Meldungen: Politik und Soziales

(aus Hinz&Kunzt 203/Januar 2010)

Caritas fordert mehr Rechte für alle Kinder
Nicht alle Kinder in Deutschland haben Anspruch auf elementare Rechte. Darauf hat der Caritasverband anlässlich des 20. Jahrestages der UN-Kinderrechtskonvention hingewiesen. Für Minderjährige im Asylverfahren oder mit Duldung sowie für sogenannte Illegale habe Deutschland einen Vorbehalt geltend gemacht. Deshalb sei es möglich, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung, Bildung, Kultur und sozialer Hilfe haben. Der Caritasverband forderte CDU/CSU und FDP auf, wie in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Vorbehaltsregelung zurückzunehmen. UJO

Jobcenter: Hamburger Alleingang?
Hamburg will die Betreuung von Langzeitarbeitslosen künftig alleine in die Hand nehmen. Das erklärte Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU). Weil aber nicht klar sei, ob das sogenannte Optionsmodell politisch durchsetzbar ist, müsse die Hansestadt sich auch auf die Umsetzung der getrennten Trägerschaft vorbereiten. Dabei würden Stadt und Arbeitsagentur weiterhin gemeinsam Hartz-IV-Empfänger betreuen, anders als bisher aber mit getrennten Aufgaben und nicht in einer Arbeitsgemeinschaft (Arge). Nötig wird die Veränderung durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG), das die Jobcenter als grundgesetzwidrige „Mischverwaltung“ beanstandet hatte. Die neue Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat den Bundesländern derweil einen Vorschlag unterbreitet. Danach würden Sozialämter und Arbeitsagenturen organisatorisch getrennt, doch unter einem Dach verbleiben. Der Widerstand gegen dieses Modell ist erheblich: Mitte Dezember stellten sich Personalräte aus 51 Kommunen gegen die „Zerschlagung der Argen“ und forderten, die Betreuung von Langzeitarbeitslosen in die Hände der Kommunen zu geben. Nach dem Willen des BVG muss die Umgestaltung Ende 2010 abgeschlossen sein. UJO

Hilfe für Langzeitarbeitslose
In Harburg will ein neues Pilotprojekt Arbeitslosengeld-II-Empfängern helfen, die richtigen Ansprechpartner zu finden. Viele Langzeitarbeitslose würden ein Bündel an Problemen mit sich herumtragen und wüssten nicht, wohin damit. Hier wolle „Eingang“ beraten, so der Betreiber Hamburger Arbeit, und die Betroffenen zu den richtigen Beratungsstellen vermitteln. Besonderheit: Zweimal die Woche bieten die Projektmitarbeiter ihre Hilfe direkt in Behördenräumen an. UJO
Öffnungszeiten: Mo und Mi 10–14 Uhr, Di und Do 14–17 Uhr,
Beckerberg 12. Beratung in der Arge Harburg: Do 9–12 Uhr,
Beratung im Sozialen Dienstleistungszentrum: Di 10–12.30 Uhr

Hartz-IV-Ansprüche sichern
Der Erwerbslosenverein Tacheles empfiehlt Arbeitslosengeld-II-Empfängern, alle bislang erhaltenen Bescheide vom Jobcenter überprüfen zu lassen. Sollte das Bundesverfassungsgericht in seinem bevorstehenden Urteil die derzeitigen Hilfesätze für zu niedrig halten, könnten Betroffene sich so mögliche Ansprüche auf eine rückwirkende Nachzahlung sichern. UJO
Musterschreiben unter www.tacheles-sozialhilfe.de

Bleiberecht verlängert
Tausende geduldeter Ausländer erhalten ein neues Bleiberecht bis Ende 2011, wenn sie eine Halbtagsbeschäftigung nachweisen können oder sich wenigstens um einen Job bemüht haben. Das beschlossen die Innenminister von Bund und Ländern. Betroffen sind etwa 30.000 langjährig geduldete Ausländer  – meist abgelehnte Asylbewerber, die nicht abgeschoben werden können. Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl nannte die Entscheidung eine „Minimallösung“, die Betroffenen eine Atempause verschaffe, ihren Status aber nicht kläre. UJO

Vermögenssteuer statt Rotstiftpolitik
Weil die Steuereinnahmen eingebrochen sind, will der Senat in den kommenden vier Jahren 1,15 Milliarden Euro einsparen. Bei Polizei, Feuerwehr und Justiz werden Stellen gestrichen. Die Kita-Gebühren steigen, Hortbetreuung gibt es künftig nur noch für Kinder bis zwölf Jahren (bisher 14). Bei den Hilfen zur Erziehung will Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) ebenso sparen wie bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen.
Die Initiative „Es ist genug für alle da!“ hat deshalb den Hamburger Senat aufgefordert, statt seines Sparprogramms mehr Steuerprüfer einzustellen und im Bundesrat für die Wiedereinführung der Vermögensteuer zu kämpfen. Allein Letztere würde Hamburg rund eine Milliarde Euro jährlich bescheren, jede Steuerprüfung bei einem Hamburger Millionär bringe durchschnittlich 115.000 Euro zusätzlich in die Stadtkasse, so das Bündnis aus Gewerkschaftern und Betriebsräten.
Die Bezirke sollen 2010 gemeinsam 7,2 Millionen Euro einsparen, bis 2014 sollen es schrittweise 18 Millionen Euro werden. Dafür wollen sie unter anderem 240 ihrer 7000 Stellen streichen und Gebühren erhöhen. „Es gibt keinen Schonbereich, auch nicht die sozialen Dienste“, so Markus Schreiber (SPD), Chef des Bezirksamts Mitte, gegenüber Hinz&Kunzt. Geplant sei vor allem, Stellen nicht wieder zu besetzen, die frei würden, weil Mitarbeiter in Rente gingen. „90 Prozent unserer Ausgaben sind Personalkosten.“
Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege warnte: „Wer in Krisenzeiten vor allem im Sozialbereich kürzt, schürt soziale Konflikte und spaltet die Stadt.“ Bereits das Einfrieren des Sozialhaushalts bedeute faktisch eine Absenkung der Standards. UJO

Suchtklinik sucht Standort
Um eine Suchtklinik einrichten zu können, sucht der Verein Jugendhilfe nun nach einem Standort in einem anderen Hamburger Bezirk. Zuvor war der gemeinnützige Träger mit seinem Vorhaben im Bezirk Wandsbek gescheitert.
Jugendhilfe wollte mit Unterstützung der Sozialbehörde und vier Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm ein ehemaliges Polizeikrankenhaus in eine Suchtklinik umbauen. Dagegen hatte sich eine Bürgerinitiative formiert. Nach langen Debatten und einem Runden Tisch hatte sich auch das Bezirksamt gegen das Vorhaben gestellt. Zuletzt hatte das Oberverwaltungsgericht eine Beschwerde des Vereins zurückgewiesen. UJO

Niederlage für „Christengewerkschaften“
Die sogenannten christlichen Gewerkschaften sind erneut vor Gericht unterlegen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschied, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) keine Tarifverträge abschließen darf (AZ: 23 TaBV 1016/09). Folgt das Bundesarbeitsgericht der Argumentation des LAG, würden sämtliche Tarifverträge rückwirkend ungültig, die die CGZP vereinbart hat. Bis zu 280.000 Leiharbeiter hätten dann Anspruch auf mehr Lohn und könnten diesen einklagen. Die Gewerkschaft Verdi und der Berliner Senat waren gemeinsam vor Gericht gezogen, nachdem Leiharbeiter unter fünf Euro die Stunde verdient hatten. Ihre Arbeitgeber hatten sich auf mit der CGZP ausgehandelte Tarifverträge berufen. Weder Hinz&Kunzt noch die Diakonie stehen den „Christengewerkschaften“ nahe. UJO