„Meine Tochter ist mein Sonnenschein“

Frank, 52, verkauft am Einkaufszentrum Bramfeld

(aus Hinz&Kunzt 229/März 2012)

Bis April wohnt Frank im Winterquartier von Hinz&Kunzt. Danach will er unbedingt eine eigene Wohnung.

Am liebsten würde er die Zeit zurückdrehen. Bis er sein altes Leben wiederhat. Bis vor dem heftigen Streit mit seiner Stieftochter. „Ich wünschte, ich könnte zurücknehmen, was ich da gesagt habe“, sagt Frank heute. Denn der Konflikt blieb nicht ohne Folgen: Danach brach seine Familie auseinander, seine Frau beendete ihre Beziehung, er musste die gemeinsame Wohnung verlassen, und plötzlich gab es feste Zeiten für Treffen mit seiner leiblichen Tochter. „Sie ist mein Sonnenschein“, sagt Hinz&Künztler Frank über die 24-Jährige, deren Foto er immer in seiner Brieftasche bei sich trägt. An ihr liegt es wohl, dass der 52-Jährige sich bisher nicht aufgegeben hat.

Mehr als 20 Jahre lang lebte Frank in Koblenz. Er blieb dort auch, nachdem seine Familie zerbrochen war, obwohl er „über die Trennung nie hinweggekommen“ ist. Er fand eine gut bezahlte Arbeit, eine eigene Wohnung und einen neuen Lebensrhythmus. Er hätte so weiterleben können. Doch die Firma, bei der er als Versandleiter angestellt war, geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten und entließ ihn. Frank verlor „erst das Auto, dann die Wohnung“. Fixkosten und Kreditraten konnte er vom Arbeitslosengeld nicht bedienen. Ein Jahr lang schlief er in Koblenz auf der Straße und in städtischen Unterkünften – bis er eine Frau traf, die ihn bei sich aufnahm. „Sie hat mich von der Straße geholt“, sagt Frank, der dann auch wieder eine Arbeit fand. Sein Leben war wieder in Ordnung.

Doch seine Lebensgefährtin wurde schwer krank. Zwei Jahre pflegte er sie, rund um die Uhr. „Sie war ganz und gar auf mich angewiesen. Für mich war es Ehrensache, dass ich sie nicht im Stich lasse.“ Als seine Partnerin vor zwei Jahren starb, war Frank allein – aber nicht bereit aufzugeben. Er suchte sich eine Stelle bei einer Zeitarbeitsfirma, für die er in ganz Deutschland Solaranlagen installierte. „Die Arbeit hat mir Spaß gemacht, ich war ständig unterwegs.“ Alles schien wieder gut zu sein. Doch nach der Sommersaison trennte sich die Firma von 20 Mitarbeitern. Auch von Frank. „,Wir brauchen euch nicht mehr‘, hieß es von einem Tag auf den anderen“, sagt Frank. Nun war es genug. Kummer, Frust und Trauer aus vielen Jahren wurden ihm unerträglich. „Ich musste da weg. Mich von allem trennen.“

Der geborene Rostocker – „Ich bin ja eigentlich ein Nordlicht“ – setzte sich in den Zug nach Hamburg, nahm nur eine kleine Reisetasche mit und sagte niemandem etwas, nicht einmal seiner Tochter. Seit November vergangenen Jahres lebt er in der Hansestadt. Hier ist er nun wohnungslos – zurzeit im Winternotquartier von Hinz&Kunzt untergebracht – und hat auch keine Arbeit – aber neuen Mut. Sein größter Wunsch wäre, „dass ich meine alte Familie wiederhabe“. Immerhin mit seiner Tochter telefoniert er wieder regelmäßig. Aber die Zeit kann niemand zurückdrehen. Dann eben „ein ganz normales Leben“, sagt er. Das er dann auch behalten darf.

H&K:
Wie möchtest du in fünf Jahren leben?
Frank: Wie alle. In einer Wohnung. Und mit einer festen Arbeit. Und wenn’s geht mit einer netten Frau.
H&K: Wer oder was imponiert dir?
Frank: Ich habe immer Sylvester Stallone bewundert, und wie der es geschafft hat, sich hochzuarbeiten.
H&K: Hast du eine schöne Erinnerung?
Frank: Alle schönen Erinnerungen sind Erlebnisse mit meiner Tochter. Ich würde gerne mal wieder mit ihr in den Urlaub fahren, wie früher. •