IGS Wilhelmsburg : Streit um Gartenlauben

Jahrzehntelang störte es keinen: Jetzt sollen 500 Kleingärtner ihre Lauben umbauen, weil sie zu groß sind. Dafür soll das Bezirksamt sorgen, will vorher aber Gespräche und eine Einigung mit den Laubenpiepern. Die wehren sich – und sind sogar bereit, vor Gericht zu ziehen.

500 Wilhelmsburger Kleingärtner sollen ihre Lauben umbauen, weil sie die zulässige Höchstgröße überschreiten. Nach dem Bundeskleingartengesetz von 1983 dürfen die Häuschen maximal 24 Quadratmeter groß sein. Jahrzehntelang störte niemanden, dass Laubenpieper in ganz Hamburg um- und anbauten, auch in den sechs Wilhelmsburger Kleingartenvereinen. Der Bezirk Mitte hat den Auftrag bekommen, mit diesem Missstand aufzuräumen – von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) und Vertretern der Internationalen Gartenschau (igs), die 2013 in Wilhelmsburg eröffnet werden soll.

Bis 2013 soll alles seine Ordnung haben: Kleingrten auf dem Gelände der igs in WIlhelmsburg. Foto: igs

„Nur 69 der 571 Kleingärten in Wilhelmsburg kommen ohne Verstöße aus“, sagt Lars Schmidt-von Koss, Sprecher des Bezirksamts Mitte. Das habe man bei „anlassbezogenen Kontrollen“ zu Beginn dieses Jahres festgestellt. Gemeint ist: Beim Bezirksamt Mitte wurden Verstöße gegen das Kleingartengesetz angezeigt. Diese seien im Zuge der Bauarbeiten der igs festgestellt worden, so Schmidt-von Koss. Die meisten Lauben seien zwischen 35 und 40 Quadratmeter groß, einige aber 80 Quadratmeter und größer. „Das sind ja dann schon richtige Ferienhäuser. Das geht natürlich nicht.“ Und entspricht auch nicht dem Bundeskleingartengesetz. Bisher habe es Vermessungen und Anhörungen gegeben – die „Anordnungen zum Rückbau“ seien aber noch nicht verschickt worden. Vorher wolle man sich mit Vertretern der Gartenfreunde an einen Tisch setzen. „Wir hoffen auf eine Einigung“, sagte Schmidt-von Koss.

Eine Einladung zum Gespräch hat Ronald Wilken allerdings noch nicht bekommen. „Dass die Behörde mit uns sprechen will, habe ich aus der Presse erfahren“, sagt der Sprecher der „Interessengemeinschaft gegen der Rückbau von Gartenlauben“. 269 Mitglieder der Wilhelmsburger Gartenvereine haben sich zusammengeschloßen, um um ihre geliebten Lauben zu kämpfen. Sie wollen sich dabei – wie auch igs und der Bezirk – auf das Kleingartengesetz berufen und glauben, dass sie das Recht haben, ihre Häuschen so zu lassen, wie sie sind. „Die aktuelle Rechtsprechung sagt: Wenn Lauben über eine längere Zeit geduldet waren, fallen sie unter den erweiterten Bestandsschutz“, so Kleingärtner Wilken.

Was jahrzehntelang niemanden störte, darf zur Internationalen Gartenschau nicht mehr sein. Dafür nennt Ina Heidemann, Sprecherin der igs, zwei Gründe: „Es ist nicht nur, dass viele der Lauben nicht präsentabel sind, schließlich kommen ja auch Fachleute zur igs. Es gibt auch den Sicherheitsaspekt. Zum Teil sind die Lauben so erweitert worden, dass die Vordächer aneinander stoßen.“ Das erhöhe die Gefahr, dass ein eventueller Brand sich rasch ausbreiten würde. Die igs befände sich schon seit Jahren „im Dialog mit den Kleingärtnern“. „Einige haben ja ihre Lauben auch schon zurückgebaut, einige haben es noch vor.“ Man habe in den vergangenen Jahren die Kleingärtner dabei unterstützt, Container für anfallenden Bauschutt bereitgestellt und beim Abtransport geholfen. Und außerdem: „Die Kleingärtner profitieren ja auch von der Gartenschau.“ Wege seien erneuert und Entwässerungsgraben entschlammt worden. „Die haben da nach der igs eine richtig schöne Anlage“, so Heidemann.

Das will Interessengemeinschaftssprecher Ronald Wilken nicht gelten lassen: „Alle sechs Wilhelmsburger Kleingartenvereine haben die Zusammenarbeit mit der igs abgelehnt.“ Längst sei nicht geklärt, was genau die igs für die Gartenfreude bedeuten wird. „Soweit ich weiß, besagt die aktuelle Regelung, dass unsere Besucher während der igs Eintritt bezahlen müssen und das Gelände bis 22 Uhr verlassen. Das heißt, wenn ich jemanden zum Grillen einladen will, braucht der ein Ticket.“ Von Seiten der igs seien gemeinsame Gespräche angekündigt worden, so Wilken, aber nie zustande gekommen.

Kleingärten sind seit jeher Rückzugsort und günstige Freizeitmöglichkeit in einem. Da bilden auch die Pächter der Wilhelmsburger Parzellen keine Ausnahme. „Wir haben viele ältere Leute hier, auch Hartz-IV-Empfänger, die verbringen ihren Jahresurlaub hier.“ Weder die Mühe noch die Kosten, wenn sie ihre Lauben umbauen oder abreißen müssten, seien ihnen zuzumuten. Deswegen kämpfen die Laubenpieper auch um die letzte Hütte, sagt Ronald Wilken. „Wenn der Bezirk uns zu Gesprächen einlädt und wenn wir da keinen Kompromiss finden, muss das Verwaltungsgericht entscheiden.“

Text: Beatrice Blank