Kinder, Kinder : Kleine ganz groß

Jonna singt im Schauspielhaus in der „Dreigroschenoper“ die Moritat von Macky Messer. Für die Rolle wurde sie aus über 50 Kindern ausgewählt. Wir haben noch mehr Kleine getroffen, die sich großen Herausforderungen stellen.

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Jonna Gorges spielt in der Dreigroschenoper.

Jonna Gorges, 10 Jahre: Also, ich bin eine Moritatensängerin und singe die Moritat von Macky Messer in der Dreigroschenoper im Schauspielhaus. Eigentlich gibt es 13 Strophen, aber ich muss nur sechs singen. Am Anfang ist der Vorhang zu und die Musiker fangen an zu spielen. Mitten in der Ouvertüre geht der Vorhang auf,  dann stehe ich da. Kurz vor dem Ende der Musik geht der Scheinwerfer an und beleuchtet mich. Dann kribbelt es in meinem Bauch. Ich glaube, das ist die Aufregung. Das ist eigentlich schon toll.

Mein Chorleiter ist mit einem der Musiker befreundet, und der hat ihn gefragt, ob er nicht ein Kind kennt, das in dem Stück singen könnte, und da hat er mich gefragt. Dreimal musste ich gecastet werden, so 50 andere Kinder musste ich ausstechen, dann hat es geklappt. Außer mir gibt es noch einen Jungen in meinem Alter, der auch die Rolle singt; im Theater gibt es ja immer eine Zweitbesetzung. Lange war unklar, wer von uns beiden bei der Premiere singen würde. Und dann haben die vom Theater gesagt: „Ladies first!“

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Marta Baches, fünf Jahre. Mag die Gießkanne noch so schwer sein, die Pflanzen müssen gegossen werden. Und zwar alleine!
Marta: Mag die Gießkanne noch so schwer sein, die Pflanzen müssen gegossen werden. Und zwar alleine!

Marta Baches, 5 Jahre: Am Anfang mussten wir richtig viel arbeiten. Ich habe Erde geschaufelt und Pflanzen umgetopft und Samen in die Erde gesät und gegossen. Überall konnte ich helfen. Es gibt hier viele Schnecken. Richtig fette. Die schmeißen wir da vorne auf die Wiese, denn sonst fressen sie unsere Pflanzen. Von unserem Balkon aus gucke ich direkt auf den Garten. Wenn ich sehe, dass Kinder im Garten sind, dann gehe ich mit Papa runter. Wir müssen nur um zwei Ecken, dann sind wir da. Im Garten haben wir auch schon etwas geerntet. Tomaten und Kräuter. Die schmecken viel besser als die gekauften. Wir bauen hier auch viel. Da vorne an der Mauer, die Gewächshäuser aus Plastik und Holz für unsere Pflanzen. Und jetzt bauen wir ein großes Dach, unter dem wir alle sitzen können, wenn es regnet. Auf St. Pauli gab es vorher keinen Garten. Wenn meine beste Freundin mit mir aufs Gartendeck kommt, werde ich ihr die Pflanzen zeigen. Und ich will mit ihr Verstecken spielen. Aber dafür sind die Pflanzen noch zu klein.

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Emma und Friedrich erforschen unser Wasser – hier mitten im Hamburger Hafen.
Emma und Friedrich erforschen unser Wasser – hier mitten im Hamburger Hafen.

Emma Syring und Friedrich Völker, 9 Jahre:
Emma: „Bei dem Aqua-Agenten-Projekt haben wir viel über das Wasser gelernt, das wir jeden Tag benutzen. Zum Beispiel was alles Ekliges im Klo landet, was in der Kläranlage damit passiert. Meinem Bruder erkläre ich jetzt, warum er beim Zähneputzen kein Wasser verplempern soll. Am spannendsten fand ich unseren Ausflug zum Containerterminal. Da durften wir in einen Container gehen, in dem sonst Kleidung und Essen von weit weg zu uns kommen. Wasser ist auch eine wichtige Straße für uns zum Leben – nur mit viel weniger Lärm als bei einer normalen Straße.“ Friedrich: „Ich trinke immer Wasser, wenn ich Durst habe. Ich wusste nicht, dass man Wasser so doll sauber machen muss, bevor man es trinken kann. Wasser sieht ja immer so klar aus. Wenn ich groß bin, möchte ich in der Aqua-Agenten-Zentrale arbeiten. Vorher vielleicht auch noch als Polizist, um Geld zu verdienen. Und dann kaufe ich mir ein Naturschutzgebiet. Am liebsten eine Insel, damit ganz viel Wasser drumherum ist, auf das ich aufpassen kann.“

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Cara Gries, neun Jahre. Mit sechs Jahren kann man als Kind in einen Kleintierzüchterverein eintreten. Beiträge muss man nicht zahlen. Cara hat bei Tierschauen bereits jede Menge Pokale gewonnen.
Cara hat bei Tierschauen bereits jede Menge Pokale gewonnen.

Cara Gries: Nur die Kuscheligen bekommen einen Namen. Die, mit denen man auch was machen kann. Wie Mucky oder Prinzessin oder Snoopy. Snoopy kann Kanin-Hopp! Also über eine Hürde springen, wenn ich ihn im Geschirr habe. Die anderen, wenn ich das mit denen probieren will, die schauen mich an: „Häh? Was will die denn von mir?“ Aber Snoopy, der ist gleich ganz hippelig: „Endlich raus in den Garten! Endlich was machen!“ Snoopy darf auch manchmal bei mir mit übernachten. Aber er kommt nicht ins Bett, er ist ja nicht stubenrein; nicht dass mein frisch bezogenes Bett dreckig wird.  Wie ich zum Züchten gekommen bin? Mein Opa züchtet Kaninchen, mein Vater hat Kaninchen gezüchtet und meine Mutter züchtet Kaninchen. Neun Kaninchen habe ich jetzt – weiße, mit blauen Augen. Und Snoopy – meinen Grauen. Aus meiner Klasse haben auch welche Kaninchen, aber nur so aus Spaß. Als Spielzeug, nur lebendig. Und ich esse die auch. Ich bin ja damit aufgewachsen, das ist für mich ganz normal.

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Seda hat seit der zweiten Klasse einmal pro Woche Geigenunterricht.
Seda hat seit der zweiten Klasse einmal pro Woche Geigenunterricht.

Seda Tezcan: In der ersten Unterrichtsstunde hatte ich ein bisschen Angst. Meine Finger kribbelten und ich dachte: Was ist, wenn die Geige runterfällt? Das wäre blöd, denn die ist ja so teuer! Aber es ist zum Glück nichts passiert. Unser Lehrer Gino hat gesagt: Behandelt die Geige, als ob sie euer eigenes Baby wäre. Und ich liebe es, Geige zu spielen! In der ersten Klasse haben wir getrommelt, da taten mir oft die Hände weh. Aber beim Geigen tut mir gar nichts weh, da fühle ich mich einfach nur frei. Wenn ich böse bin, spiele ich ein schnelles Lied. Und wenn ich traurig bin, spiele ich ein langsames Lied.

So mache ich aus meinen Gefühlen Töne, die ich aus mir rausschicken kann, das tröstet mich. Später möchte ich am liebsten eine Geigenspielerin werden und vor vielen Leuten auftreten. Vom Pachelbel-Kanon kann ich zum Beispiel schon alle Stimmen. Aber ich spiele auch gerne alleine für mich. Dann mache ich meine Augen zu und es entstehen schöne Bilder in meinem Kopf. Meistens sehe ich dann einen Wasserfall.

Protokolle: Daniela Schröder, Maren Albertsen, Frank Keil
Fotos: Mauricio Bustamante