Spendensammeln im Netz

Fans finanzieren Album

Beim so genannten Crowdfunding unterstützen viele Einzelpersonen mit Internetspenden die Projekte von Künstlern. Die Idee setzt sich immer mehr durch. Auch der Hamburger Singer/Songwriter Wolfgang Müller sammelt so Geld für sein neues Album.

Strampler für lau

Bei „komm tauschen“ in Rahlstedt bezahlen Eltern für Kinderkleidung keinen Cent: Sie tauschen gegen Klamotten, die ihren eigenen Babys zu klein geworden sind. Das Angebot kommt gut an. Trotzdem muss der Tauschladen vermutlich am Ende des Jahres schließen.

(aus Hinz&Kunzt 234/August 2012)

Die Auswahl im Tauschladen ist riesig: Viele Eltern mit einem geringen Einkommen werden hier fündig.

Elisa hat wieder ganz schön zugelegt. Das soll sie auch, sie ist ja gerade mal sechs Monate alt. Aber immer, wenn Elisa ein Stückchen wächst und ein paar Hundert Gramm zunimmt, ist eine neue Garderobe fällig. Über den Klamottenverschleiß ihrer kleinen Tochter lacht Mama Franziska Stein und streichelt Elisa übers runde Bäuchlein. Denn Franziska Stein hat in ihrem Stadtteil Rahlstedt eine gute Quelle für immer größere, günstige Hemdchen, Höschen und Röckchen. Im Tauschladen der Hamburger Arbeit (HAB) ist die Auswahl an Kinder­kleidung riesig – und sie kostet keinen Cent. Denn bei „komm tauschen“ geht es nicht ums Geld. Wer Kinderkleidung oder Spielzeug bringt, bekommt dafür eine Gutschrift. Es gilt: ein Teil, ein Punkt. Bei hochwertigen Artikeln auch mehr. Auf Papiergutscheinen werden die Tauschpunkte notiert, mit ­denen die Kunden dann weiter einkaufen.

Ohne draufzuzahlen kann Mama Franziska Stein so die Bodys, die ihre Elisa vor vier Wochen noch getragen hat, gegen solche tauschen, die auch jetzt passen. Das Konzept kommt gut an. Im Rahlstedter Tauschladen ist mächtig was los. Bis zu 30 Kunden kommen pro Tag. Mütter und Kinder stöbern im Sortiment. Die Kinderklamotten hängen nach Größen sortiert auf kleinen Kleiderbügeln. Zwischen den Ständern stehen ein Kinderwagen und ein Kinderreisebett. In einer großen Kiste drängeln sich Plüschelefanten, -bären und -enten.

Alexandra Kleine hat einen richtigen Schatz gefunden: ein Regencape für den Kinderfahrradsitz. „Das hat mir noch gefehlt. Im Laden könnte ich mir das nie leisten“, sagt die Mutter von ­Jonas. Überhaupt hat Alexandra Kleine fast alles, was der Anderthalbjährige braucht, aus dem Tauschladen. Auch das, was er heute trägt: vom marineblauen Windbreaker über die Jeans bis zu den Schuhen. „Seit er auf der Welt ist, hole ich für Jonas alles hier.“ Sie sagt es mit Wehmut. Denn lange wird es den Rahlstedter Tauschladen wohl nicht mehr geben.

Ab 2013 wird die Hamburger Arbeit keine Arbeitsgelegenheiten mehr betreuen. Zurzeit gibt es in den Projekten der HAB noch rund 700 Ein-Euro-Jobs, aber kein Vertrag läuft länger als bis zum 31. Dezember 2012. Denn die HAB richtet sich neu aus und konzentriert sich künftig auf zwei Kernbereiche: Zum einen bleibt sie in der Schuldnerberatung aktiv. Zum anderen bietet sie sogenannte flankierende Maßnahmen an: 40 Sozialbetreuer begleiten langzeitarbeitslose ­Menschen, um sie mittelfristig wieder in den regulären ­Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Neuausrichtung ist nötig, weil die HAB sich laut eigenen Angaben in „erheblichen ­wirtschaftlichen Schwierigkeiten“ befindet.

Seit 1983 war die städtische Beschäftigungsgesellschaft ein Schwergewicht auf dem zweiten Arbeitsmarkt. Mit der Arbeitsmarktreform 2005 ist der Umsatz laut Sozialbehörde um drei Viertel zurückgegangen: 2004 betrug der Umsatz der HAB noch 47,3 Millionen Euro, 2011 nur noch 13,5 Millionen Euro. Rote Zahlen schreibt man seit drei Jahren. Zufall oder nicht: Kurz zuvor, im Jahr 2008, gab Detlef Scheele, jetzt Sozialsenator der Stadt, den Posten als HAB-Geschäftsführer auf. 2011 gab es ein Minus von rund 2,24 Millionen Euro. 6,87 Millionen Euro seien zur Sanierung der HAB ­vorraussichtlich nötig, so die Sozialbehörde, im schlimmsten Fall sogar bis zu 9,9 Millionen Euro.

Grund dafür ist letztlich, dass die Bundesagentur für Arbeit seit 2010 die Zahl der Ein-Euro-Jobs erheblich reduziert hat: Bis dahin gab es rund 300.000, heute (Stand Juni 2012) sind es nur noch 141.000. Die Bundesregierung hatte die Mittel für Arbeitsmarktpolitik drastisch gekürzt. Seit 2011 gibt es zudem schärfere Bedingungen dafür, welche Stellen als ­Arbeitsgelegenheiten überhaupt zulässig sind. Für die HAB heißt das: Die Projekte, die ja überhaupt erst mit Arbeitsgelegenheiten möglich geworden sind, können nicht weiter bestehen. Dazu gehört auch der „komm tauschen“-Laden in Rahlstedt und vier weitere in Neugraben, Schnelsen, Lohbrügge und Eidelstedt. Denn alle Jobs hier werden von Ein-Euro-Jobbern erledigt: Sie nehmen Kinderklamotten an und kümmern sich ums Tauschgeschäft. Sie waschen Kleidung und Spielzeuge. Bei Bedarf bessern sie die Stücke aus, nähen kleine Risse zu oder fehlende Knöpfe an. Sie bügeln und ­sortieren die Kleidung, arrangieren sie auf Bügeln und bestücken die Läden entsprechend der jeweiligen Jahreszeit damit.

„Das ist ein sinnvolles Projekt für Eltern mit kleinen ­Kindern. Alle Tauschläden sind an Standorten, an denen es dafür Bedarf gibt. Und das Angebot wird ja auch gut angenommen“, sagt Heike Baumann von der Hamburger Arbeit. Dass die Läden wohl schließen müssen, findet sie auch persönlich schade. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es wohl: „Es würde uns freuen, wenn unsere Idee in der Hand eines anderen Trägers weiterleben könnte.“ Doch das ist nur eine vage Hoffnung.

Alexandra Kleine verstaut Jonas’ neues Regencape im Kinderwagen. Franziska Stein hat zwei Bodys und ein rosa Mäntelchen erstanden – für null Euro. Wo sie so günstig für Elisa einkaufen soll, wenn es „komm tauschen“ in Rahlstedt nicht mehr gibt, weiß sie noch nicht. Klar ist nur: Am Ende geht es doch irgendwie immer ums Geld.

* Die Namen von Müttern und Kindern sind geändert.

Text: Beatrice Blank
Foto: Hannah Schuh 

Pfandflaschensammeln

Das Brot der Armen

Flaschensammeln ein Vergnügen? Ganz und gar nicht, wie Hinz&Künztlerin Steffi Neils aus eigener Erfahrung weiß: Sie sammelt aus der Not heraus, genau wie viele andere Arme. Dementsprechend empört war Steffi, als sie den Artikel „Die Tour wird eine Gaudi“ in unserer Juli-Ausgabe las. Eduard Lüning erzählt darin, wie er mit einem Wohnmobil von Festival zu Festival in ganz Deutschland reist, dort Dosen sammelt – und innerhalb von 30 Tagen schon mal 13.000 Euro verdient.

(aus Hinz&Kunzt 234/August 2012)

StrassenKunzt Edition

Das Spiel mit der Vergänglichkeit

Startschuss für die StrassenKunzt Edition: Mirko Reisser alias DAIM gestaltet das erste Werk. Der Künstler sprüht seit Ende der 80er-Jahre Graffiti an Hamburgs Hausfassaden, heute zieren seine Werke auch Wände in Brasilien und Neuseeland. 

StrassenKunzt Edition

Riks wunderbare Welt

Mit Eliten hat er nichts am Hut. Für den Hamburger Kunstsammler Rik Reinking soll Kunst lebensnah sein und die Welt erklären. Dass das geht, zeigt die neue Kunstedition, die er für Hinz&Kunzt zusammenstellt.

(aus Hinz&Kunzt 234/August 2012)

Meldungen: Politik & Soziales

(aus Hinz&Kunzt 234/August 2012)

Bahnchef will Altonaer Bahnhof verlegen
Der Altonaer Fernbahnhof soll nach Ansicht von Bahnchef Rüdiger Grube zur jetzigen S-Bahn-Haltestelle Diebsteich ­verlegt werden, falls sich der Umzug rechnet. „Kopfbahnhöfe sind nicht mehr ideal“, sagte er der „Welt“. Ob sich eine Ver­legung des Fernbahnhofs nach Diebsteich lohnt, untersuchen jetzt Gutachter. Dafür stellt die Bahn 13 Millionen Euro zur Verfügung. „Die Untersuchungsergebnisse werden gegen Ende des Jahres auf dem Tisch liegen“, sagte ein Bahn-Sprecher Hinz&Kunzt. Die Stadt befürwortet die Verlegung: Auf dem Areal, das dann frei werden würde, ist ein großer Teil der Neuen Mitte Altona mit 3400 Wohnungen geplant. Wird der Bahnhof nicht verlegt, sondern werden die alten Gleise saniert, kann nur ein Teil des neuen Stadtteils mit dann 1500 Wohnungen entstehen. BELA

Kein neues Eigentum im Karoviertel
Auf St. Pauli ist die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verhindert worden. Das Bezirksamt lehnte einen entsprechenden Antrag eines Hausbesitzers im Karoviertel ab und berief sich dabei auf die Soziale Erhaltungsverordnung, die seit Februar in Teilen St. Paulis gilt. Seitdem muss der Bezirk auch bei Luxusmodernisierungen ­zustimmen. Das soll die Zusammensetzung der Nachbarschaft schützen. BELA

Kritik an Arbeitspolitik der Diakonie
Auch diakonische Sozialunternehmen gliedern Betriebsteile aus – zum Nachteil ihrer Beschäftigten. Das ergab eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. So sei etwa kirchliches Küchen- und Reinigungspersonal oft in „Service­gesellschaften“ beschäftigt, wo die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen schlechter seien. Auch Leiharbeit sei trotz ­interner Kritik noch immer üblich. Die Diakonie hat zugesagt, die Studie zu prüfen. Sie weist zugleich darauf hin, dass der enorme Kostendruck auf dem Sozial- und Pflegemarkt es kirchlichen Unternehmen schwer mache, überhaupt mitzu­halten und Arbeitsplätze zu sichern. FK

Neue Mietrichtwerte: Hartz-IV-Empfänger sollen umziehen
Seit April fordert das Jobcenter verstärkt Hartz-IV-Empfänger auf, ihre Mietkosten zu senken. Wie aus der Senatsantwort auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke hervorgeht, stieg die Zahl der Kostensenkungsaufforderungen um mehr als das Fünf­fache: Wurden im Januar 2012 nur 22 Aufforderungen verschickt, waren es im Mai 123. Grund für den sprunghaften Anstieg sind neue Richtwerte für die ­Kosten der Unterkunft von Hilfeempfängern: Für eine Person gelten nun pauschal 327 Euro Kaltmiete. Zuvor waren es je nach Baualtersklasse bis zu 382,50 Euro. SIM

Zomia ist in der Schanze angekommen
Seit Juli stehen die Bauwagen der Gruppe Zomia auf der Brammerfläche im Schanzenviertel. Dem Umzug waren monatelange Verhandlungen um die ­Ausstattung des Platzes und um die Miete vorausgegangen. Die Finanzbehörde, der das Grundstück gehört, wollte zunächst Miete wie für eine Gewerbefläche. Nun zahlen die Zomianer je 60 Euro im Monat. SIM/BEB

Krank und schlecht versorgt im Knast
Die medizinische Versorgung in Hamburger Gefängnissen ist problematisch. Vor allem deshalb, weil vier von 13 Stellen für Ärzte derzeit unbesetzt sind. Eigentlich sollten in den großen Anstalten Fuhlsbüttel/Suhrenkamp und Billwerder mit insgesamt 950 Insassen jeweils zwei Ärzte arbeiten. In Wirklichkeit ist jeweils nur ein Arzt vor Ort. Im Zentralkrankenhaus für Gefangene sind von neun Stellen zwei nicht besetzt. Das geht aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage hervor. Gestellt hatte die Anfrage Farid Müller (GAL), der Vorsitzende des Justizausschusses in der Bürgerschaft. Gefangene hatten sich darüber beschwert, dass beispielsweise in Billwerder nur einmal in der Woche ein Arzt sei, dass sie oft trotz Schmerzen keine Medikamente bekämen, weil kein Fach­personal im Haus sei. Die Justizbehörde räumte ein, dass sie Schwierigkeiten habe, die vakanten Stellen zu besetzen. Bei einer ­akuten Erkrankung würden die Gefangenen „ins Zentral­krankenhaus ausgeführt“, so ein Sprecher. Aber auch das dürfte schwierig sein. Denn die begleitenden Beamten fehlen dann an anderer Stelle. Die Personaldecke ist dünn, weil der Krankenstand extrem hoch ist: Durchschnittlich 36 Tage fehlt ein Vollzugsbeamter im Jahr. BIM

Senat verschärft Wohnraumschutzgesetz
Der Senat will im September über ein verschärftes Wohnraumschutzgesetz beraten. Ziel ist die wirksamere Bekämpfung von Zweckentfremdungen, zu denen neben der gewerblichen Nutzung von Wohnungen und der Vermietung als Feriendomizile (siehe H&K 233) auch Leerstand gehört. ­Dazu soll die Zahl der Mitarbeiter in den Bezirken (derzeit elf) erhöht werden. Die Änderung sieht auch eine Zwischenvermietungspflicht etwa vor Sanierungen vor. Als Beginn des Leerstands zählt künftig der Zeitpunkt des Auszugs des Mieters. Steht eine Wohnung länger als drei Monate leer, muss der Vermieter das bei der Behörde melden. Sonst droht ein Bußgeld. Zudem soll die Stadt leere Wohnungen selbst mit Mietern belegen dürfen. BEB

Verdi-Vize Angelika Detsch nicht in Bürgerschaft
In der Juli-Ausgabe hatten wir berichtet, dass die zweite ­Verdi-Landesvorsitzende Angelika Detsch in der Bürgerschaft die Kürzungspläne der Sozialbehörde befürwortet hätte. Das ist nicht korrekt. Detsch ist Mitglied der Basfi-Deputation, nicht der Bürgerschaft. Sie berät die Sozialbehörde. BELA

Asylbewerbern steht Existenzminimum zu
Asylbewerbern steht ebenso viel Unterstützung zu wie deutschen Hilfeempfängern. Das entschied das Bundesverfassungsgericht. Seit 1993 bekommen Asylsuchende 220 Euro monatlich, oft zu großen Teilen in Form von Sachleistungen oder Gutscheinen. Nach dem Urteil muss der Betrag an den Hartz-IV-Satz von 374 Euro angeglichen werden. In Hamburg betrifft das etwa 4500 Flüchtlinge. Die Sozialbehörde rechnet mit Mehrausgaben von bis zu sechs Millionen Euro jährlich. Der Hamburger SPD-Senat sowie die Fraktionen der Linken und der Grünen begrüßten das Urteil. BELA

Helfer gelten als „Agenten“
Laut Russlands neuem Gesetz über Nichtregierungsorganisationen werden Organisationen, die Geld aus dem Ausland erhalten, als „ausländische Agenten“ eingestuft, wenn sie als „politisch tätig“ gelten. Das könnte auch den Mitternachtsbus St. Petersburg betreffen. Das Projekt wird finanziell vom Diakonischen Werk (DW) Hamburg unterstützt. „Obdachlose werden in Russland kriminalisiert, der Einsatz für sie gilt als politische ­Arbeit“, sagte dazu Sangeeta Fager vom DW Hamburg. Das sei diskriminierend. Der Mitternachtsbus versorgt seit 2001 Obdachlose, bis zu 200 Menschen pro Tag, in St. Petersburg mit Essen und Getränken. BEB

Viele Junge unsicher beschäftigt
Ein Drittel der jungen Beschäftigten bis 35 Jahre arbeitet in prekären Verhältnissen. Das ergibt eine Umfrage der IG Metall. Demnach haben 32 Prozent (2009: 28 Prozent) unsichere Jobs wie befristete Stellen, als Leiharbeiter oder mit Werkverträgen. 90 Prozent der Befragten gaben an, dass sie drohende Arbeitslosigkeit und erzwungene Jobwechsel als belastend empfinden. Zumal oftmals keine Aussicht besteht, dass sich ­dieser Zustand ändert, so Detlef Wetzel, ­Zweiter Vorsitzender der IG Metall: „Prekäre ­Arbeitsverhältnisse sind kein vorüber­gehendes Phänomen zu Beginn des Berufs­lebens, sondern Realität für viele.“ BEB

EU will Rechtsanspruch auf Basiskonto
Für einen gesetzlichen Anspruch auf ein sogenanntes ­Basiskonto hat sich die EU-Kommission in Brüssel ausgesprochen. Selbstverpflichtungen, jedem Bürger zumindest ein Guthabenkonto einzurichten, umgehen Banken bisher immer wieder. EU-weit sollen rund 30 Millionen Menschen betroffen sein, in Deutschland rund 670.000. Über die ­Gesetzesinitiative wird im Januar 2013 entschieden. SIM

Wahnsinnsmieten auf St. Pauli
Die Mieten im geplanten Bernhard-Nocht-Quartier werden immens hoch sein: Für eine 131-Quadratmeter-Wohnung werden 2188,28 Euro Kaltmiete fällig, also 16,70 Euro pro Quadratmeter. „Die Stadt muss bei der Grundstücksvergabe künftig darauf achten, dass keine Luxuswohnungen entstehen“, fordert Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg. Stadtteilinitiativen hatten solche Mieten befürchtet und deswegen jahrelang gegen das Bauvorhaben protestiert. BELA

Wulffsche Siedlung: ein paar Sozialwohnungen
Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau verspricht den Bau von Sozialwohnungen bei der Neugestaltung der Wulffschen Siedlung in Langenhorn-Nord. Nach Abriss und Neubau der 34 Wohnblöcke soll es dort rund 700 Wohnungen (bisher: 546) geben. Unter den 150 neuen Wohnungen werde „ein hoher Anteil“ (Stadtentwicklungsbehörde) Sozialwohnungen sein. Wie viele genau, werde noch mit den Investoren verhandelt. Senatorin Blankau sagte, sie wünsche sich „einen Anteil von 60 Prozent“. 30 Prozent würden es in jedem Fall. Das entspricht in Hamburg der Vorgabe für alle Wohnungsbauprojekte. Im besten Fall könnten also 100 der 700 Wohnungen mit Quadratmeterpreisen zwischen 5,90 und 8 Euro verhältnis­mäßig günstig sein, im schlechtesten Fall wären es nur 50.
So oder so zahlen die meisten Mieter nach dem Umbau drauf: Der Verwalter konnte keine konkreten Zahlen nennen, sagte aber, dass man sich bemühe, „in die Nähe der heutigen Warmmieten“ von durchschnittlich 10 Euro pro Quadratmeter zu kommen, „plus einem Modernisierungszuschlag“. BEB

Breite Straße: Abriss oder nicht?
In Altona ist ein Konflikt um die letzten Gründerzeithäuser in der Breite Straße entflammt. Mit den Stimmen von SPD, CDU, Grünen und FDP hat sich der Planungsausschuss der Bezirksversammlung Anfang Juli gegen den Erhalt der Häuser in der Breite Straße 114 und 116 ausgesprochen. Der Besitzer plant nach dem Abriss den Neubau von Wohnungen. Weil die Häuser seit Jahren größtenteils leer stehen, hatte Mieter helfen Mietern bereits 2010 eine Leerstandsanzeige eingereicht – ­ohne Erfolg. Geschäftsführerin Sylvia Sonnenmann kritisiert nun das Bezirksamt: „Die Behörde darf die Vermieter nicht dafür belohnen, dass sie das Haus leer stehen lassen“, sagt sie. „Der Bezirk hat geschlafen und den Vermieter nicht gezwungen, die Wohnungen zu vermieten.“ Die Anwohnerinitiative Anna Elbe fordert den Bezirk auf, die Häuser unter Denkmalschutz zu stellen und so vor dem Abriss zu bewahren. In einem offenen Brief appelliert die Initiative an Altonas Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose und Baudezernenten Reinhold Gütter, sich gegen den Abriss auszusprechen. BELA

Nord: 810 neue Sozialwohnungen
Im Hebebrandt-Quartier in der Nähe des Stadtparks sollen 1350 neue Wohnungen entstehen. 60 Prozent von ihnen sollen öffentlich gefördert werden.
Auf der Fläche zwischen Rübenkamp und City-Nord liegen zurzeit noch 330 Kleingarten-Parzellen, die dem Bau­projekt weichen müssen. Baubeginn ist ­frühestens Ende 2014. BEB

Zahlen des Monats

Erfolgreicher Kampf

Eine Leiharbeiterin klagt Lohn ein

(aus Hinz&Kunzt 234/August 2012)

55.250
Euro Lohnnachzahlung hat eine Leiharbeiterin vom Berliner Arbeitsgericht zugesprochen bekommen. Die 36-jährige Bürokraft hatte mehr als vier Jahre lang bei einem Unternehmen der Metallindustrie gearbeitet – zum Billiglohn. Ihr Arbeitgeber, eine Leiharbeitsfirma, hatte einen Tarifvertrag mit den „Christlichen Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen“ (CGZP) abgeschlossen. Da diese Vereinigung laut Bundesarbeitsgericht niemals tariffähig war, steht der Frau der Lohn zu, den ihre beim Metallunternehmen angestellten Kolleginnen erhalten haben.

Der Unterschied beträgt mehr als 1000 Euro pro Monat. 1288 Euro verdiente die Leiharbeiterin 2007, 2471 Euro bekamen die Kolleginnen. 2010 bekam die Klägerin 1663 Euro, die festangestellten Sekretärinnen hingegen 2910 Euro. Die beklagte Leiharbeitsfirma hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) haben bundesweit bis zu 3000 Zeitarbeitsfirmen Tarifverträge mit der CGZP abgeschlossen, um Leiharbeiter mit Niedriglöhnen abspeisen zu können.

100.000
Betroffene könnten vors Arbeitgericht ziehen und Lohnnachzahlungen einfordern, schätzen die Gewerkschaften. Doch nur die wenigsten machen es.

50
Leiharbeiter haben in Hamburg mithilfe der Gewerkschaften Klage erhoben. Bundesweit sind es rund 760. Warum nicht mehr Menschen sich das Geld erstreiten, das ihnen zugestanden hätte? Oft gibt es die Leiharbeitsfirma nicht mehr, die den Lohn nachzahlen müsste, so ein Experte des DGB. „Oder die Menschen sind noch beim selben Arbeitgeber beschäftigt und haben Angst um ihren Arbeitsplatz.“

Text: Ulrich Jonas

Systematischer Betrug?

Abzock-Vermieter Kuhlmann vor Gericht

Vor drei Jahren deckte Hinz&Kunzt die Machenschaften des Immobilienbesitzers Thorsten Kuhlmann auf. Jetzt will das Jobcenter 670.000 Euro zu viel gezahlte Mieten zurück. Außerdem droht dem Vermieter eine Haftstrafe wegen gewerbsmäßigen Betrugs.

(aus Hinz&Kunzt 234/August 2012)

Bürgerbeteiligung

Wir bauen uns die Welt, wie sie uns gefällt

Der Freiburger Stadtteil Vauban ist aus dem Nichts auf einem alten Kasernengelände entstanden. Entscheidend dabei war die erweiterte Bürgerbeteiligung. Ein Vorbild für Hamburg? Hier entsteht mit der Neuen Mitte Altona gerade ein neuer Stadtteil auf dem ehemaligen Bahngelände.

(aus Hinz&Kunzt 234/August 2012)

Leseraufruf

Die schönsten Hamburger Geheimtipps

Geheime Lieblingsplätze – viele Hinz&Künztler kennen solche Orte. Zum Ausruhen und Nachdenken. Zum Musik hören und Großstadttrubel spüren. Zum Natur genießen und Luft holen. Mitten in Hamburg. Sie auch? Verraten Sie uns Ihren geheimen Lieblingsplatz! Egal wo: die schiefe Bank unter einem knorrigen Baum, das knarrende Treppenhaus eines alten Gebäudes, das Fenster zur atemberaubenden Aussicht oder das Open-Air-Konzert im Kleingartenverein. Nur umsonst und öffentlich zugänglich sollte er sein.

Schicken Sie uns die Adresse zu Ihrem Lieblingsplatz und schreiben Sie dazu, wie Sie ihn entdeckt haben, was sie an ihm so mögen und was sie dort fühlen. Die schönsten Hamburger Geheimtipps – von Ihnen und unseren Hinz&Künztlern – werden bei uns veröffentlicht.

Einsendeschluss für Ihre Geschichte ist der 1. Oktober 2012. Bitte vergessen Sie nicht, Ihren Absender und Ihre Telefonnummer anzugeben!

Adresse: Hinz&Kunzt, Altstädter Twiete 1-5, 20095 Hamburg oder an info@hinzundkunzt.de , Stichwort: Hamburger Geheimtipps.