Kindersoldaten: schießen statt spielen

Sie sind Täter und Opfer zugleich: Kindersoldaten. Rund 300.000 von ihnen kämpfen weltweit in Bürgerkriegen, ethnischen Konflikten oder Kriegen. Kinder und Jugendliche werden von Rebellen und Regierungsarmeen zwangsrekrutiert, als Selbstmordattentäter ausgebildet, misshandelt und sexuell missbraucht. Ihre Überlebenschancen sind schlecht. Doch selbst wenn sie es schaffen, sieht ihre Zukunft düster aus. Denn oft gibt es kein Zuhause mehr, in das sie zurückkehren können.
An ihr Schicksal soll der „Internationale Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten“ am 12. Februar erinnern.

(aus Hinz&Kunzt 204/Februar 2010)

Es sind nur schwer erträgliche Bilder, festgehalten von Fotografen in Kriegen und Konflikten rund um den Globus. Bilder von Kindern mit Waffen in der Hand. Kinder, die eigentlich spielen und zur Schule gehen sollten. Kinder, die im Krieg töten und verstümmeln, morden und brandschatzen. Kinder, die Opfer und Täter sind, denn sie sind Kindersoldaten.
250.000 bis 300.000 Kinder und Jugendliche sollen weltweit in 36 Ländern als Kindersoldaten kämpfen, schätzt der „Global Report 2008“ der „Coalition to Stop the Use of Child Soldiers“: in Afghanistan, Angola, Burundi und der Demokratischen Republik Kongo, in Kolumbien, der Elfenbeinküste, Guinea und dem Irak, Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten, Liberia, aber auch in Touristenzielen wie Myanmar (Burma), Indonesien, Indien oder auf den Philippinen. Tatsächlich werden es mehr sein, denn viele kleine Kämpfer dienen nicht in den regulären Streitkräften ihrer Länder, sondern in Guerilla- oder Rebellentruppen.
Viele dieser Kinder werden zwangsrekrutiert, aus ihren Familien gerissen und an der Front als Kanonenfutter verheizt. Sie werden mit Drogen, Geld oder Gewalt gefügig gemacht, als Selbstmordattentäter mit Bombengürteln losgeschickt, sie müssen Sprengfallen einsetzen oder dienen als menschliche Schutzschilde. Der Ugander Olara Otunnu, Sonderbeauftragter des UN-Generalsekretärs für Kinder in bewaffneten Konflikten, schätzte, dass zwischen 1990 und 2000 zwei Millionen Kindersoldaten gefallen sind. Sechs Millionen seien zu Invaliden geworden, zehn Millionen hätten schwere seelische Schäden erlitten.
Natürlich werden nicht alle Kinder zum Kämpfen gezwungen. Für viele ist die Zugehörigkeit zu einer Truppe, einer Armee, die einzige Chance zum Überleben – gerade für Waisen, die Schutz vor Übergriffen suchen, ein Bett, eine Mahlzeit. Manche wollen sich rächen für die Ermordung ihrer Familien, andere kämpfen aus politischer Überzeugung. Und sie alle hoffen auf eine Zukunft.
Viele Tausend Kindersoldaten sind in den vergangenen  Jahren aus dem Dienst an der Front entlassen, „demobilisiert“ worden, weil große Konflikte beigelegt wurden. Nur wenige von ihnen haben das Glück, in ein Reintegrationsprogramm aufgenommen zu werden, das ihnen bei der Rückkehr ins zivile Leben helfen soll: mit einer Ausbildung, mit psychologischer und medizinischer Betreuung. Wo dies nicht gelingt, bleiben diese Kinder und Jugendlichen tickende Zeitbomben, die sich – wie in El Salvador – zu bewaffneten Gangs zusammenfinden und das tun, was sie am besten können: töten.

Zwar ist der Einsatz von Kindern unter 18 Jahren als Soldaten weltweit geächtet, bisher haben 128 Staaten ein entsprechendes Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet. Doch laut UNICEF wachsen über eine Milliarde Kinder in Ländern mit bewaffneten Konflikten auf. Rund 18,1 Millionen Kinder und Jugendliche sind auf der Flucht – das sind mehr Kinder und Heranwachsende als in Deutschland leben.

Text: Misha Leuschen

Infos und den vollständigen Report lesen Sie im Netz unter www.childsoldiersglobalreport.org

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