Winternotprogramm : Weiterhin rund 100 Betten für Obdachlose frei

Am 1. November hat das städtische Winternotprogramm begonnen. Foto: Mauricio Bustamante.

Zweieinhalb Monate nach dem Start des Winternotprogramms sind noch rund 100 Betten frei. Diejenigen Obdachlosen, die weiterhin auf der Straße leben, befänden sich oftmals in keinem guten Gesundheitszustand, klagt das Kältebus-Team.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Etwa 550 Obdachlose verbringen aktuell die Nächte in den Notunterkünften des städtischen Winternotprogramms. Deutlich weniger Menschen als noch vor drei, vier Jahren. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage der Linksfraktion hervor.

„Der Senat sollte sich fragen warum Menschen das Winternotprogramm nicht aufsuchen und es vorziehen auf der Straße zu nächtigen“, kritisiert Cansu Özdemir, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Sie beklagt zudem, dass auch in diesem Jahr Obdachlose keinen Zugang zu den Schlafstätten des Winternotprogramms erhalten. Insgesamt trifft diese Regelung bislang auf 105 Menschen zu. Betroffen sind meist osteuropäische Obdachlose, die in der Heimat noch eine Meldeadresse und ein Dach über dem Kopf besitzen. Die Sozialbehörde geht davon aus, dass sie Selbsthilfemöglichkeiten haben und daher nicht auf der Straße leben müssten. Deswegen erhalten die Obdachlosen nur Unterstützung bei der Übernahme der Fahrtkosten in die Heimat, aber nicht bei der Suche nach einem Schlafplatz in Hamburg. Wer nicht in die Heimat zurückkehrt, der wird in die sogenannte Wärmestube in Hohenfelde verwiesen.

Diese Einrichtung des Winternotprogramms verzeichnete zuletzt sogar einen Rückgang der Nutzer*innenzahlen. Hintergrund: Viele der aus Osteuropa stammenden Obdachlosen sind vermutlich rund um Heiligabend in die Heimat zurückgekehrt.

„Auffallend viele Obdachlose waren nicht in der Lage eigenständig in den Bus ein- oder wieder auszusteigen.“– Christiane Hartkopf, Kältebus Hamburg

Dass auch die Schlafstätten nicht voll ausgelastet sind, führt Özdemir unter anderem auf die fehlende Tagesöffnung zurück. Die Linkspolitikerin fordert: „Der Senat muss endlich die Forderungen der Obdachlosenhilfe erfüllen: Das Winternotprogramm muss ganztägig geöffnet werden und allen Menschen anonym zugänglich sein!“ Tatsächlich erheben Hinz&Kunzt und Diakonie seit Jahren die Forderung nach einer Tagesöffnung, damit Obdachlose zur Ruhe kommen. Die Sozialbehörde lehnt dies strikt ab und setzt auf einen „aktivierenden Ansatz“. Statt den Tag in den Unterkünften zu verweilen, sollen Obdachlosen in Bewegung bleiben, in Tagesaufenthaltsstätten Wärme finden und darüber hinaus die Versorgungs- und Beratungsleistungen wahrnehmen. Nur bei extremen Wetterlagen dürfen Obdachlosen in den Notunterkünften verweilen. Witterungsbedingt habe es bislang auch keinen Anlass für längere Öffnungszeiten gegeben, heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Linken.

Kältebus seltener im Einsatz

Auf der Straße hatte sich die Situation nach Heiligabend zumindest ein wenig entspannt. Der Kältebus war deutlich seltener im Einsatz, teilt Sprecherin Christiane Hartkopf von der Tagesaufenthaltsstätte Alimaus gegenüber Hinz&Kunzt mit. Den Helfer*innen vom Kältebus sei allerdings aufgefallen, dass sich auffallend viele Obdachlose in keinem guten Gesundheitszustand befanden. „Sie waren nicht in der Lage eigenständig in den Bus ein- oder wieder auszusteigen. Grund dafür war weniger Alkoholkonsum, als vielmehr die körperliche Verfassung.“

Erfrierungsschutz
Winternotprogramm für Obdachlose startet mit 780 Plätzen
Am Freitag hat das Hamburger Winternotprogramm offiziell begonnen. Die Auslastung der Großunterkünfte ist bislang ähnlich hoch wie in den Vorjahren. Die Nachfrage nach Wohncontainern ist aber wieder höher als das Angebot.

Fast jeden Abend fahren die Helfer weiterhin Obdachlose in die Notschlafstätten. Dort finden sie Schutz bis zum Ende des Winternotprogramms am 1. April. Im vergangenen Winter konnte der Betreiber fördern und wohnen mehr als 400 Obdachlose in eine dauerhafte Unterkunft vermitteln. Dieses Mal fanden bislang erst 28 Obdachlose einen Platz in einer öffentlich-rechtlichen Unterkunft. Dass Obdachlose aus dem Winternotprogramm tatsächlich in eine eigene Wohnung vermittelt werden, bleibt die Ausnahme. Lediglich zwei Obdachlose hatten bislang das große Glück eine Wohnung zu finden.

Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

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