Nachruf : Tschüss, Peter!

Hinz&Kunzt trauert. Unser langjähriger Verkäufer und Stadtführer Peter Reinhardt ist an Pfingsten gestorben. Nach einem turbulenten Leben war er eigentlich auf der Sonnenseite gelandet. Wir erinnern uns an einen gutherzigen Menschen und zeigen ein Video-Porträt über Peter.

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Wir trauern um Peter Reinhardt.

Eigentlich hatte Peter es geschafft. Seit über zehn Jahren hatte der ehemalige Obdachlose wieder eine Wohnung und eine Aufgabe: Für Hinz&Kunzt zeigte er seit 2003 als Stadtführer Interessierten Hamburgs Nebenschauplätze und gehörte fest zu unserem Team. Lange Zeit war er auf Werbeplakaten das Gesicht unseres Stadtrundgangs. Erst vor zwei Wochen haben wir mit ihm bei Kaffee und Kuchen seinen 53. Geburtstag gefeiert. Die gemeinsame Feier hatte er sich von uns gewünscht – statt der sonst üblichen Geschenke. Peter sah zufrieden aus, es ging ihm augenscheinlich gut. Doch am 10. Juni fand sein Freund und Nachbar ihn dann tot in der Wohnung. Wir wissen noch nicht, woran er gestorben ist.

Peter hatte kein leichtes Leben. Nach dem frühen Tod seiner Mutter wuchs er im Heim auf, haute dort aber mehrfach ab: „Liebe und familiäre Geborgenheit gab es nicht“, erzählte er uns einmal. Er schaffte den Hauptschulabschluss und eine Lehre als Maler und wollte dann „was von der Welt sehen“. Peter fuhr nach Spanien.

Dort geriet er auf die schiefe Bahn, wollte mit Haschisch das schnelle Geld machen. Doch die Polizei erwischte ihn. Ein spanisches Gericht verurteilte ihn zu zwölfeinhalb Jahren Gefängnis – ein Schock für den damals 19-Jährigen. Nach acht Jahren wurde er bei einer Amnestie vorzeitig entlassen.

Zurück in Deutschland fand er einen Job in Lüneburg, heiratete, sein erster Sohn wurde geboren, 1990 folgten Zwillinge. Aber die Ehe kriselte. Peter lernte eine andere Frau kennen, verließ seine Familie und zog zu seiner neuen Freundin nach Hannover. Dort fand er eine Arbeit als Kurierfahrer. „Eigentlich stand alles zum Besten.“ Aber dann war da 1995 diese Party: „Da ging so eine Folie mit weißem Pulver rum, und alle haben probiert“, sagt er. „Ich natürlich auch. Vollkommen naiv war ich damals.“

Diese Nacht hatte schlimme Folgen: Peter wollte den Rausch sofort wieder spüren, kaufte Heroin – und wurde schnell abhängig. Er kam „immer tiefer rein in den Sumpf“, er log und stahl. Wegen Beschaffungskriminalität landete er im Gefängnis, er lebte auf der Straße und in Notunterkünften. Erst als er eines Tages zwei Betrunkene beobachtete, die sich prügelten, zog er die Notbremse: „Der eine schlug den anderen mit dem Kopf an die Wand, und ich sah das Gehirn die Wand runterlaufen. So wollte ich nicht enden.“ Peter entgiftete in einer Klinik und kam mittlerweile ohne Drogen klar. Er hatte den Absprung geschafft.

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Zuletzt konnte Peter wieder viel Lachen und seine Späße mit uns treiben, hier mit seinen Stadtführerkollegen Harald und Torsten.

Peter hatte ein neues Leben begonnen. Das Wichtigste für ihn? „Dass ich wieder eine Perspektive habe“, hat er mal gesagt. Die hatte er als Stadtführer bei Hinz&Kunzt. Tausende Menschen sind ihm über die Jahre durch die Straßen gefolgt und haben sich durch ihn für das Leben auf der Straße interessiert. „Dass mir plötzlich Polizeischüler oder Sicherheitsleute der U-Bahn zuhören, ist schon ein Höhepunkt in meinem Leben“, sagte Peter einst. „Ich trage mit meiner Arbeit dazu bei, dass sich unterschiedliche Gruppen von Menschen verstehen lernen. Das hätte ich mir vor zehn Jahren nicht vorstellen können.“

Seine Wohnung bekam Peter über die Hilfeeinrichtung Bodelschwinghaus. Ein Jahr begleitete ihn eine Betreuerin, um eine größere Stabilität in sein Leben zu bringen. Seit Jahren kommt sie nun mit Studenten zum Stadtrundgang. Peter machte das stolz: „Nur so konnte ich den Kontakt zu meiner Familie wieder herstellen. Ich bin wieder ein Mensch geworden.“

Wir werden dich vermissen, Peter. Dein Hinz&Kunzt-Team.

 

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Fotos: Mauricio Bustamante
Video: Gesal Zalmai