Deutschlandreise : Radeln um Respekt

Die haben sich was vorgenommen: Zehn arbeits- und wohnungslose Hamburger wollen im August mit dem Fahrrad fast 1300 Kilometer durch Deutschland zurücklegen und damit zeigen: Wir können was, wenn man uns lässt! Die Reise führt vom Bodensee bis an die Elbe.

Es ist hart: Das wissen die Männer, die im August auf große Radtour gehen wollen. Schließlich trainieren die Zehn, die alle arbeitslos oder obdachlos oder beides sind, schon seit Monaten für ihr Vorhaben – und legen mittlerweile Trainingsstrecken um die 100 Kilometer zurück. „Am Anfang haben wir nach acht Kilometern die erste Pause einlegen müssen.“, sagt Margot Glunz vom Cafée mit Herz, die die zweiwöchige Tour organisiert und selbst mitfährt. Mittlerweile schafft die Gruppe 25 Kilometer am Stück, bei Wind Wetter und unwegsamen Gelände.

Sich etwas vornehmen, dafür üben und es dann auch schaffen: Das ist für die Teilnehmer der 1300-Kilometer-Radtour etwas Besonderes
Sich etwas vornehmen, dafür üben und es dann auch schaffen: Das ist für die Teilnehmer der 1300-Kilometer-Radtour etwas Besonderes

Ein Motto haben sie sich auch überlegt: „Armut und Obdachlosigkeit fließt durch ganz Deutschland“ heißt es. Denn die Tour führt von Süddeutschland bis hoch in den Norden, von Wasser zu Wasser. In Eriskirch am Bodensee geht die Reise los, in Hamburg an der Elbe soll sie enden. Niemand als die Radler selbst weiß besser: Dort wie hier und überall dazwischen – in Wertheim, Fulda, Kassel und Minden – gibt es Armut und Obdachlosigkeit.

„Die Fahrradtour soll aber keine Betteltour werden“, betont Organisatorin Margot Glunz. Im Gegenteil: Sie soll etwas einbringen, das man nicht kaufen kann – Respekt und Anerkennung. Dass arm, arbeitslos oder ohne Dach über dem Kopf sein, nicht heißt, dass man zu nichts mehr zu gebrauchen ist, wollen die Sportler unter Beweis stellen. Schließlich werden sie rund 1295 Kilometer in zwei Wochen zurücklegen. Jede Tagesetappe ist zwischen 55 und 130 Kilometer lang.

Dass die Truppe sich nach einem Tag im Sattel stärken und ausruhen kann, dafür sorgen in den Rast-Städten auf dem Weg die Gemeinden: Sie stellen Übernachtungsmöglichkeiten und sanitäre Anlagen, zum Beispiel in Turnhallen, zur Verfügung und sorgen für die Verpflegung. Am Startpunkt in Eriskirch am Bodensee spendiert der Bürgermeister die Miete für einen Zeltplatz. In einer Stadt wurden ihnen Zimmer im örtlichen Vier-Sterne-Hotel angeboten. „Das war natürlich ein verlockendes Angebot. Aber wird haben es abgelehnt“, sagt Margot Glunz. „Wir wollen ja auf Armut aufmerksam machen.“ Letztlich übernachten sie doch in der Luxusherberge – aber in der hauseigenen Turnhalle.

Abends ist die Truppe oft eingeladen, in Kirchengemeinden oder zu Vereinen, um von der Tour und ihrem Alltag in Hamburg zu erzählen. „Wir wollen ganz viel reden“, sagt Margot Glunz und träumt: „Ganz toll wäre es, wenn der ein oder andere Arbeitgeber von uns erfährt und denkt: ,Toll, so jemanden kann ich in meinem Betrieb gut gebrauchen.‘“

Wer Lust hat, als Teilnehmer der Tour dabei zu sein, hat noch die Chance dazu: „Die Namen sind noch nicht auf die Trikots gedruckt.“ Mitmachen kann, wer arbeits- oder wohnungslos ist. Das ist aber nicht die wichtigste Vorraussetzung: „Im Team ist absolute Zuverlässigkeit ein Muss“, sagt Margot Glunz. Manche müssten ihr Leben schon umstellen: Wer an einem Tag – auch schon im Training – 100 Kilometer auf dem Rad zurücklegen will, könne etwa am Abend vorher nicht unmäßig trinken.

Wer die Aktion toll findet, kann die Radler unterstützen: „Am meisten freuen wir uns über viele Mitfahrer.“ Auf dem Weg ist jeder eingeladen, eine Etappe mitzufahren. Jeden Morgen soll es früh am örtlichen Rathaus losgehen. Den kompletten Tourenplan gibt es zum Herunterladen auf der Seite des Cafée mit Herz.

Text: Beatrice Blank
Foto: Cafée mit Herz

Kontakt zum Mitmachen und für alle Infos: Margot Glunz, Cafée mit Herz, Telefon 31 79 02 61, Margot.Glunz@cafeemitherz.de