Aktionstage gegen Armut : Straßenfußball auf dem Kiez

Bei den Aktionstagen gegen Armut und Ausgrenzung läuft am Samstag die Obdachlosen-Nationalmannschaft auf dem Spielbudenplatz auf. Mit dabei: Fußballer Oliver Gutwillinger, den wir vorher getroffen haben. 

Mit dem Ball im Fokus geht es für Oliver Gutwillinger bergauf.
Mit dem Ball im Fokus geht es für Oliver Gutwillinger bergauf.

Sportlich könnte es nicht besser laufen: Seit Juni gehört Oliver Gutwillinger der Obdachlosen-Nationalmannschaft an und mit seinem Team „Jugend hilft Jugend“ gewann er zeitgleich die Deutsche Meisterschaft im Straßenfußball. Seine Probleme sind andere: „Ich bin ein süchtiger Mensch“, gibt der große, durchtrainierte Fußballer offen zu. Gerade erst hat der 30-Jährige eine Ausbildung zum Koch abgeschlossen. „Aber ich bin rückfällig geworden, deswegen gehe ich jetzt noch mal in Therapie.“ Als Koch wird er nicht mehr arbeiten. Im Gas-trogewerbe seien Drogen sehr verbreitet. „Die holen sich runter mit Alkohol oder irgendwelchem anderen Scheiß. Das ist mir zu gefährlich.“

Denn Oliver Gutwillinger ist anfällig. Früher hat er viel zu viel gekifft und sich damit eine Sportkarriere als Fußballer verbaut. Als Jugendlicher schaffte er es bis in die Landesauswahl. „Ich habe mich dann aber anders orientiert“, sagt der gebürtige Berliner. Er kiffte und hörte lieber zu Hause Rap-Musik, als sich zum Training aufzurappeln. Vor ein paar Jahren kam noch die Spielsucht dazu. „Ich war nicht weit davon entfernt, auf der Straße zu landen“, sagt Oliver. Erst da stellte er sich seinen Problemen.

In seiner betreuten Wohngemeinschaft von Jugend hilft Jugend hat er wieder zum Fußball gefunden. Neben dem Training mit seinem Hamburger Team absolviert er Zusatzschichten im Fitnessstudio. Er will fit sein für den Homeless World Cup Ende Oktober in Chile. „Ich fahre da nicht hin, um mir die Eier zu schaukeln“, sagt Gutwillinger.

„Der Mensch braucht solche Highlights in seinem Leben.“

Seit 2003 wird die Weltmeisterschaft der Obdachlosen ausgetragen. Für Gutwillinger ist es eine Ehre, dabei zu sein. Am Homeless World Cup darf jeder Spieler nur ein Mal im Leben teilnehmen. „Ich kann es kaum erwarten“, sagt Oliver. „Der Mensch braucht solche Highlights in seinem Leben.“

Wer den 30-Jährigen auf dem Platz erleben will, hat am 27. September die Gelegenheit. Am Rande der Jahrestreffens der Nationalen Armutskonferenz kommt es auf dem Spielbudenplatz zum Duell zwischen Jugend hilft Jugend und der Obdachlosen-­Nationalmannschaft. Für Oliver eine vertrackte Situation. „Ich spiele ungern gegen meine Jungs.“ Trotzdem wird er an diesem Tag für die Nationalmannschaft die Stiefel schnüren. Schließlich gilt es, sich langsam für den Homeless World Cup warmzuschießen. Die „Aktionstage gegen Armut“ finden in diesem Jahr am 26. und 27. September in Hamburg statt. Im Fokus des Treffens zwischen Sozialverbänden und Betroffenen stehen die Themen „Armut und Teilhabe“.

Öffentliche Veranstaltungen der Aktionstage:

Samstag, 10:00 bis 12:00 Uhr:
Kunst-Aktion „Billiges Geld – wie öffentlich Geld verbrannt wird“
Jungfernstieg (Alsterpavillon)

Samstag, 11:00 bis ca. 15:30 Uhr:
Straßenfußballturnier
Spielbudenplatz, St. Pauli

Samstag, 11:00 bis ca. 15:30 Uhr:
Aktion „Krankheit macht arm – Armut macht krank“
Vor der Bahnhofsmission, Vorplatz des Hauptbahnhofs

 

Text: Jonas Füllner
Foto: Mauricio Bustamante