Öko-Kleidung: „Anti-Stink-Socken gibt es nur mit Chemie“

Unsere Kleidung soll schön sein und wenig kosten. Das geht allerdings nur mit dem Einsatz von Pestiziden. Baumwollpflücker zahlen dafür mit ihrer Gesundheit.

(aus Hinz&Kunzt 219/Mai 2011)

Kleider machen Leute. Dass umgekehrt das Gleiche gilt, vergessen Konsumenten allerdings häufig: „Wir spüren von den Chemierückständen in unseren T-Shirts zum Glück kaum etwas“,  erzählt Alexandra Perschau vom Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN). „Wer aber massiv unter dem Gifteinsatz leidet, sind die, die unsere Textilien herstellen.“ Vor allem Baumwollpflücker, die täglich frisch verseuchte Wolle mit bloßen Händen anfassen. Oder die Färber, die „bis zum Bauch in hochgiftiger Farbsoße“ stehen, nur um die Jeans für uns noch knalliger zu machen, so die Expertin. Für sie gibt es keinen Zweifel: „Garantiert bügelfreie Hemden oder Anti-Stink-Socken gibt es eben nur mit Chemie.“
___Wie Gift als „stiller Begleiter“ die textile Kette durchläuft und dabei die Gesundheit zahlreicher Menschen gefährdet, erklärt die Baumwollexpertin gemeinsam mit weiteren Fachleuten am 26. Mai bei der Ausstellung und Veranstaltungsreihe „Made in? Made by?“.
___Ein bewussterer, verantwortungsvoller Konsum – das wäre der erste Schritt, um die „Giftkette“ zu verkleinern, glaubt Alexandra Perschau. „Man muss ja nicht gleich seinen ganzen Kleiderschrank auf Bio umstellen“, findet sie. Wichtiger sei es, beim Einkaufen genauer hinzuschauen und Kleidung generell mehr wertzuschätzen: „Man sollte sich ruhig fragen: Brauche ich diesen Schnäppchen-Pulli wirklich, wenn ich ihn in sechs Monaten eh wieder wegschmeiße? Damit wäre schon viel erreicht.“
___Denn ein Patentrezept für den ökologisch und moralisch „perfekten“ Einkauf gebe es leider nicht: „Bislang ist das sogenannte GOTS-Label das einzig international etablierte und vertrauenswürdige Gütesiegel für fair gehandelte Textilien aus Bio-Baumwolle“, sagt Perschau. Wer im Laden auf andere Gütesiegel stoße, solle deshalb kritisch nachfragen: „Je achtsamer die Konsumenten einkaufen, desto mehr übt das Druck auf die Unternehmen aus.“
___Bis zur idealen Firma mit den idealen Produkten sei es zwar noch ein weiter Weg. „Aber gerade in Hamburg setzen immer mehr Läden auf Bio-Textilien“, so Alexandra Perschau. „Giftfreie Alternativen zum Fünf-Euro-Shirt aus Bangladesch gibt es auf jeden Fall.“

Text: Maren Albertsen

„Gift, ein stiller Begleiter in der textilen Kette“: 26.5., 19–21 Uhr, Verdi Center, Besenbinderhof 54. Es diskutieren Alexandra Perschau (PAN), Arno Peukes (Verdi), Dr. Erika Schmedt (Amt für Gesundheit und Verbraucherschutz) und Uli Ott (Marlowe Nature).
Die Ausstellung „Made in? Made by? Auf den Spuren unserer Kleidung“ läuft vom 11.5.–31.5., Mo–Fr, 9–19 Uhr, Dorothee-Sölle-Haus, Königstraße 54. Zur Ausstellungseröffnung am 11.5. referiert dort unter anderem Christoph Lütgert, Filmemacher von „Die KiK-Story“, zum Thema „Mode – mehr Schein als Sein? Wie viel Armut und Arbeit stecken in einem T-Shirt?“, 19–21 Uhr.
Außerdem im Juni: 9.6., 19–21 Uhr, Verbraucherzentrale Hamburg, Kirchenallee 22: „Trends der Zukunft: Was wollen Konsumenten wissen? Was können Unternehmen bieten?“; 23.6., 19–21 Uhr: „Erfolgsgeschichten und Motoren der Veränderung auf dem Weg zu einer sozial- und umweltverträglichen Mode“, Dorothee-Sölle-Haus; 30.6., 19–21 Uhr, „Mehr Gerechtigkeit in der textilen Kette: Welche Möglichkeiten hat die Politik gegenüber dem Markt?“, Dorothee-Sölle-Haus, Spende statt Eintritt für alle Veranstaltungen.
Infos: www.made-in-made-by.info