Neue Tagesaufenthaltsstätte : Mehr warme Plätze am Wochenende

Damit Obdachlose auch am Wochenende tagsüber einen warmen Aufenthaltsort haben, eröffnet die Stadt eine neue Einrichtung und erweitert bei bestehenden die Öffnungszeiten. Experten meinen: Das reicht nicht. 

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In der TAS der Diakonie bekommen Obdachlose Kaffee und belegte Brötchen.

Am Samstag eröffnet die Stadt in Hammerbrook eine neue Tagesaufenthaltsstätte für Obdachlose. Rund 100 Obdachlose werden dort an den Wochenenden bis Ende März von 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr Platz zum Aufwärmen haben. Der Betreiber fördern&wohnen wird nach Angaben der Sozialbehörde warme Getränke wie Kaffee und Tee kostenlos an die Obdachlosen ausgegeben. Auch Medienangebote wie Tageszeitungen und Fernsehen soll es für sie geben.

Auch das Herz As im Münzviertel und die Tagesaufenthaltsstätte TAS der Diakonie in Eimsbüttel haben neuerdings am Wochenende geöffnet. Die TAS öffnet sonntags von 11 bis 16 Uhr, das Herz As jeden zweiten Samstag von 10 bis 14 Uhr. Während das Herz As Platz für 110 Obdachlose bietet, können in der TAS 120 Menschen unterkommen. Unter dem Strich entstehen also maximal 220 neue Plätze – bei mehr als 650 Obdachlosen, die jeden Morgen das Winternotprogramm verlassen müssen.

„Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, mehr Tagesaufenthaltsmöglichkeiten am Wochenende anbieten zu können“, sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) und dankte den Trägern der Einrichtungen für ihre Bereitschaft. „Wir führen die Gespräche fort, um hier und an anderen Stellen in Hamburg noch mehr Möglichkeiten für obdachlose Menschen zu schaffen, sich tagsüber geschützt aufzuhalten.“

Harsche Kritik – und ein bisschen Lob

Träger von Obdachloseneinrichtungen kritisieren, dass die Kapazitäten der Tagesaufenthaltsstätten nach wie vor nicht ausreichten. „Die neue Aufenthaltsstätte entlastet und ist deshalb freuen wir uns über den Rückzugsort für Obdachlose in Hammerbrook“, sagte der Sprecher der Hamburger Diakonie, Steffen Becker. „Sie schließt aber weder die Lücke am Wochenende noch den Bedarf unter der Woche.“ Die zusätzlichen Plätze deckten den Bedarf für einen Erfrierungsschutz bei Tage „bei weitem nicht ab“, bemängelte auch Eva Lindemann vom Herz-As-Betreiber Hoffnungsorte Hamburg. Beide hatten sich auch der Hinz&Kunzt-Petition angeschlossen, die bislang erfolglos eine ganztägige Öffnung des Winternotprogramms gefordert hatte.

Harsche Kritik kommt von der Linksfraktion in der Bürgerschaft. „Menschen können auch tagsüber erfrieren“, sagte deren sozialpolitische Sprecherin Cansu Özdemir. „Trotzdem konkurriert Hamburg mit anderen Städten um das unbequemste Winternotprogramm, weil die Sozialsenatorin eine Sogwirkung nach Hamburg befürchtet, falls Obdachlose ausreichend versorgt würden – das ist einfach menschenverachtend.“ Damit spielt sie auf die Weigerung der Behörde, das Winternotprogramm tagsüber zu öffnen, an. Begründet wurde dies unter anderem mit einer befürchteten „Sogwirkung“.

Viel Lob für die Erweiterung der Öffnungszeiten äußern hingegen die Grünen in der Bürgerschaft: „Dass es jetzt noch eine zusätzliche Tagesaufenthaltsstätte in der Friesenstraße gibt, die an den Wochenenden geöffnet hat, begrüße ich angesichts der aktuellen Temperaturen sehr“, sagte die sozialpolitische Sprecherin Mareike Engels. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass obdachlose Menschen – egal wieso und woher sie kommen – im Winter auf der Straße bleiben müssen.“ Dass die geschaffenen Plätze dafür ausreichen werden, darf bezweifelt werden.

Text: Benjamin Laufer
Foto: Dmitrij Leltschuk