Zwei an einem Tag

Nach dem Rücktritt von Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) nimmt auch Johannes Kahrs (SPD) als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses  seinen Hut. 18 Jahre habe er die Arbeit „voller Leidenschaft und Lust“ gemacht: „Jetzt sollen andere übernehmen.“

Markus Schreiber (links) und Johannes Kahrs (beide SPD) übernehmen die politische Verantwortung für den Tod von Chantal.

 

Der Ort der Pressekonferenz sagte schon alles: am Fuße der Treppe hoch zur Bürgerschaft, da wo schon andere ihren Rücktritt verkündet haben, erklärte auch Markus Schreiber (SPD), Bezirksamtsamtsleiter Mitte, seinen Rücktritt. Nach einem „guten Gespräch“ mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) habe er beschlossen, so der blasse Noch-Bezirksamtsleiter, den Bürgermeister um seine Abberufung zu bitten. „Der entsetzliche Tod eines elfjährigen Mädchens unter den Augen meines Jugendamtes, meines Bezirkes lassen mich nicht mehr schlafen“, sagte Schreiber. Anfangs habe er die Ergebnisse der Nachprüfungen abwarten wollen, aber „gleichgültig, wie die Ergebnisse aussehen, kann ich nicht im Amt bleiben.“ Der Grund: Er wolle Schaden vom Bezirksamt, vom Senat, vom Bürgermeister und von der Hamburger SPD abwenden. Und: In seinem Bezirk gebe es so viele Brennpunkte, dass die Gefahr groß sei, eines Tages aufzuwachen und wieder ist ein Kind gestorben.

Nicht nur Schreiber machte – offensichtlich auf Druck von Scholz – den Weg frei für einen Neuanfang in Mitte. Nachmittags bestätigte auch Johannes Kahrs gegenüber Hinz&Kunz seinen Rücktritt – nicht als Kreisvorsitzender, aber als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. 18 Jahre habe er die Arbeit „voller Leidenschaft und Lust“ gemacht: „Jetzt sollen andere übernehmen.“

Kahrs steht seit Langem in der Kritik. Geflügeltes Wort ist „das System Kahrs“ und dass der Kreisvorsitzende neben dem Bezirksamtsleiter der zweite Chef in Mitte sei. Zum System Kahrs gehörte Markus Schreiber, gehört der SPD-Fraktionsvorsitzende Falko Droßmann – und dazu gehört auch Andy Grote, der derzeit als Nachfolger für Schreiber gehandelt wird.

Wer Nachfolger von Markus Schreiber
wird, dazu wollte sich die SPD am Nachmittag noch nicht äußern. Die SPD wäre allerdings gut beraten, die Stelle auszuschreiben und so tatsächlich einen Neuanfang in Mitte zu ermöglichen.
Text: Birgit Müller
Foto: dpa