Neuer Armutsbericht : Zahl der „Working Poor“ steigt

Fast 14 Millionen Menschen in Deutschland sind von Armut bedroht. Foto: birgitH / pixelio.de

Von Armut bedroht sind nicht mehr nur Menschen, die schlecht ausgebildet oder alleinerziehend sind. Ein Ergebnis des jetzt vorgelegten Armutsberichts des Paritätischen zeigt: Auch eine gute Ausbildung schützt nicht immer vor Armut.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Der Paritätische Wohlfahrtsverband nennt es „eine neue traurige Rekordmarke“: Fast 14 Millionen Menschen in Deutschland sind von Armut bedroht, so das Ergebnis des aktuellen Armutsberichts des Verbandes.

Als armutsgefährdet gilt jemand, der weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens der Bevölkerung zum Leben zur Verfügung hat.

Bei einem Single in Deutschland sind das derzeit 1096 Euro, bei einer Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren 2032 Euro. Die so genannte Armutsrisikoquote liegt in Deutschland bei 16,8 Prozent, so der Paritätische.

Arm trotz Arbeit

Am stärksten gefährdet sind demnach Arbeitslose, gefolgt von Alleinerziehenden, Menschen mit geringen Bildungsabschlüssen, kinderreiche Familien und Migranten.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen, weist jedoch auf eine bislang weniger bekannte Dimension hin: Auch Menschen, die eine Arbeit haben, sind verstärkt von Armut bedroht.

So seien etwa 33,2 Prozent laut Armutsbericht erwerbstätig, 12,4 Prozent befinden sich in einer Ausbildung oder Lehre. Schneider: „Womit wir es also statistisch zu tun haben, ist echtes ‚working poor'“ – damit werden Menschen bezeichnet, die trotz Arbeit arm sind.

Den größten Anteil der Menschen, die trotz Arbeit kaum über die Runden kommen, sind Leiharbeiter oder Menschen mit befristeten Verträgen.

Ein weiteres Ergebnis des Armutsberichts: 17,1 Prozent der Armutsgefährdeten verfügen über ein hohes oder mittlere Bildungsniveau, so Schneider. Es sei also schlicht ein Vorurteil, dass „ arme Menschen zumeist auch ungebildet seien“.

Schneider wies  zudem darauf hin, dass der Armutsbericht nur Menschen erfasst, die über einen eigenen Haushalt verfügen: „Völlig außen vor bleiben jedoch beispielsweise die 800.000 bis 1.000.000 wohnungslosen Menschen unter uns“ – ebenso nicht erfasst sind die geschätzt 52.000 Obdachlosen in Deutschland.

 

Autor:in
Simone Deckner
Simone Deckner
Simone Deckner ist freie Journalistin mit den Schwerpunkten Kultur, Gesellschaft und Soziales. Seit 2011 arbeitet sie bei Hinz&Kunzt: sowohl online als auch fürs Heft.

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