital zum Großen Heiligen Geist“, einer Stiftung, die vor mehr als 750 Jahren für Bedürftige gegründet wurde.

Immer die Deckung oben halten!

Sandra und Sascha haben schon manchen Tiefschlag kassieren müssen. Beim Boxtraining machten die beiden Hinz&Künztler jetzt eine ganz neue Erfahrung: Auch beim Kämpfen kann es fair zugehen – wenn sich alle an die Regeln halten

(aus Hinz&Kunzt 202/Dezember 2009)

„Nicht lockerlassen!“

Seit 15 Jahren schreibt Hinz&Kunzt-Verkäufer Erich Heeder an Politiker – jetzt macht er ein Buch daraus
(aus Hinz&Kunzt 185/Juli 2008)

Erich Heeder schreibt an Bürgermeister Henning Voscherau. Erich Heeder schreibt an Bürgermeister Ortwin Runde. Erich Heeder schreibt an Bürgermeister Ole von Beust. Briefe an Fraktionsvorsitzende und Bezirks-amtsleiter, an Sozialsenatorinnen und Bundesminister. An Zeitungen, Unternehmen und Verbände. Heeder ist Hinz&Kunzt-Verkäufer. Seine politische Korrespondenz aus 15 Jahren bringt der 55-Jährige demnächst als Buch heraus – 600 Seiten stark.

„Er soll wissen: Ich bin immer für ihn da“

Unser Hexenhäuschen hat zwei Menschen wieder zusammengebracht, die jahrelang keinen Kontakt mehr zueinander hatten: Hinz&Künztler Peter Konken und seine Schwester Katrin Johnsen
(aus Hinz&Kunzt 178/Dezember 2007)

Heute noch kommen Katrin Johnsen die Tränen, wenn sie sich an den Tag erinnert, an dem ihr Bruder Peter spurlos verschwand. „Ich konnte es einfach nicht begreifen“, sagt die 42-Jährige. Fünf Jahre ist das her.