Blog: Kampf gegen die Kälte

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Heute: Wir sind traurig – der zweite Obdachlose ist in Hamburg erforen.

Donnerstag, 24. Februar

Uns hat eine traurige Nachricht erreicht: Am Dienstag ist in Hamburg offenbar der zweite Mensch in diesem Winter erfroren. Passanten alarmierten am frühen Abend die Polizei, nachdem sie in der Billhorner Kanalstraße in Rothenburgsort einen reglosen Mann gefunden hatten. Der Notarzt konnte nur noch seinen Tod feststellen: Hans-Karl E., im Stadtteil schon seit längerem als Obdachloser bekannt, wurde 62 Jahre alt.

Wie die Polizei mitteilte, liegen keine Anzeichen auf Fremdverschulden vor. Die Leiche wird deshalb nicht obduziert, die Todesursache also nicht endgültig geklärt. Trotzdem müssen wir davon ausgehen, dass Hans-Karl E. erfroren ist. Er hatte sich bei den eisigen Temperaturen sein Lager in einem Gebüsch aufgebaut.

Bereits am Neujahrsmorgen war in Hamburg-Altenwerder der 64-jährige Albert B. erfroren.

Montag, 17. Januar

Wir sind total baff! Die Resonanz auf unsere Hilfe. und Spendenaufrufe zu unserem kleinen Winternotprogramm war riesig. Vielen Dank! Acht Hinz&Künztler und eine Hündin können wir derzeit in sieben Zimmern unterbringen. Sie werden, wie versprochen, mindestens bis Ende März dort bleiben können. Für die Zimmer acht und neun stehen Spender bereits in den Startlöchern. Wir versuchen laufend, weitere Wohneinheiten zu ergattern. Leider sind zur Zeit noch keine frei.

An dieser Stelle noch einmal der Hinweis, wie Sie Obdachlosen im Winter auch helfen können. Es gibt eine Möglichkeit, die die Helfer kaum Geld kostet, dafür etwas Zeit und Mühe. Viele Hamburger Kirchengemeinden lassen im Winter schon Wohncontainer aufstellen. Die Nachfrage ist immer riesig. Es ist nicht zu früh, an den kommenden Winter zu denken. Alle Infos haben wir hier: Hilft viel, braucht wenig Platz – Eine Box zum Überwintern

Mittwoch, 12. Januar

Die vergangene Nacht war die letzte, die Obdachlose im Tiefbunker am Hauptbahnhof verbracht haben. Am Dienstag teilte die Sozialbehörde mit, dass die Räume geschlossen werden. „Um einen sicheren Erfrierungsschutz zu bieten, haben wir vorübergehend den Bunker am Hachmannplatz geöffnet. Allerdings war von Anfang an klar, dass das keine Dauerlösung ist“, sagte Sozialsenator Dietrich Wersich.

Vertreter der Obdachlosenhilfe haben bereits im Sommer 2010 gemahnt, dass die Plätze zur Unterbringung von Obdachlosen im Winter nicht reichen würden.

Statt des Bunkers öffnet die Sozialbehörde jetzt das ehemalige Pflegezentrum „Holstenhof“ in Jenfeld für Obdachlose. 70 Plätze in Vier- bis Acht-Bett-Zimmern soll es dort bis Ende April geben. Mit einem Shuttle-Bus sollen die Hilfesuchenden abends vom Hauptbahnhof nach Jenfeld und morgens zurück in die Innenstadt gebracht werden.

In der Januar-Hinz&Kunzt berichten wir über die unterirdischen Zustände: Bis zu 30 Personen in einem fensterlosen und schlecht belüfteten Raum, als Liegemöglichkeit Feldbetten und kurze Pritschen. Keine Kopfkissen, keine Laken, keine Handtücher. Kein Platz, um persönliche Habe zu verstauen. Dreckige Waschräume, die Toiletten lediglich mit einem Plastikvorhang abgetrennt.

Laut Sozialbehörde haben pro Nacht etwa 60 bis 70 Personen die Übernachtungsmöglichkeit genutzt.

Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer: „Es wurde Zeit, dass der Bunker geschlossen wird. Alles ist besser als dieser Bunker. An dem war einzig die zentrale Lage positiv.“

Die neue Lösung ist aber kein Grund, mit der Situation in der Stadt zufrieden zu sein. „Die Behörde muss sich dringend überlegen: Was passiert Ende März mit den vielen Hundert Menschen, die in Notunterkünften und im Winternotprogramm untergebracht sind?“, sagte Stephan Karrenbauer.

Mittwoch, 5. Januar

Kurzer Hinweis: Die Sat-1-Sendung 17.30 hat gestern über den Bunker berichtet. Auch Birgit Müller und Hanning Voigts von Hinz&Kunzt sind zu sehen: zum Beitrag

Montag, 3. Januar

Hamburg hat offenbar den ersten Kältetoten in diesem Winter zu beklagen: Am Neujahrstag haben Spaziergänger in Altenwerder die Leiche eines 64-jährigen Obdachlosen gefunden. Albert B. lag tot in einem Schneehaufen unterhalb eines kleinen Wanderweges. Die Polizei fand vor Ort auch einen Schlafsack und andere persönliche Dinge, sie geht daher davon aus, dass der Mann dort schon länger im Freien übernachtet hatte. Die genaue Todesursache ist noch nicht geklärt: Die Staatsanwaltschaft muss noch eine Obduktion anordnen.

Montag, 27. Dezember

Es ist passiert: Während der Weihnachtsfeiertage sind offenbar zwei obdachlose Männer erfroren. Das meldet heute der SWR. Nach dem Bericht ist ein 51-Jähriger in Trier in Decken eingehüllt auf dem Hinterhof eines Einkaufszentrums tot gefunden worden. Ein im baden-württembergischen Ulm in einem Gebüsch von Passanten gefundener 57-Jähriger sei stark unterkühlt gewesen und im Krankenhaus gestorben.

Die beiden Männer sind unseres Wissens die ersten höchstwahrscheinlich obdachlosen Kältetoten dieses Winters.

Im vergangenen Winter 2009/2010 sind laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe mindestens 15 Obdachlose an der Kälte gestorben.

Samstag, 18. Dezember

Immer mehr Hamburger und Verbände schließen sich uns darin an, dass das derzeitige Winternotprogramm der Stadt keine Dauerlösung sein kann.

Das Diakonische Werk Hamburg findet: ,,Die Zustände im Bunker sind selbst für eine kurzfristige Notunterbringung im jetzigen Zustand fast unzumutbar.‘‘ Landespastorin Annegrethe Stoltenberg, Chefin der Hamburger Diakonie und Herausgeberin von Hinz&Kunzt, fordert den Senat zum Handeln auf: „Der Bunker taugt nur sehr kurzfristig als akuter Schutz vor dem Erfrieren. Die Stadt muss jetzt endlich für eine angemessene Unterbringung der Obdachlosen während des ganzen Winters sorgen. Zur Not müssen eben Hotelzimmer angemietet werden.“

Ähnlich reagiert die Hamburger SPD-Sozialpolitikerin Ksenija Bekeris: ,,Auch Obdachlose haben eine menschenwürdige Unterkunft verdient. Ich appelliere an den Senat: Reagieren Sie und schaffen Sie geeignete Notschlafplätze.‘‘

Durch Spenden und Zuspruch unterstützen uns auch immer mehr Privatpersonen. Vielen Dank dafür!

Besonders bemerkenswert finden wir die Initiative für Obdachlose und ihre Hunde: Weil die meisten Notunterkünfte keine Hunde mitaufnehmen, entscheiden sich auch ihre Halter oft, auf der Straße zu bleiben. Die Hundelobby ruft dazu auf, sie in dieser Situation zu unterstützen: ,,Um die Nacht bei Minustemperaturen überstehen zu können, fehlt es an Isomatten, warmen Schlafsäcken und Decken, Pfotensalbe (Vaseline), geeignetem Futter, das ohne Dosenöffner geöffnet werden kann, und vielem mehr.‘‘

Wer hier helfen will, kann Sachspenden zu den Öffnungszeiten im Tierheim Süderstraße 399 oder nach telefonischer Terminabsprache (040-55005837) auch bei der Tiertafel Hamburg, Steenwisch 63 (Haus im Hinterhof), 22527 Hamburg, abgeben.

Mittwoch, 15. Dezember

Hinz&Kunzt-Volontär Hanning Voigts hat sich unter die Erde gewagt. Er hat eine Nacht in dem Bunker verbracht, den die Stadt für Obdachlose geöffnet hat, und erzählt davon eindrucksvoll: Wie es dort riecht, von den Geräuschen und seinen eigenen Gedanken. Gestern erschien im Hamburger Abendblatt eine Vorab-Fassung des Textes. Lesen Sie „Eine unterirdische Nacht“ auch bei uns.

Auch Fotograf Mauricio Bustamante war unterirdisch unterwegs und hat mit der Kamera festgehalten, wie es im Bunker aussieht. Sehen Sie hier seine Bildergalerie


Bunker – Images by Mauricio Bustamante

Mittwoch, 8. Dezember

Isabel Schwartau, Stephan Karrenbauer und Jens Ade erzählen vom Hinz&Kunzt-Winternotprogramm
Isabel Schwartau, Stephan Karrenbauer und Jens Ade erzählen vom Hinz&Kunzt-Winternotprogramm

Unsere Pressekonferenz gestern drehte sich um unser kleines Winternotprogramm.

Hinz&Kunzt hat mithilfe von Spenden fünf Zimmer in einem Monteursheim in Hamburg angemietet.

Vier Hinz&Künztler, die – zwei als Paar im Doppelzimmer, zwei in Einzelzimmer – dort schon wohnen, waren auch da. Ziemlich begeistert erzählten sie von der ersten Nacht in der neuen Unterkunft.

Panik (46) und Fledermaus (34) haben bisher auf der Mönckebergstraße vor Peek&Cloppenburg geschlafen. In ihrem Winterdomizil haben sie sich jetzt schnell heimlich gefühlt. Fledermaus hat sogar gleich am ersten Abend schon gekocht – Spagetti Bolognese. ,,Das war wie nach Hause kommen‘‘, sagt sie. Und die Nacht hat sie auch genossen: ,,Auf der Straße bist Du ja oft gereizt, kannst nur ein Auge zu tun. Ich hab richtig durchgeschlafen.“

Der 53-jährige Schublade bezeichnet sein Zimmer auch schon als Heim: ,,Ich bin nach Hause gekommen und hab erstmal relaxed und Fernsehen geguckt. Dann wollte ich duschen, und da hab ich erst gemerkt, dass ich keine Handtücher habe. Hinz&Kunzt hat uns zwar einen Kutlurbeutel und einen Bademantel geschenkt, aber die Handtücher vergessen!‘‘

Das holen wir natürlich nach!

Später, sagt Schublade, ist er dann jede halbe Stunde aufgewacht. ,,Wie auf Platte, aber das gibt sich mit der Zeit.‘‘

Endlich Zuhause: Fledermaus und Panik in ihrem Zimmer für den Winter
Endlich Zuhause: Fledermaus und Panik
Endlich relaxen: Schublade in seinem Zimmer
Kann endlich relaxen: Schublade

Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer: ,,Es ist wichtig, dass unsere Leute dort auch eine Perspektive entwickeln.‘‘ Sie müssen nach einem Jahr auf der Straße zur Ruhe kommen, Kraft schöpfen, um ihr Leben neu anzupacken.

Das ist kaum möglich in Mehrbettzimmern mit Fremden, die sich gegenseitig eher Kraft rauben.

Endlich eine Tür zum Schließen: Torsten
Endlich eine Tür zum Schließen: Torsten

Wichtig ist für uns deswegen der Standard der Zimmer unseres kleinen Winternotprogramms: Nicht mehr als zwei Personen, auf Wunsch auch als Einzelzimmer, mit Bad/WC und Kochgelegenheit.

Für Hinz&Kunzt-Verkäufer Torsten ist es das erste Mal seit knapp fünf Jahren, dass er ein Notunterbringungsangebot angenommen hat. Die üblichen Unterkünfte kommen für ihn nicht in Frage. Daher hat er in der vergangenen Jahren auch im Winter auf der Straße geschlafen, zuletzt in einem leerstehenden ehemaligen Altenheim Platte gemacht.

Die beiden noch freien Zimmer in dem Monteursheim wird Stephan Karrenbauer heute und morgen belegen – Kandidaten dafür gibt es genug.

Hinz&Kunzt stellt den Verkäufern außer den Zimmern auch eine Monatsfahrkarte für Bus und Bahn zur Verfügung. Denn das Monteursheim liegt zwar nicht sehr weit außerhalb, trotzdem müssen die Verkäufer natürlich flexibel von dort auch zu ihren Verkaufsplätzen gelangen. Schublade findet: ,,Das ist super. So sind wir wirklich unabhängig.‘‘

Und dann? Bemühen wir uns um weitere Zimmer nicht unter dem Standard in diesem Haus. Dazu benötigen wir weitere Spenden.

Frau Freise von der Sparda Bank (mit Scheck), Hinz&Kunzt-Geschäftsführer Jens Ade (mit Schal) und den eingezogenen Hinz&Künztler
Monica Freise (mit Scheck), Hinz&Kunzt-Geschäftsführer Jens Ade (mit Schal) und den eingezogenen Hinz&Künztler

Bisher haben wir 3000 Euro von einer privaten Unterstützerin erhalten. Die Sparda-Bank gab 20.000 Euro.

Monica Freise von der Sparda-Bank: ,,Die Idee, Hinz&Kunzt die Summe zu spenden, kam von unseren Mitarbeitern.‘‘ Die hätten in den Medien von der katastrophalen Situation für Obdachlose gelesen.

Herzlichen Dank den großzügigen Helfern!

Sie wollen auch helfen? Alle Infos gibt es hier.

Montag, 6. Dezember

morgens: Hinz&Kunzt-Verkäufer Torsten Meiners schläft seit Jahren in Hamburg auf der Straße. Als er heute in den Vetrieb kam, erzählte er uns Folgendes:

,,Ich habe eigentlich eine gute Platte, dachte ich, in einem ehemaligen Altersheim an der Finkenau.

Es gibt da zwar keine Elektrizität, keine sanitären Einrichtungen mehr, aber ansonsten ist das Haus gut in Schuss. Man könnte es sicher leicht wieder in Betrieb nehmen.

Jedenfalls wachte ich heute morgen auf, gucke aus dem Fenster – und sehe vier Polizeiwagen, Mannschaftswagen. Das ist nicht gerade der Anblick, den ich mir gewünscht habe. Ich habe einen Polizisten angesprochen und gefragt, was die hier machen. „Ich weiß zwar nicht, was Sie hier machen“, sagte der Polizist, „aber wir halten hier ständig Übungen ab.“ Er fragte mich, ob ich hier „wohne“ und ich zeigte ihm meine Platte. „Na, gut, dass wir das vor der Übung gesehen haben“, sagte der Polizist.

Ich weiß jetzt nicht, ob ich hier bleiben kann.

Freitag, 3. Dezember

13:30 Uhr: Volontär Hanning Voigts kommt vom Tiefbunker am Hachmannplatz zurück. Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) und Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) waren auch da und haben sich umgesehen. Ab heute Abend soll der Bunker als Notunterkunft geöffnet sein.

Hanning Voigts erzählt vom Bunkerbesuch: Vor dem Schauspielhauses geht es runter zum Eingang zur U2, danach durch schwere Stahltüren in den Bunker selbst. Das fahle Neonlicht schafft Parkhaus-Athmosphäre. Erste Feldbetten sind schon aufgestellt worden.

Der Bunker wird jeden Tag ab 17 Uhr geöffnet sein, bis zum nächsten Morgen um 9 Uhr. Die bis zu 300 Obdachlosen, die hier unterkommen sollen, werden von Mitarbeitern von fördern und wohnen betreut, heißt es.

Bürgermeister Ahlhaus sagt den Journalisten, der Bunker werde zusätzlich geöffnet, damit Hamburg auf den Winter gut vorbereitet sei. „Der Bunker ist nur ein erster Schritt, wir mussten jetzt einfach schnell handeln.“

Wir sind im Gegensatz zum Bürgermeister nicht sehr überrascht von der Situation. Schon im Sommer waren die Notunterkünfte voll oder übervoll. Aber wir sind natürlich froh, dass die Stadt jetzt reagiert und hoffen, dass das Erfrierungsschutz-Programm im Bunker auch genutzt wird.

12 Uhr: Wir bekommen die Zusage für fünf Zimmer, die am Montag von unseren Leuten bezogen werden können, früher als erwartet. Wir sind sehr erleichtert. Allerdings: Um diese fünf Zimmer bis zum Frühling, wenn auch das Winternotprogramm der Stadt endet, zu bezahlen, werden die Spenden, die wir bisher erhalten haben, draufgehen. Es ist klar, was das heißt: Um unser Hinz&Kunzt-Winternotprogramm auszubauen brauchen wir mehr finanzielle Unterstützung.

Donnerstag, 2. Dezember

Temperaturen bis -5 Grad in Hamburg. Es schneit seit vergangener Nacht. Wir müssen dringend etwas für die tun, die keine Unterkunft haben.

Während wir – einigermaßen ratlos – zusammensitzen, klingelt das Telefon. Eine Leserin ist dran: Sie hat von der schlimmen Situation gehört und bietet uns eine großzügige Spende an, um jemanden unterzubringen. Toll! Wir freuen uns – und überlegen weiter. Denn die Not ist groß. Da klingelt das Telefon wieder. Am Apparat: Frau Freise von der Sparda-Bank, die fragt, wie es unseren Leuten geht. Hinz&Kunzt-Geschäftsführer Jens Ade schildert ihr die Situation. „Würde Geld helfen?“, fragt Frau Freise. Ja, schon. Noch am selben Tag erhalten wir von der Sparda-Bank eine große Summe. Jetzt haben wir etwas in der Hand, um aktiv zu werden.

Und es soll auch gleich losgehen: Jens Ade und Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer machen sich auf den Weg. Sie wollen Zimmer anmieten, um Hinz&Künztler unterzubringen, die nachts auf der Straße zu erfrieren drohen. Wir bestehen auf einem gewissen Standard: Doppelzimmer, auf Wunsch Einzelzimmer, mit Dusche und Kochgelegenheit. Das Gespräch mit einem möglichen vermieter verläuft positiv. Wir hoffen auf eine Zusage für fünf Zimmer am Montag.

Doch zwei unserer Verkäufer, ein Pärchen, brauchen dringend sofort eine Unterkunft: Die junge Frau ist sehr krank, hat wahrscheinlich sogar eine Lungenentzündung. Mit den Spenden ist es möglich, die beiden in einem Hotel unterzubringen.

Am Nachmittag tagt die Sozialbehörde mit ,,am Winternotprogramm beteiligten Hilfsorganisationen aus der Obdachlosenszene‘‘. Ergebnis: Die Stadt will bis zu 300 zusätzliche Schlafplätze im Weltkriegsbunker am Hachmannplatz bereitstellen. Wir hoffen, dass die Obdachlosen das Angebot annehmen. Allerdings wissen wir, dass viele Angst vor großen Unterkünften haben.

Hintergrund:

Mindestens 1029 Menschen leben in Hamburg auf der Straße, wissen wir seit der Erhebung von Stadt und Wohlfahrtsverbänden im September 2009.

Im Winter stellt die Stadt Hamburg zusätzliche Schlafplätze zur Verfügung: Jahr für Jahr genau 200. Das ist viel zu wenig.

Hinzu kommt: Die Zustände in den Notunterkünften sind teils unhaltbar: In Mehrbettzimmern sollen bis zu acht einander fremde Erwachsene übernachten. Viele Wohnungslose sind psychisch krank oder haben Drogen- oder Alkoholprobleme und stören einander in solchen Mehrbettzimmern massiv. Ihre Hunde dürfen die Hilfesuchenden oft nicht mitbringen – ein Grund, dass manche Obdachlose die Nächte lieber draußen verbringen. Auch bei Eis, Schnee und Minusgraden. Warum viele sich so entscheiden, obwohl sie sich im Freien in Lebensgefahr bringen? Wir haben im vergangenen Winter darüber berichtet.

Angemessener sind da schon die Wohncontainer, die zum Beispiel Kirchengemeinden zur Verfügung stellen. Doch diese Plätze sind jedes Jahr, so auch in diesem Winter, sehr schnell vergeben.

In diesem Jahr ist es schon zu Beginn des Winters sehr kalt geworden. Es ist passiert, was wir befürchtet haben: Auch die provisorischsten Unterkünfte der Stadt sind komplett belegt. Wie wir Ende November erfuhren, nimmt die Notunterkunft Sportallee bereits wegen Überfüllung niemanden mehr auf. Auch in der Notunterkunft Pik As wird es eng.