Unterkunftssystem : Notunterkunft weist Obdachlose ab

Das städtische Unterkunftssystem ist kollabiert: Die Notunterkunft Pik As ist überfüllt. Täglich werden Obdachlose abgewiesen. Nur noch kranken Obdachlosen oder Familien bietet die Sozialbehörde Hilfe an.

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Seit dem 1. April standen die Wohncontainer am Grünen Deich leer. Jetzt ziehen hier Flüchtlinge ein.

Hinz&Kunzt hat wiederholt gefordert, die leer stehenden Wohncontainer am Grünen Deich aus dem Winternotprogramm für Obdachlose zu öffnen. Diese werden jetzt tatsächlich genutzt: Seit Mittwoch dienen sie als „Ausweichquartier“ für Flüchtlinge, die „sonst in Zelten untergebracht werden müssten“, wie die Sozialbehörde gegenüber Hinz&Kunzt bestätigt.

Etwa 2000 Menschen leben in Hamburg auf der Straße, schätzt die Diakonie. Ende April wurde ihnen sogar regelmäßig der Zugang zu der Notunterkunft Pik As verwehrt. Im Schnitt waren es elf Obdachlose die täglich an der Tür abgewiesen wurden, bestätigt der Betreiber fördern und wohnen (f&w). Besserung ist nicht in Sicht. Denn die Platzzahl wurde aus Brandschutzgründen begrenzt. Nur wohnungslose Familien oder kranke Obdachlose erhalten Hilfe und werden in Hotels oder Pensionen untergebracht, heißt es aus der Sozialbehörde. Das bedeutet: Die Sozialbehörde nimmt es hin, dass alle anderen Obdachlose auf der Straße schlafen müssen.

Wir sind fassungslos! Weil Obdachlose sogar in der Notunterkunft Pik As abgewiesen werden, hatten wir die Fläche am Grünen Deich als Notschlafplatz für Obdachlose ins Spiel gebracht. Doch am 10. April teilte uns f&w mit, dass eine dauerhafte Unterbringung nicht möglich sei, „da Lärm- und Luftemissionen eine Wohnunterkunft auf dieser Fläche unmöglich machen.“ Jetzt erfolgt plötzlich die Kehrtwende. Durch die Anwendung des sogenannten Polizeirechts sei auch ein Tagesaufenthalt möglich, heißt es aus der Sozialbehörde. „Wir finden es natürlich gut, dass Flüchtlingen geholfen wird“, sagt Hinz&Kunzt Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. „Aber die Sozialbehörde darf die Augen nicht vor den Obdachlosen auf der Straße verschließen.“

Seit Anfang April beobachten wir, dass immer mehr Menschen die Nächte draußen verbringen. SPD und Grüne hatten im Koalitionsprogramm ein Sofortprogramm für Wohnungslose angekündigt. Doch von Soforthilfe ist bislang nichts zu spüren. In seiner Regierungserklärung bezeichnete Olaf Scholz Hamburg jetzt als „Hoffnungsstadt“. Es wird dringend Zeit, dass auch den Menschen auf der Straße wieder Hoffnungen auf Wohnung und Sicherheit geboten werden.

Text: Jonas Füllner
Foto: Jonas Walzberg