Brixtonboogie : Mit dem Blues zurück in die Zukunft

Energiegeladene Klänge statt Jammerarie: Acht Hamburger Musiker aus drei Generationen um Krisz Kreuzer erfinden den Blues neu. Im Mai treten „Brixtonboogie“ mit den Songs ihrer brandneuen zweiten Platte beim Elbjazz-Festival auf.

(aus Hinz&Kunzt 243/Mai 2013)

20 Jahre lang verschlang ihn der Beruf, und Krisz Kreuzer rührte kein Instrument mehr an. Dann gründete er ein Tonstudio, kramte in alten Platten – und startete eine zweite KARRIERE. Foto: MAuricio Bustamante
20 Jahre lang verschlang ihn der Beruf, und Krisz Kreuzer rührte kein Instrument mehr an. Dann gründete er ein Tonstudio, kramte in alten Platten – und startete eine zweite Karriere.

Blues! Viele wenden sich schaudernd ab, wenn sie nur das Wort hören, weil sie dabei an Klagelieder alter Männer denken. Aber das Musikerkollektiv „Brixtonboogie“ um den Hamburger Krisz Kreuzer hat die traditionelle Musik neu erfunden. Beim Elbjazz- Festival zeigen die acht Musiker, wie man durch Grenzüberschreitungen aus dem Blues eine Energiebombe macht. Kreuzer, ein entspannter Schlaks, kehrt mit Brixtonboogie zu seinen musikalischen Wurzeln zurück. Der 1962 in Münster geborene Musiker und Produzent hat schon als Jugendlicher in Bluesbands gespielt. „Auf Gitarre oder Gesang war jeder scharf, Blues-Mundharmonika wollte außer mir keiner. So habe ich in vielen Bands spielen können.“ Später lernt er dann doch Gitarre und spielt in diversen Reggaebands. Durch einen anstrengenden Job als TV-Producer und Location-scout gerät die Musik in den Hintergrund. „20 Jahre lang habe ich kein Instrument angefasst. Die Arbeit hat mich quasi aufgefressen.“

1998 kehrte der Klang zurück in sein Leben: Er gründete ein Studio. In der Bass-Musikproduktion im Feldstraßenbunker entstehen Remixe, Werbespots, Filmmusik und andere Kompositionen. Dort kramte Krisz Kreuzer in alten Schallplatten und entdeckte dabei seine alten Blues-Schätze. „Das war wie nach Hause kommen und öffnete mir die Ohren und das Herz.“

Er machte es sich zur Aufgabe, diese traditionelle Musik zurück in die Gegenwart zu holen. „Der Blues schenkt dir Trost und die Energie, wieder aus einem Tief herauszukommen. Schließlich haben es die anderen ja auch geschafft, sonst könnten sie nicht davon singen. Und er vermittelt Gemeinschaft und Solidarität.“ Kreuzer macht sich auf die Suche nach Musikern, bei denen der Funke überspringt. Er fand unter anderem den in New Or-leans geborenen Wayne Martin. Der heute 70-Jährige lebt seit Langem in Berlin und singt sich mit seiner souligen Stimme direkt ins Herz. Nach Frontfrau Mascha Litterscheid musste der Bandgründer nicht lange suchen, er kannte sie von gemeinsamen Studio­produktionen.

Inzwischen besteht das Drei-Generationen-Kollektiv Brixtonboogie aus acht Musikern, die alle mit Hingabe dabei sind. Ende 2009 erschien das erste Album „Urban Blues“, in diesem April „Crossing Borders“ mit 16 neuen Songs zwischen Blues, Soul und Hip-Hop. Auf der CD sind 16 Stücke, fast ausschließlich eigene. Besonders stolz ist Krisz Kreuzer aber auf ihre Coverversion von „Way down in the Hole“. Die alte Tom-Waits-Nummer erlangte als Titelmusik der US-Kultserie „The Wire“ ab 2002 neue Bekanntheit. Für jede der fünf Staffeln interpretierte ein anderer Künstler das Stück neu. Brixtonboogie wagte sich an eine eigene Fassung und schickte sie an  das Management des Sängers. „We like the song very much“, mailte Tom Waits nach Hamburg. Ein Ritterschlag für die Neuerfindung des Blues.

Brixtonboogie beim Elbjazz-Festival, Sa, 25. Mai, 21.30 Uhr, St. Pauli Kirche, Pinnasberg 80, Tagesticket 49 Euro

Text: Sybille Arendt
Foto: Mauricio Bustamante

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