Winternotprogramm : Weitere Schlafplätze für Obdachlose

In der Notunterkunft Pik As sollen 70 neue Schlafplätze für Obdachlose eingerichtet werden. Das bestätigte der Sprecher der Sozialbehörde, Marcel Schweitzer. Voraussetzung ist jedoch, dass die Unterkunft eine neue Brandmeldeanlage bekommt.

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Gleich neben dem von Stadtteilaktivisten besetzten Kollektiven Zentrum befindet sich die Notunterkunft Münzstraße. 400 Obdachlose finden dort in Containern und einem Altbau Platz.

Derzeit sind im Pik As nur 260 Schlafplätze zugelassen. Weitere Betten stehen bereit, sagt Marcel Schweitzer. Weil der Brandschutz nicht ausreicht, werden diese bislang nicht genutzt. Das soll sich nun ändern. Sobald die Brandmeldeanlage da ist, können 70 weitere Betten belegt werden. Vorerst wird damit nur das Winternotprogramm erweitert.

Die Brandmeldeanlage, die jetzt eingebaut wird, schlägt sofort bei der Feuerwehr Alarm. Zuletzt war im Juni 2015 ein Feuer im Pik As ausgebrochen. Damals waren zwei Bewohner verletzt worden, mehrere rettete die Feuerwehr aus Lebensgefahr.

Neue Plätze für Obdachlose entstehen auch an der Hinrichsenstraße. Hier plant die Behörde 30 Schlafplätze ausschließlich für Frauen. Bisher ist in den Räumen eine Abteilung von fördern und wohnen ansässig, die sich um die Vergabe von Plätzen in Wohnunterkünften für Flüchtlinge kümmert. Die Anlauf- und Vergabestelle soll laut fördern und wohnen im Februar oder März 2016 umziehen — dann werden die Räume frei für die künftigen Bewohnerinnen.

Weitere Schlafplätze für Obdachlose werden dringend benötigt. Denn im Winternotprogramm wird es allmählich eng. 750 Plätze bietet die Stadt in den beiden Notunterkünften am Schaarsteinweg beim Michel und an der Münzstraße am Hauptbahnhof. So viele Plätze gab es noch nie zum Start des Winternotprogramms. Allerdings war auch der Andrang noch nie so groß. Am vergangenen Wochenende suchten bis zu 563 Obdachlose Zuflucht in den Notunterkünften. Zum Vergleich: In den vergangenen zwei Jahren kamen zum 15. November gerade einmal gut 400 Obdachlose im städtischen Winternotprogramm unter.

Höherer Wohnstandard im Winternotprogramm

Darüber hinaus bieten Kirchengemeinden 138 Menschen Schlafplätze in Ein- bis Drei-Personen-Containern an. Die Bewohner erhalten Schlüssel und haben während der Wintermonate eine feste Behausung. Einen der seltenen Paarcontainer ergatterten Hinz&Künztlerin Anke und ihr Freund Ralf. Weil ihr Wohncontainer allerdings erst in dieser Woche bezugsfertig wurde, suchte das Paar vorübergehend in der Notunterkunft an der Münzstraße Zuflucht. Nach Angaben der Sozialbehörde wurde dort der Wohnstandard im Vergleich zu den Vorjahren deutlich angehoben. Das bestätigt auch Anke. Sie hätten zwar als Paar dort nicht mehr gemeinsam unterkommen können. Aber: „Ich musste mir den Raum nur mit einer anderen Frau teilen und konnte endlich mal wieder vernünftig schlafen.“

Während in den vergangenen Jahren zwischen 10 und 30 Personen Klassenräume und Turnhallen in zwei ehemaligen Schulgebäuden im Hamburger Osten teilen mussten, ist die Unterbringung in diesem Jahr tatsächlich deutlich kleinteiliger. An der Münzstraße wurden in der ehemaligen Gehörlosenschule extra Trennwände eingezogen, so dass höchstens acht Personen in einem Raum nächtigen müssen.

Doch auch in diesem Winter werden die Obdachlosen jeden Morgen auf ein Neues vor die Türen der Notunterkünfte gesetzt. Eine ganztägige Öffnung komme aus zwei Gründen nicht infrage, erläutert Marcel Schweitzer auf Nachfrage von Hinz&Kunzt: Zum einen sollen die Wohnungslosen tagsüber die sozialen Beratungsstellen aufsuchen, um sich Hilfe zu holen. Das würden sie vielleicht nicht tun, wenn die Unterkünfte tagsüber offen bleiben, vermutet Marcel Schweitzer. „Es muss eine Motivation geben, die Einrichtung zu verlassen“, sagt er. Zum anderen müssten tagsüber die Betten neu bezogen werden.

Anke war trotzdem froh, dass sie in der Notunterkunft Platz fand. „Endlich weg von der Straße“, sagt die Hinz&Kunzt-Verkäuferin. Sie musste allerdings auch nur eine kurze Wartezeit überbrücken, bis sie ihren Container beziehen konnte. Sie kann jetzt im Warmen bleiben, wenn es draußen richtig kalt wird. Die Menschen in den Notunterkünften hingegen werden weiterhin jeden Morgen vor die Tür gesetzt. Egal wie nass oder kalt es draußen wird.

Text: Annabel Trautwein und Jonas Füllner
Fotos: Simone Deckner und Dmitrij Leltschuk