Unterkunft Spaldingstraße : Zum Start bleiben Plätze frei

Der Andrang auf das Winternotprogramm in der Spaldingstraße hielt sich zur Eröffnung am Freitag in Grenzen. Lediglich etwa 80 Obdachlose warteten vor dem Gebäude auf einen der 240 zur Verfügung stehenden Plätze in der Unterkunft.

Spaldingstrasse
Einige Obdachlose warteten mehrere Stunden auf einen Platz im Winternotprogramm in der Spaldingstraße. .

Für Anfang November ist es vergleichsweise warm. „Zehn Grad sollen es sein“, sagt Hinz&Künztlerin Natalie. „Mir ist trotzdem kalt. Hoffentlich machen die bald auf.“ Zusammen mit etwa 80 Obdachlosen steht sie in der Schlange vor dem Bürogebäude in der Spaldingstraße. Vor drei Jahren wurde das Haus zu einer Notunterkunft umgebaut. Die Einrichtung ist schlicht: In den Vier- bis Acht-Personen-Zimmern gibt es weder Schränke noch Regale. „Ich weiß nicht, wo ich meinen Kram hinpacke“, sagt Hinz&Künztlerin Natalie. Es gibt zwar Schließfächer in diesem Jahr, Natalie ist trotzdem skeptisch: „Ob da Platz genug für alle ist?“

Immer wieder würden Gegenstände geklaut, erzählt Natalie. Dass können auch die Sicherheitsmitarbeiter am Eingang nicht verhindern. Sie sorgen lediglich dafür, dass keine Messer oder andere gefährlichen Gegenstände und auch kein Alkohol mitgebracht werden. Schilder an der Fensterscheibe weisen auf das Alkoholverbot hin. Einige Obdachlose trinken deswegen vor der Tür. Sie lassen eine Flasche Schnaps kreisen. Die Stimmung draußen ist trotzdem entspannt. Aus einem Ghettoblaster schallt leise Musik. Nachzügler reihen sich geduldig in die Schlange ein. Ein Grund dafür: 240 Schlafplätze gibt es in der Unterkunft. Die Wartenenden wissen, sie werden heute einen Platz bekommen.

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Nächste Woche wird Mihai Covrig vorraussichtlich in einer ungenutzten Schule untergebracht. Der Bulgare hat aus keinen Anspruch auf einen Platz in der Spaldingstraße.

Mihai Covrig steht etwas weiter hinten in der Schlange. Der Bulgare will sich von den Trinkern fernhalten. „Die Leute werden schnell aggressiv“, sagt er. „Gut, dass Alkohol drinnen verboten ist.“ Zusammen mit seinem Freund Zoran Shasa kam er vor zwei Monaten nach Deutschland. „Wir sind nach Frankfurt gegangen, um zu arbeiten“, sagt Shasa. Doch das hat nicht funktioniert. Die gelernten Schweißer hoffen jetzt darauf, in Hamburg Arbeit zu finden. Das Winternotprogramm sehen sie nur als eine Zwischenstation. „Es wäre trotzdem gut, wenn wir gemeinsam ein Zimmer zugeteilt bekommen“, so Covrig. In der Spaldingstraße werden die beiden Bulgaren allerdings nicht dauerhaft bleiben können. Denn Wanderarbeiter aus Bulgarien und Rumänien, die aus Sicht der Sozialbehörde keinen Rechtsanspruch haben, sollen in ungenutzten Schulen untergebracht werden. Die beiden Gebäude in Horn und Marienthal stehen aber erst ab Montag zur Verfügung.

Auch Rajut Ghiulzar und seine Frau Amet hoffen auf Arbeit und ein besseres Leben in Hamburg. Sieben Jahre haben die beiden Rumänen in Spanien gelebt und gearbeitet. Sie sprechen zwar fließend spanisch, dafür aber kaum deutsch. „In Spanien gab es zuletzt keine Arbeit mehr für uns“, sagt der 29-Jährige. Ob ihre Chancen in Hamburg wirklich besser sind? Mihai Covrig mischt sich in das Gespräch ein: „Nächstes Jahr wird alles leichter“, sagt er. Denn ab dem 1. Januar gewährt die Bundesrepublik endlich auch Rumänen und Bulgaren einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt.

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Andreas Fenski kennt die Unterkunft in der Spaldingstraße bereits. Hier verbrachte er den letzten Winter.

Bis es soweit ist, haben die beiden Bulgaren und die beiden Rumänen im Winternotprogramm zumindest ein Dach über dem Kopf. So wie auch Andreas Fenski. Der gebürtige Berliner verbringt bereits seinen zweiten Winter in der Spaldingstraße. „Es gibt Sozialarbeiter, und hier kümmert man sich um uns“, sagt Fenski. Die Hamburger Tafel beliefert auch die Spaldingstraße. In den Gemeinschaftsräumen im Erdgeschoss bieten Mitarbeiter die Lebensmittel an. Fenski freut sich schon auf das Essen. „Es gibt immer Obst und Gemüse.“ Auch wenn im gesamten Gebäude für die Männer nur sieben Duschen zur Verfügung stehen, Fenski ist mit der Unterkunft zufrieden. „Man hat ja die ganze Nacht Zeit zum Duschen“, sagt er. „Und sonst gehe ich eben ins Herz As.“ Um einen Containerplatz hat sich Fenski gar nicht erst beworben. „Da hat man ja einen Platz für den ganzen Winter. Ich will in ein, zwei Monaten wieder eine eigene Wohnung haben.“ Das wird in Hamburg nicht leicht werden. Deswegen wird Fenski täglich in die Spaldingstraße kommen. „Man kann mal einen Tag wegbleiben. Aber wenn ich zwei Nächte weg bin, dann verliere ich meinen Platz.“ Und das will er nicht riskieren. „Ich will nicht ins Pik As“, sagt Fenski. In der Spaldingstraße sei vieles besser: „Es gibt nicht so viele Betrunkene und auch die Zimmer sind in Ordnung.“

Die Sicherheitsmitarbeiter haben inzwischen die Türen geöffnet. Fenski, die beiden Bulgaren und die beiden Rumänen strömen ins Gebäude. Sie werden heute Nacht im Warmen verbringen. Hinz&Künztler Norbert muss mit seiner Freundin Natalie noch warten, bis er dran ist. Er ist skeptisch. Zusammen mit Natalie versucht er ein Pärchenzimmer zu bekommen. Denn die Stimmung im Gebäude sei oft sehr aggressiv, da wollen die beiden lieber zusammenbleiben. „Trotz des Verbotes wird immer wieder Alkohol ins Haus geschmuggelt.“ Das würde immer wieder zu Problemen führen. Norbert: „Wenn das mit dem Pärchenzimmer nicht klappt, dann schlafe ich lieber draußen.“

Text: Jonas Füllner
Bilder: Mauricio Bustamante